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Hannah Neise: Die Jüngste ist die Schnellste

12. Februar 2022

Skeleton-Olympiasiegerin Hannah Neise fährt das Rennen ihres Lebens und ist in ihrem Heimatort nun prominenter als ein bekannter Countrysänger. Dabei wäre sie fast gar nicht in Peking mit dabei gewesen.

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Skeleton-Olympiasiegerin Hannah Neise strahlt und hält hinter ihrem Rücken eine deutsche Fahne hoch
Hannah Neise setzt mit ihrem Olympiasieg im Skeleton die deutsche Erfolgsserie fort Bild: Michael Kappeler/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

"Ich kann es noch nicht realisieren, das braucht auf jeden Fall Zeit", sagte Hannah Neise und war wenige Minuten nach ihrem überraschenden Olympiasieg im Skeleton schon wieder ganz ruhig. Fast entschuldigend ergänzte sie: "Ich freue mich innerlich. Die Leute zu Hause, meine Familie freuen sich sicher mehr." Thomas Schwab, Vorstandschef und Sportdirektor des deutschen Bob- und Schlittenverbandes, fand nach Neises Erfolg erstmal nicht viele Worte: "Ich bin ja schon lange dabei, aber das habe ich noch nie erlebt", sagte er. "Für mich ist es eine völlig neue Situation, dass wir alle Rennen gewonnen haben." 

Völlig neu war auch die Tatsache, dass ausgerechnet Hannah Neise, die jüngste der drei deutschen Olympiateilnehmerinnen im Skeleton am Ende ganz oben stand. Zwar gewann die 21-Jährige im vergangenen Jahr in St. Moritz die Weltmeisterschaft der Juniorinnen, aber im Weltcup konnte sie bisher noch keinen Sieg verbuchen.

Nun hat sie eine Goldmedaille, die erste, die je eine deutsche Skeletoni gewinnen konnte und hält außerdem den Bahnrekord auf der Olympiastrecke in Yanqing. Ein absoluter Erfolg bei der Olympia-Premiere. Und dabei hatte sie es noch gerade so nach China geschafft. Das Olympiaticket löste Neise erst durch Platz acht beim Saisonfinale in St. Moritz. Offenbar ist die traditionsreiche Strecke in der Schweiz so etwas wie ein Glücksbringer. Doch dann der Schock: Genau wie ihr Teamkollege Axel Jungk, der bei den Männern hinter Christopher Grotheer die Silbermedaille gewann, wurde sie nach dem Weltcup-Finale Ende Januar positiv auf das Coronavirus getestet.

Prominenter als Tom Astor

In Peking angekommen ließ sich Neise davon aber nicht mehr beeindrucken und frönte einem Aberglauben, der möglicherweise auch zum Gold-Erfolg beigetragen hat: Unter ihrem Rennanzug trug sie Kompressionsstrümpfe und ein pinkes T-Shirt. Als weiterer Glücksbringer war ein Kuscheltier von ihrem Freund dabei. Nur in der Heimat, im kleinen Örtchen Schmallenberg im Sauerland, unweit ihres Traininsgsstützpunkts in Winterberg lief es nicht nach Plan: Das von Neises Vater mitorganisierte Public Viewing auf dem Schützenplatz musste kurzfristig verkleinert werden.

Aber auch ohne den Aufbau der eigentlich geplanten Eventbühne versammelten sich rund 150 Schmallenberger und bejubelten den überraschenden Olympiasieg ihrer nun prominentesten Mitbürgerin. Bislang gebührte diese Ehre wohl dem 1943 in Schmallenberg geborenen Wilhelm Bräutigam. Denn der tritt seit Jahrzehnten unter seinem Künstlernamen Tom Astor im Western-Look mit Cowboyhut auf und ist ein erfolgreicher und international bekannter Countrysänger.