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Nordkoreas Raketentest gescheitert

Rodion Ebbighausen13. April 2012

Ein gescheiterter Raketenstart in Nordkorea ist für Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik keine Überraschung. Es bleibt allerdings die Frage, welche Auswirkungen das auf den neuen Machthaber hat.

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A newspaper employee shows an extra issue of the Daily Yomiuri reporting North Korea's rocket launch to hand over to passers-by in Tokyo, Japan, Friday, April 13, 2012. North Korea fired a long-range rocket early Friday, South Korean and U.S. officials said, defying international warnings against moving forward with a launch widely seen as a provocation.(Foto:Itsuo Inouye/AP/dapd)
Nordkorea blamiert sich bei seinem RaketenstartBild: dapd

DW: Der Raketentest Nordkoreas ist gescheitert. Es ist unmöglich, den Fehlstart mit Blick auf die internationale Gemeinschaft als Erfolg zu verkaufen. Kann es der Führung aber gelingen, das Debakel nach innen zu verkaufen – zumal die Propaganda zuvor eine große Erwartungshaltung erzeugt hat?

Oliver Thränert: Das ist schwer einzuschätzen. Sie werden alles versuchen, um den Misserfolg in einen Erfolg umzuwandeln. Die Propagandamaschinerie ist sehr erfolgreich dabei, die eigene Bevölkerung zu indoktrinieren. Ob das in diesem Fall funktioniert? Daran darf man Zweifel haben.

Sind Nordkoreas technische Möglichkeiten doch beschränkter als es vor dem Start den Anschein hatte?

Zunächst einmal ist es ein ganz normaler Prozess, dass im Rahmen eines Raketenprogramms Starts scheitern. Für ein Land wie Nordkorea, das als rückständig eingeschätzt werden muss, allemal. Es ist auch für entwickelte Länder normal, dass Raketentests fehlschlagen. Die große Frage ist, welche Art von ausländischer Unterstützung Nordkorea erhalten hat. Dass Nordkorea die Raketen selbst entwickelt hat, ist eher unwahrscheinlich. Es ist von einer massiven Unterstützung durch ausländische Techniker und Ingenieure auszugehen.

Woher kommt diese Unterstützung?

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor gut zwanzig Jahren ist eine ganze Reihe von Raketenentwicklern nach Nordkorea gegangen. In allen Raketen, die man bisher gesehen hat, ist ausschließlich russische Technologie verwendet worden.

Raketenstart Nordkorea kurz - MP3-48kHz

Welche Wirkung hat der Rückschlag auf die noch nicht gefestigte Position des neuen Führers Kim Jong Un?

Es ist davon auszugehen, dass der Raketenstart zur Festigung seiner Machtposition gedacht war. Das ist nun fehlgeschlagen. Von außen können wir nur spekulieren, wie gefestigt seine Position ist. Er hat neue Parteiämter bekommen und baut seine Machtposition aus. Ein erfolgreicher Raketenstart hätte ihm sicherlich massiv geholfen. Trotz des Fehlschlags gehe ich aber nicht davon aus, dass Kim Jong Un zurückgeworfen wird.

Die USA haben angekündigt, die Lebensmittellieferung von 240.000 Tonnen an Nordkorea zu stoppen, da das Land mit dem Test gegen internationales Recht verstoßen habe. Haben sich die Nordkoreaner verkalkuliert?

Offenbar waren sich die Nordkoreaner relativ sicher, dass der Raketenstart gelingen würde. Dafür spricht, dass sie keine Eigenentwicklung auf die Startrampe gestellt haben, sondern eine Rakete, die auf russischer Technologie basiert. Insofern haben sich die Nordkoreaner in der Tat verspekuliert.

Das angebliche Testament Kim Jong Ils, das in Japan veröffentlicht wurde, beschwört das Regime, dass nur die Entwicklung von Nuklearwaffen und Langstreckenraketen den Frieden auf der nordkoreanischen Halbinsel sichern könne. Wird Nordkorea den letzten Willen des "ewigen Parteisekretärs", zu dem Kim Jong Il nach seinem Tod ernannt wurde, erfüllen und an seinem konfrontativen Kurs weiter festhalten?

Ich erwarte, was in den vergangenen Jahren auch der Fall gewesen ist. Ein kontinuierliches Wechselbad von Zugeständnissen und Verschärfungen der Situation. Nordkorea wird auf sein Atomprogramm nicht verzichten. Es ist die letzte Überlebensversicherung des Regimes. Gleichzeitig wird man immer wieder versuchen, Elemente des Atom- und Raketenprogramms gegen Lebensmittelhilfen und andere wirtschaftliche Unterstützungen einzutauschen.

Oliver Thränert ist Experte für Sicherheitspolitik und Rüstungskontrolle der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. (Foto: Marc Darchinger)
Oliver Thränert, Experte für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und PolitikBild: Körber-Stiftung/Marc Darchinger

Wird noch jemand auf diesen Handel eingehen? Werden sich die USA nochmals auf so einen Kuhhandel einlassen?

Die Obama-Administration hat versucht, das Thema Nordkorea so weit links wie eben möglich liegen zu lassen, weil niemand in Washington davon ausgeht, dass es hier zu umfassenden Lösungen kommen kann. Diese Strategie wird nicht funktionieren. Nordkorea wird immer Mittel und Wege finden, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die Tatsache, dass wir hier jetzt über diesen Raketenstart sprechen, obwohl er vollkommen fehlgeschlagen ist, ist der Beweis dafür.

Dr. Oliver Thränert ist Experte für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen; internationale Rüstungskontrollregime; internationale Nichtverbreitungspolitik; Raketenabwehr.