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Opec ringt um die Öl-Allianz

Nicolas Martin
28. Oktober 2016

Die Organisation erdölexportierender Länder will den Dumping-Preis beim Öl beenden. Ende November soll nun der große Wurf gelingen. Dafür hat sich das Kartell auch Russland an die Seite geholt. Geht die Rechnung auf?

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Russland Öl - Förderanlage Purneftegaz
Bild: picture -alliance/dpa/Sputnik/E. Biyatov

Die Zeiten, in denen Opec mit einer bloßen Andeutung für Hektik auf den Rohstoffmärkten sorgte, liegen schon länger zurück. Vor allem aber ist es die Unklarheit über die gemeinsame Stoßrichtung, die das Öl-Kartell jüngst als wirkungslos dastehen ließ. Umso überraschender war die Nachricht, die die Opec von einer Tagung in Algier Ende September sendete: Man wolle die tägliche Fördermenge gemeinsam reduzieren, hieß es in einer Absichtserklärung. Die geplante Senkung um 750.000 Barrel ist die stärkste seit der Finanzkrise 2008. Taten sollen nun Ende November folgen. Dann wird die Opec mitteilen, wie die Drosselung in den einzelnen Mitgliedsländern aussehen wird.

Infografik Öl-Preis Entwicklung Deutsch

Damit der große Wurf im November auch gelingt, arbeiten die Staats- und Regierungschefs der Erdölländer bereits hinter verschlossenen Türen. So findet bereits am 28. und 29. Oktober ein sogenanntes "technisches Treffen" von Beamten aus den Opec-Staaten statt. Es geht darum, die Mitglieder auf Einigkeit einzuschwören. Wie schwer das ist, zeigten die jüngsten Äußerungen des Opec-Mitglieds Irak. Dort verlangte man am vergangenen Wochenende bereits nach einer Ausnahmeregelung. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft würden dringend für den Kampf gegen die Terrormiliz des sogenannten "Islamischen Staats" benötigt. Eine Drosselung wäre deshalb schwierig. Sogleich kommentierten die Rohstoffanalysten der Commerzbank, dass eine Einigung auf koordinierte Produktionsverkürzungen damit wieder in weite Ferne rücke.

Macht Russland mit?

Doch die Opec hat einen Joker im Ärmel: Russland. So werden die Herzen der Ölscheichs kleine Sprünge gemacht haben, als Wladimir Putin vor knapp zwei Wochen sagte, Russland sei bereit, sich "gemeinsamen Initiativen zur Drosselung der Produktion anzuschließen".Zumindest der Ölpreis machte bei dieser Nachricht einen kleinen Freudenhüpfer und landeten auf dem bisherigen Jahreshöchsstand von über 50 Dollar je Barrel.

Russland ist kein Mitglied der Opec, förderte aber allein im September so viel Öl wie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr. Doch schon einen Tag später erteilte der Chef des größten russischen Ölkonzerns Rosneft einer Förderkürzung eine Absage. Dann folge der Energieminister Russlands. Kurz darauf hatte Putin die Abweichler wieder auf Kurs gebracht. So erklärte derselbe Energieminister Alexander Nowak plötzlich, die wichtigsten Konzerne seien zu einer Drosselung bereit.

Infografik Benötigter Ölpreis für einen ausgeglichen Haushalt in US-Dollar Deutsch

Seit 2014 sind die Kosten für ein Barrel Rohöl von 100 Dollar auf teilweise deutlich unter 40 Dollar gefallen. Das belastet viele Länder, die mit einem deutlich höheren Ölpreis im Staatshaushalt kalkulieren. Auch Russland leidet neben den Sanktionen des Westens unter den niedrigen Ölpreisen. "Russland wird nur einer Produktionskürzung zustimmen, wenn die Opec-Länder geschlossen dabei mitmachen", ist sich Harald Hecking sicher. Hecking ist Geschäftsführer der Kölner Energy Research and Scenarios gGmbH, einem Ableger des Energiewissenschaftlichen Instituts der Uni Köln (ewi). Das Kalkül hinter dieser Rechnung laute: Wenn alle mitmachen, wird der Ölpreis steigen. Das kompensiere dann die rückgängigen Einnahmen durch die gedrosselte Fördermenge.

