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Opposition läuft Sturm gegen Atomdeal

10. September 2010

SPD und Grüne wollen gegen eine Verlängerung der Atom-Laufzeiten in Karlsruhe klagen, falls der Bundesrat bei der Entscheidung umgangen wird. Auch die Linkspartei will den Gang nach Karlsruhe unterstützen.

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Plakat zumAbschalten deutscher Kernkraftwerke (Foto: dpa)
Der Vertrag zwischen Bundesregierung und Atomkonzernen löst heftige Proteste ausBild: picture-alliance/dpa

Nach der Veröffentlichung der Atomvereinbarung zwischen der schwarz-gelben Regierung und den vier AKW-Betreibern hat die Opposition ihre Kritik weiter verschärft. Alle fünf SPD-Ministerpräsidenten haben in einem gemeinsamen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Absicht bekräftigt, die Atompläne der Bundesregierung notfalls mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu stoppen. Dies berichteten die in Dortmund erscheinenden "Ruhr Nachrichten" (Samstagausgabe, 11.09.2010).

Parteiübergreifende Kritik an Atomplänen

SPD-Chef Gabriel (Foto: AP)
SPD-Chef Gabriel wirf der Regierung "Rechtsbruch" vorBild: AP

In dem Schreiben kündigten die Regierungschefs ihren "entschiedenen Widerstand" gegen die Pläne an. Sie würden "bei einer nicht verfassungskonformen Beteiligung der Länder am Gesetzgebungsverfahren" zusammen eine Normenkontrollklage in Karlsruhe einreichen. Weiter heiße es darin: "Ihr vorgelegtes Konzept ist energiepolitisch rückwärtsgewandt, macht Energie dauerhaft teurer, verhindert fairen Wettbewerb." Mit der geplanten Laufzeitverlängerung werde die Marktmacht der vier großen Energiekonzerne "zementiert". Unterzeichnet sei der Brief von den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen (Hannelore Kraft), Rheinland-Pfalz (Kurt Beck), Berlin (Klaus Wowereit), Brandenburg (Matthias Platzeck) und Bremen (Jens Böhrnsen).

Auch die Parteispitzen von SPD und Grünen kündigten Verfassungsklagen an. SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte in Berlin, er halte die Absprache für "einen klaren Rechtsbruch." Die Zusatzvereinbarung mit den AKW-Betreibern sei rechtlich nicht haltbar. "Niemand kann das Atomgesetz per Vertrag aushebeln", so Gabriel. Dieses Vorgehen sei ein einmaliger Vorgang und "das Gegenteil von Parlamentarismus". Das Gesetz lege fest, dass alles für die Sicherheit der Atomkraftwerke getan werden müsse, unabhängig von den Kosten. Auch Gabriel, dass bei einer Umgehung des Bundesrats bei der Laufzeitverlängerung "dieses Verfahren insgesamt vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird". Es sei "ein politischer Skandal, dass auch am Bundestag vorbei das Atomgesetz hingemogelt werden soll", kritisierte er.

Politik für Lobbyisten?

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast (Foto: ap)
Grünen-Fraktionschefin Künast spricht von einem "schmutzigen Deal"Bild: AP

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem "schmutzigen Deal". Künast bezeichnete das Übereinkommen als "Knebelung für nachfolgende Regierungen" und bekräftigte die Absicht ihrer Partei, Verfassungsklage gegen das Energiekonzept der Regierung einzureichen. Juristen seien bereits damit beauftragt, sagte sie dem Sender Deutschlandradio Kultur.

Die Linken-Bundestagsfraktion bezeichnete die Absprache mit den Energiekonzernen als "Anschlag auf die Demokratie". Die Linke werde SPD und Grüne bei ihren Verfassungsklagen unterstützen. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gysi, sagte im rbb-Inforadio: "Die Atomlobby entscheidet selbst, was sie abgibt an den Staat und was nicht." Ein Frisörmeister werde nicht gefragt, ob und wie viel Steuern er bezahlen wolle. Auch eine Hartz-IV-Empfängerin könne nicht entscheiden, ob sie ihr Elterngeld abgeben wolle oder nicht. "Das heißt, im Kern läuft das darauf hinaus, dass der Bundestag entscheidet für bestimmte Schichten der Bevölkerung und die reichen Lobbys entscheiden darüber selbst." Auch er kündigte bei einer Umgehung des Bundesrates eine Verfassungsklage an.

Regierung weist Kritik zurück

Die Bundesregierung wies den Vorwurf zurück, sie wolle mit der Vereinbarung das Parlament umgehen. Der Bundestag sei in die weitere Ausarbeitung des entsprechenden Vertrags einbezogen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Rechte des Parlaments würden "in keiner Weise eingeschränkt". Am vergangenen Sonntag hatte sich die schwarz-gelbe Koalition auf eine um durchschnittlich zwölf Jahre längere Betriebsdauer für Atommeiler geeinigt. Im Gegenzug sollen die Betreiber einen Teil der Gewinne an den Staat abführen.

Autorin: Naima El Moussaoui (afp, dpa, ap)

Redaktion: Dirk Eckert