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Die Union spricht von Verleumdung

Bernd Gräßler (mit dpa,rtr)8. August 2013

Aus Sicherheitskreisen werden Details über Datenlieferungen des BND an die NSA bekannt. Doch es bleiben Zweifel an den Informationen. Regierung und Opposition schieben sich die Verantwortung für die Späh-Affäre zu.

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Projektion eines Textes auf einem Frauengesicht. Sie soll die NSA-Ausspähaffäre symbolisieren. Foto: REUTERS/Pawel Kopczynski/Files (GERMANY - Tags: SOCIETY POLITICS)
Bild: Reuters

In der Affäre um die mutmaßliche Weitergabe von Kommunikationsdaten aus Deutschland an den US-Geheimdienst National Security Service (NSA) wirft die Union den Sozialdemokraten Verleumdung vor. Die SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann sollten sich bei den Mitarbeitern der deutschen Geheimdienste entschuldigen, forderte der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU). Sie hätten die 10.000 Beamten des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) unter Generalverdacht gestellt und zu millionenfachen Rechtsbrechern erklärt.

Hintergrund der Aufforderung Uhls ist eine Erklärung des BND, wonach Millionen angeblich aus Deutschland stammenden Datensätze, auf welche die NSA Zugriff hatte, in Wirklichkeit höchstwahrscheinlich in Krisengebieten wie Afghanistan erhoben wurden, und zwar vom Bundesnachrichtendienst selbst. Das Sammeln und die Weiterleitung derartiger Daten gehört zum Auftrag des deutschen Auslandsgeheimdienstes.

BND liefert seit 2007 an NSA

Der Bundesnachrichtendienst leitet nach Informationen aus Sicherheitskreisen seit 2007 legal Daten an den US-Partnerdienst NSA weiter. Diese stammten aus der Aufklärungsarbeit des BND in Afghanistan und Nordafrika. Dabei spielt offenbar die vor zehn Jahren von den Amerikanern übernommene Abhörstation im bayrischen Bad Aibling eine Rolle. Die Weiterleitung der Spionagedaten geschehe automatisch, ihre Größenordnung variiere stark. Dabei handele es sich überwiegend um Metadaten, die etwa E-Mails und Telefonaten zugeordnet sind. In einem mehrstufigen Computerverfahren solle sichergestellt werden, dass keine Grundrechte deutscher Staatsbürger verletzt werden. E-Mails mit .de-Endungen oder Daten über Telefonate mit deutscher Vorwahl würden aussortiert.

Unions-Innenexperte Uhl, der auch Mitglied des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste ist, betonte deshalb, der BND habe lediglich die Arbeit gemacht, für die er bezahlt werde. Der Grünen-Abgeordnete Hans Christian Ströbele, der dem gleichen Kontrollgremium angehört, bezweifelt allerdings die Angaben der Geheimdienstler. Falls der BND den Amerikanern, wie behauptet, im Dezember 2012 fast fünf Millionen im Ausland erhobene Datensätze übermittelt habe, dann "wäre das befremdlicherweise ein Vielfaches dessen", was der BND jahrelang gegenüber den zuständigen parlamentarischen Gremien und der Öffentlichkeit als Gesamterfassungszahlen seiner strategischen Aufklärung genannt habe. In den Jahren 2009 bis 2011 habe der BND außerdem berichtet, er habe keine einzige Erkenntnis daraus ins Ausland übermittelt. Noch immer ist außerdem unklar, ob die NSA auch selbst in Deutschland Daten abgeschöpft hat.

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, CSU (Foto: Tobias Hase dpa)
Hans-Peter Uhl: "Geheimdienst verleumdet"Bild: picture-alliance/dpa

Steinbrück besorgt um seine E-mails

Vor dem Hintergrund des Wahlkampfes gewinnt die Auseinandersetzung um tatsächliche oder vermeintliche Versäumnisse beim Datenschutz deutscher Bürger weiter an Schärfe. Die Regierung hat den einstmaligen Geheimdienstkoordinator Frank-Walter Steinmeier (SPD) aufs Korn genommen.

Neue Vorwürfe in NSA-Spähaffäre

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, betonte, es seien SPD und Grüne gewesen, "die 2002 nach den Anschlägen auf die USA besondere Vereinbarungen zum Datentausch geschlossen haben". Auch der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, mahnte die SPD, vom "hohen Ross" herunterzukommen, und erinnerte daran, dass der damalige sozialdemokratische Kanzler Gerhard Schröder den USA die "uneingeschränkte Solidarität" zugesichert hatte. Die FDP forderte, Steinmeier vor den Geheimdienst-Ausschuss des Bundestages zu laden.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nennt das den "durchsichtigen Versuch im Wahlkampf, Steinmeier in eine Soße zu stecken" mit den heutigen Verantwortlichen. 2002 sei es darum gegangen, nach den Anschlägen von New York "selbstverständlich" dafür zu sorgen, dass die Geheimdienste beim Kampf gegen den Terrorismus zusammenarbeiteten. Was heute geschehe, habe eine völlig andere Qualität. Es gehe beim Abhören von Kommunikationsdaten durch ausländische Geheimdienste anders als damals um die "millionenfache Verletzung von Grundrechten". Am Rande einer Wahlkampftour sagte Steinbrück, auch ihn beunruhige der Gedanke, "dass meine E-mails und mein i-Phone abgehört werden könnten".