Ein Präsident auf Reisen

Mit dieser Hoffnung ist Russland nicht alleine. Auch der zuweilen schon etwas bizarr anmutende Präsident Venezuelas, Nicolás Maduro, schüttelt derweil viele Hände. "Wir arbeiten an einer neuen Formel für Stabilität in den kommenden zehn Jahren", so Maduro bei einem Besuch in Aserbaidschan Ende vergangener Woche. Venezuela ist hochgradig von Öl abhängig, verfügt über die größten Reserven weltweit, doch der staatliche Ölförderer PDVSA steht kurz vor der Pleite.

Iran venezolanischer Präsident Nicolas Maduro besucht Präsident Hassan Rohani
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro beim Treffen mit Hassan RohaniBild: picture-alliance/AA/ABACA/Iran Presidency

Wohl auch deshalb hat sich Maduro zum Retter des Ölpreises ernannt und reiste von Aserbaidschan auch nach Iran - lange Zeit einer der großen Abweichler innerhalb der Opec. So sprach sich Teheran bis zuletzt gegen eine Drosselung aus, weil es nach dem jahrzehntelangen Embargo des Westens erstmal wieder etwas Boden am Markt gutmachen müsse. Doch seit Ende September ist auch Irans Präsident Hassan Ruhani auf Opec-Kurs. "Iran wird jede Initiative, die zu gerechten Fördermengen und fairen Ölpreisen führe würde, unterstützen", ließ sich Ruhani dann auch beim Staatsbesuchs Maduros entlocken.

Dass sich ein Preisanstieg aber mit nicht allein mit einer klaren Linie der Opec erreichen lässt, weiß auch der venezolanische Präsident. "Wir überqueren Ozeane und Kontinente für eine stabile Allianz mit Opec- und Nicht-Opec-Ländern", formulierte Maduro blumig das Anliegen seiner Unternehmung. Auch Russland soll auf seiner Liste stehen, heißt es aus Regierungskreisen.

Noch eine Runde auf dem Karussell?

Auch wenn eine Einigung innerhalb des Öl-Kartells noch nicht sicher ist, stellt sich die Frage, wie viel Einfluss die Opec im Schulterschluss mit Russland überhaupt noch hätte. "Kurzfristig würde eine solche Partnerschaft natürlich die Preise erstmals nach oben treiben", meint Harald Hecking vom ewi. Doch nur bis zu einem bestimmten Punkt. Dann könnte vor allem das Schieferöl aus den USA wieder lukrativ werden und in großen Mengen auf den Markt kommen. "Die Analysen zeigen, dass diese Schieferindustrie nochmal deutlich effizienter geworden ist." Schieferöl könne sich nun schon ab einem Ölpreis von 40 Dollar pro Barrel lohnen, meint der Energieexperte. Bei 60 Dollar seien die meisten US-Fördergebiete wieder kostendeckend.

Harald Hecking
Harald Hecking vom ewiBild: ewi ER&S

Bei den aktuellen Kosten von knapp 50 Dollar wären dem Spielraum der Opec also klare Grenzen gesetzt. Sollte es tatsächlich so kommen, schließt sich hier auch der Kreis. Denn die großen Mengen Schieferöl aus den USA hatten erheblich zum Preisverfall vor zwei Jahren beigetragen. Mit sinkendem Ölpreis mussten allerdings auch viele Firmen die Schiefer-Produktion einstellen, weil die Kosten die Einnahmen überstiegen. Mit steigenden Olpreisen würde sich das aber wieder lohnen. Alle Bemühungen der Opec könnten dann förmlich in Schieferöl ertränkt werden.