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G7-Krisengipfel ohne Russland

Bernd Riegert24. März 2014

Alles dreht sich um den, der nicht da ist: Russlands Präsident Putin. Die G7, die westlichen Industriestaaten, treffen sich in Den Haag, um über die Krim-Krise und weitere Sanktionen gegen Russland zu beraten.

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Niederlande G7-Treffen, Krisengipfel in Den Haag: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem japanischen Premierminister Akie Abe und anderen Staatschefs (Foto: Oliver Berg/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zum ersten Mal seit 1991 treffen sich die sieben größten westlichen Industriestaaten der Welt ohne Russland. Der improvisierte Gipfel in Den Haag dauert nur eine Stunde, aber er stellt einen tiefen Einschnitt dar. 1991 war der damalige sowjetische Präsident und Chef der Kommunistischen Partei Michail Gorbatschow zum G7-Treffen nach London eingeladen worden. 1998 wurde Russland dann offiziell Mitglied des exklusiven Klubs, der sich fortan Gruppe der Acht nannte.

Die Mitgliedschaft Russlands war damals als Anerkennung für Reformen und eine Annäherung an westliche Werte gedacht. Außerdem sollte Russlands Anspruch, immer noch eine Weltmacht zu sein, Rechnung getragen werden. Jetzt beraten die Regierungs- und Staatchefs aus den USA, Kanada, Frankreich, Italien, Japan, Großbritannien und Deutschland darüber, Russland dauerhaft aus dem Klub auszuschließen. Damit soll der russische Präsident Wladimir Putin für die Aufnahme der ukrainischen Krimhalbinsel in die Russische Föderation bestraft werden. Die G7-Staaten kritisieren diesen Schritt als rechtswidrige Annexion. Russland wäre in diesem Jahr eigentlich der Präsident der G8 und hatte für Juni zum Gipfel in die Olympiastadt Sotschi am Schwarzen Meer geladen. Das Treffen ist zwar noch nicht abgesagt, aber Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits letzte Woche erklärt: "Die G8 existiert so nicht mehr."

G8 Gipfel in voller Besetzung. Foto: JEWEL SAMAD/AFP/Getty Images
Noch eitel Freude 2013 in Nordirland: G8-Gipfel in voller Besetzung: Wladimir Putin rechts neben Angela Merkel (in grün)Bild: Jewel SamadAFP/Getty Images

Obama an der Seite der Ukraine

Russland wird durch den Rauswurf aus der G8-Gruppe international weiter isoliert. Das machten die sieben Staats- und Regierungschefs in Den Haag deutlich. "Europa und Amerika sind in ihrer Unterstützung der Regierung der Ukraine und des ukrainischen Volkes vereint. Wir sind uns einig bei den bisher getroffenen Maßnahmen, damit Russland einen Preise für sein bisheriges Handeln bezahlen muss", sagte US-Präsident Barack Obama. Er forderte härtere Sanktionen, sollte sich Russland weiter in die Ukraine vorwagen und die Lage noch mehr zuspitzen.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy verwies auf die Beschlüsse des EU-Gipfels in der vorigen Woche. "Die EU hat bereits Vorsorge getroffen, falls es neue Ereignisse gibt, die die Situation weiter verschlechtern. Dann sehen wir wirtschaftliche Sanktionen vor und haben die EU-Kommission beauftragt, diese entsprechend vorzubereiten." Bislang hat die EU Einreiseverbote und Kontosperren gegen einzelne Russen und Ukrainer verfügt. Die USA haben zusätzlich eine russische Bank mit Sanktionen belegt.

NATO sorgt sich um russischen Truppenaufmarsch

Während die G7-Führer in Den Haag berieten, kamen aus der Ukraine Meldungen, Russland übernehme gewaltsam Posten des ukrainischen Militärs auf der annektierten Krim. Im Westen geht die Angst vor einer Zuspitzung des Konflikts um. Der britische Außenminister William Hague sprach von der größten geopolitischen Krise dieses Jahrhunderts. Der Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Europa, US-General Philip Breedlove, hatte am Wochenende in Brüssel vor dem Truppenaufmarsch Russlands an der Grenze zur Ukraine gewarnt. "Es sind genug Truppen an der Ostgrenze der Ukraine zusammengezogen worden, um nach Transnistrien marschieren zu können, falls diese Entscheidung gefällt werden sollte. Im Militär rechnen wir einfach Fähigkeiten und Absicht zusammen." Transnistrien ist ein schmaler Landstrich zwischen der Ukraine und Moldawien, der rechtlich zu Moldawien gehört, sich aber für einen Anschluss an Russland ausgesprochen hat.

Anti-Putin-Protest am Rande des G7-Gipfels. Foto: Reuters
Anti-Putin-Protest am Rande des G7-GipfelsBild: Reuters

Das Weiße Haus teilte mit, auch die USA würden die Entwicklung mit Sorge sehen. EU-Kommissionspräsident Jose Barroso, der ebenfalls am G7-Treffen teilnimmt, sagte, die EU wolle trotz aller Kritik weiter mit Russland sprechen. "Ich begrüße, dass es jetzt eine Einigung über die Entsendung von OSZE-Beobachtern in die Ukraine gibt. Wir wären sehr dankbar, wenn es mehr solcher Schritte geben würde", sagte Barroso in Den Haag. Die EU setze weiter auf eine friedliche Lösung durch Verhandlungen.

Russischer Außenminister ist ebenfalls in Den Haag

In Den Haag sind über 50 Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfeltreffen über nukleare Sicherheit und die Nichtverbreitung von atomwaffenfähigem Material versammelt. Das eigentliche Thema gerät aber angesichts der Krim-Krise in den Hintergrund. US-Präsident Obama nutzte die Gelegenheit nicht nur für ein spontanes G7-Treffen, sondern auch zu Gesprächen mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping. Beide seien sich einig, dass die Souveränität von Staaten geachtet werden müsse, teilte das Weiße Haus anschließend mit. Barack Obama wird am Mittwoch (26.03.2014) nach Brüssel reisen und dort unter anderem mit dem Generalsekretär der NATO Anders Fogh Rasmussen über die Lage in der Ukraine und die Russland-Politik beraten.

Der Organisator der Sicherheitskonferenz in München und ehemalige deutsche Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger sagte im "Deutschlandfunk", die Alternative zur kompletten Absage der G8-Treffen sei eine Einladung an Präsident Putin, nur über das Thema Krim und Ukraine zu reden. "Ich verstehe schon, dass unter den gegenwärtigen Umständen ein starkes Signal zusätzlich zu den Sanktionsentscheidungen an Russland notwendig und gewünscht war. Ob es dauerhaft klug wäre, den G8-Rahmen aufzugeben, ist eine andere Frage", so Ischinger. Der russische Außenminister Sergej Lawrow nimmt am Nuklear-Gipfel in Den Haag teil. Auch wenn er aus dem exklusiven Klub der sieben Staats- und Regierungschefs ausgeschlossen wurde, wird er sich höchstwahrscheinlich mit seinem US-amerikanischen Kollegen John Kerry zu einem Vier-Augen-Gespräch treffen.

Der niederländische Premier Rutte (re.) begrüßt Russlands Außenminister Lawrow. Foto: Reuters.
Der niederländische Premier Rutte (re.) begrüßt Russlands Außenminister LawrowBild: Reuters