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Friedrich in der Bredouille

16. Juli 2013

"Völlig unzureichend" seien die Erklärungen des Innenministers zur NSA-Affäre, urteilt die Opposition. Friedrich gibt den Schwarzen Peter weiter an die Bürger, die selbst mehr für den Schutz ihrer Daten tun sollen.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Über die entscheidenden Fragen wissen wir heute immer noch nicht mehr": Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sprach vielen Abgeordneten aus der Seele, als sie erschöpft die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) zur Überwachung der Geheimdienste in Berlin verließen. Die massenhafte Ausspähung von Daten gehe derweil unvermindert weiter, bilanzierte Ströbele.

Der amerikanische Geheimdienst NSA überwache in großem Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland, so der Vorwurf. Millionenfach seien Telefon- und Internet-Daten abgegriffen worden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich war jüngst nach Washington gereist, um darüber mit den Verantwortlichen zu reden. Was der CSU-Minister jetzt im Kontrollausschuss an Erkenntnissen vorlegte, werteten SPD, Grüne und Linke jedoch als völlig unzulänglich. Sozialdemokraten und Grüne forderten daher, dass nun Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst dort erscheine und Rechenschaft ablege.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann (foto: dapd)
SPD-Innenexperte Oppermann: Merkel muss Aufklärung zur Chefsache machenBild: dapd

Merkels wunder Punkt?

Der Vorsitzende des Kontrollgremiums, SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, sagte, Merkel müsse die Spähaffäre "zur Chefsache machen". Oppermann kritisierte, Friedrich sei mit "leeren Händen" aus Wahington zurückgekommen, und die Amerikaner verweigerten die Auskunft über die NSA-Praxis. Nun müsse "die Kanzlerin mehr Druck machen" und die deutschen "Grundrechte schützen". Das von den USA angekündigte "Deklassifizierungsprogramm" zur Offenlegung bisher geheimer Informationen diene nur dazu, Zeit zu schinden "bis nach der Bundestagswahl" oder eine Klärung ganz zu verhindern.

Merkel hatte in der NSA-Affäre "eine klare Zusage der amerikanischen Regierung" verlangt, dass man sich in Zukunft "auf deutschem Boden an deutsches Recht" halte. Auf eine entsprechende Erklärung aus Washington dürfte man in Berlin lange warten, und dies könnte für die CDU- und Regierungschefin zu einer großen Belastung im angelaufenen Wahlkampf werden.

Wirklich Terroranschläge verhindert?

Das Kontrollgremium hat noch mehrere Sondersitzungen wegen der Spähaffäre eingeplant. Laut Ströbele soll das Gremium nun auch Akteneinsicht bekommen. Er wolle sich selbst ein Bild davon machen, welche Terroranschläge in Deutschland durch Informationen der NSA verhindert worden seien. Friedrich hatte zuletzt von fünf vereitelten Attentaten gesprochen, wollte sich am Dienstag aber nicht mehr auf eine Zahl festlegen.

Friedrich sagte, die Klärung der Vorwürfe gehe weiter. Wichtig sei aber, nicht nur aufzuklären, sondern auch über Konsequenzen zu reden. Er warb dafür, den Unternehmen in der EU strengere Regeln für die Datenweitergabe aufzuerlegen. Alle Firmen - auch Internetunternehmen - sollten verpflichtet werden, es zu melden, wenn sie Daten europäischer Bürger an außereuropäische Stellen weiterreichten.

Überall lauern Gefahren

Der bayerische Politiker lenkte zudem von der Verantwortung in seinem Bereich ab und versuchte, den Bundesbürgern die Pflicht zum Datenschutz zuzuschieben. Die sollten sich selbst mehr Gedanken über den Schutz ihrer Kommunikation im Internet machen und sich einmal vor Augen führen, welche Gefahren dort lauerten. Der Abgeordnete Steffen Bockhahn von der Linkspartei kritisierte dies als zynisch. Der Bürger werde für dumm verkauft und die Arbeit der Geheimdienste verharmlost.

Nach dem Kontrollgremium muss Friedrich an diesem Mittwoch auch im Innenausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen.

SC/sti (dpa, afp, rtr, ARD)