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Konflikte

Wer müsste mit Trump in den Krieg ziehen?

Nina Niebergall
12. August 2017

Immer schärfer wird die Rhetorik zwischen Washington und Pjöngjang. Die Gefahr eines Krieges steht im Raum - der womöglich nicht nur die NATO-Staaten zur Bündnispflicht zwingen könnte. Dazu fünf Fragen und Antworten.

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 Flugzeugträger USS Carl Vinson (picture alliance/dpa/Zuma Wire/Planet Pix/Z.A. Landers/)
Bild: picture alliance/dpa/Zuma Wire/Planet Pix/Z.A. Landers

Es ist dieses Bedrohungsszenario, das die Welt im Moment in Atem hält: Nordkorea will Raketen in Richtung der Pazifikinsel Guam abfeuern. Die USA haben dort eine Militärbasis. Allerdings solle der Flugkörper 30 bis 40 Kilometer vor Guam im Meer niedergehen - so das Säbelrasseln aus Pjöngjang. Das wäre gerade noch außerhalb der US-Hoheitsgewässer und würde die Vereinigten Staaten politisch nicht unbedingt zu einem Gegenschlag zwingen.

Doch die Angst vor einer gewaltsamen Eskalation bleibt. Selbst wenn Nordkorea mit Absicht daneben schießt, könnte sich US-Präsident Donald Trump, der zuletzt mit "Feuer und Zorn" drohte, provoziert fühlen. Oder die nordkoreanische Rakete könnte versehentlich doch das Hoheitsgebiet der USA treffen. Fest steht: Wenn es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung käme, würde das die gesamte Weltgemeinschaft betreffen. 

1. Wären die NATO-Staaten zum Beistand verpflichtet?

Eigentlich gilt für die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses: Ein bewaffneter Angriff gegen einen Verbündeten, wird als Angriff auf sie alle gewertet. So will es Artikel Fünf des Nordatlantikvertrags. Artikel Sechs schränkt allerdings ein, diese Beistandspflicht gelte nur für Angriffe auf das Staatsgebiet eines der europäischen oder nordamerikanischen NATO-Staaten "oder auf die der Gebietshoheit einer der Parteien unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses".

Karte Guam Hawaii Nordkorea USA DEU

Diese umständlich formulierte Klausel schließt die Insel Guam aus, die zu weit im Süden liegt. Aus NATO-Kreisen verlautete allerdings, dass die Alliierten kaum auf diese Einschränkungen bestehen und die USA trotzdem unterstützen würden.

2. Wie sähe eine solche Unterstützung aus?

Beistand im Sinne des NATO-Vertrags bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Verbündeten allesamt Kriegsschiffe in den Südpazifik entsenden würden, falls Guam angegriffen wird. Artikel Fünf besage zwar, dass die Bündnismitglieder grundsätzlich Beistand leisten müssen, sagt Matthias Dembinski von der Hessischen Stiftung Friedens-und Konfliktforschung. "Es liegt allerdings in deren Ermessen, wie sie Beistand leisten." Mit Blick auf Deutschland mutmaßt der Politikwissenschaftler: "Wir würden diplomatische Hilfe leisten, wir würden Solidarität bekunden, aber wahrscheinlich keinen militärischen Beistand leisten." 

3. Was ist mit Großbritannien?

Dr. Matthias Dembinski, Politikwissenschaftler am Hessischen Institut für Friedens- und Konfliktforschung
Politikwissenschaftler Dembinski: "Viel zu sehr hochgekocht"Bild: hsfk

Die Regierung in London unterhält zu den USA seit jeher eine "special relationship" - eine besondere Partnerschaft, die britische Truppen gemeinsam mit den Amerikanern schon in so manchen Krieg ziehen ließ. So ist das Vereinigte Königreich etwa 2001 an der Seite des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush in den Irak-Krieg eingetreten.

Stets hielten die Briten die transatlantischen Beziehungen und die NATO-Partnerschaft hoch. Dennoch glaubt Sicherheitsexperte Dembinski nicht, dass Großbritannien den USA beispringen würde, sollte Guam tatsächlich angegriffen werden. Das Land sei in der Region sicherheitspolitisch nicht mehr so präsent wie früher, argumentiert er.

4. Wer könnte die USA sonst militärisch unterstützen?

Obwohl ein nordkoreanischer Angriff auf die USA bislang nur hypothetisch diskutiert wird, sicherte Australien bereits seinen Beistand zu. Das sehe der pazifische Sicherheitspakt ANZUS zwingend vor, erklärte der australische Regierungschef Malcolm Turnbull. Tatsächlich findet sich in dem Vertrag keine solche Verpflichtung. Lediglich sollen die Bündnispartner einander im Falle des Angriffs konsultieren. Dennoch gilt Australien als verlässlicher Partner bei Militäreinsätzen: Sowohl im Korea- als auch im Vietnamkrieg engagierte sich das Land mit einer vergleichsweise großen Truppenzahl.

 

Seoul Donald Trump und  Kim Jong Un auf einem Screen
Auf diese beiden schaut derzeit die Welt: US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong UnBild: picture alliance/dpa/AP/A. Young-joon

Ähnliches gilt für Südkorea, das im Vietnamkrieg neben den USA sogar die meisten Soldaten einsetzte. Bei einer Eskalation in dem Konflikt mit Nordkorea würde sich die Frage aber nicht wirklich stellen - da Südkorea vermutlich ohnehin am stärksten von einer nordkoreanischen Aggression betroffen wäre. In der Region steht außerdem Japan an der Seite der USA. Allerdings werden sich die Japaner kaum militärisch beteiligen. Die pazifistisch ausgerichtete Verfassung setzt enge Grenzen und in der Bevölkerung herrscht trotz des wachsenden Drucks aus Washington weiterhin große Skepsis gegenüber allem Militärischen.

5. Wie wahrscheinlich ist ein Krieg zwischen den USA und Nordkorea überhaupt?

Politikwissenschaftler Dembinski geht nicht davon aus, dass sich die Frage nach militärischem Beistand stellen wird. Allein die Zahl der Opfer eines Krieges auf der koreanischen Halbinsel wären so hoch, dass beide Seiten ein fundamentales Interesse daran haben müssten, eine militärische Eskalation zu vermeiden.

Zum anderen verfügen die USA auch ohne die Hilfe ihrer europäischen Verbündeten über genügend militärische Mittel, um einen solchen Militärschlag zu beantworten, meint Dembinski. Generell ist er der Ansicht, der Konflikt werde "viel zu sehr hochgekocht".