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Nigers Präsident muss in die Stichwahl

Katrin Gänsler, Niger26. Februar 2016

Im Niger ist die Strategie von Staatschef Mahamadou Issoufou nicht aufgegangen. Er muss gegen den inhaftierten Oppositionspolitiker Hama Amadou in die Stichwahl. Dessen Anhänger feiern den Etappensieg.

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Issoufou Mahamadou (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo/A. Calanni

Was für ein Wahlkrimi im Niger. Fünf Tage lang haben viele der 18 Millionen Einwohner die Auszählung der Präsidentschaftswahl mit großer Spannung verfolgt, bis die nationale, unabhängige Wahlkommission (Ceni) am Freitagabend endlich verkündet hat: Amtsinhaber Mahamadou Issoufou hat mit 48,41 Prozent nicht die absolute Mehrheit erreicht, es kommt zur Stichwahl zwischen ihm und dem Oppositionspolitiker Hama Amadou.

So hatten es in dem westafrikanischen Land auch zahlreiche Menschen prognostiziert. "Eine Stichwahl. Das ist doch ganz sicher", so lautete etwa am Wahlsonntag die Einschätzung von Wähler Abdoulaye Abdou Garba, der in Niamey zur Wahl gegangen ist. In der Hauptstadt sind vermehrt Oppositionspolitiker gewählt worden. Zwischenzeitlich lag Issoufou dennoch mit über 52 Prozent vorne.

Wahlplakate im Niger (Foto: DW)
Es bleibt spannend: Die Stichwahl findet am 20. März stattBild: DW/K. Gänsler

Große Tradition des zweiten Wahlgangs

Garbas Einschätzung haben viele Nigrer geteilt. Denn in dem Sahel-Staat, in dem gut 18 Millionen Menschen leben, haben Stichwahlen Tradition. Mit einer Ausnahme im Jahr 1996, in dem Ibrahim Baré Maïnassaras mit satten 52 Prozent gesiegt hatte. Massive Wahlfälschung hieß es danach. Zuvor hatte der Oberst außerdem den amtierenden Präsidenten aus dem Amt geputscht. "Falls wir also nicht wieder eine solche Situation haben, dann gibt es stets für die Stichwahl Allianzen, um einen Präsidenten zu wählen", erklärt Souley Adji, Politikwissenschaftler an der Abdou-Moumouni-Universität in Niamey.

Für den amtierenden Präsidenten wird eine Stichwahl nach Einschätzung des Politologen nun besonders schwierig. Die Bilanz seiner fünf Regierungsjahre fällt vor allem im Bereich der sozialen Entwicklung schlecht aus. "Die Zahlen sprechen für sich", so Souley Adji. Ob Analphabetenrate, medizinische Versorgung oder Bildungschancen für Mädchen: Der Sahel-Staat liegt stets auf den untersten Rängen.

Darüber hinaus habe Issoufou in der Vergangenheit zahlreiche Unterstützer verloren, die sich schon vor dem 21. Februar im Oppositionsbündnis Copa-2016 zusammen geschlossen hatten. Deren erklärtes Ziel ist es nun, mit einem starken Kandidaten Amtsinhaber Issoufou zu stürzen. Der Spitzenkandidat hätte statt wie jetzt Hama Amadou - er ist der Zweitplatzierte mit 17,79 Prozent der Stimmen - auch Seini Oumarou (12,11 Prozent) heißen können. Umgekehrt heißt das jedoch auch: Copa-2016 konnte sich im Vorfeld nicht auf einen Bewerber einigen, um ein ganz deutliches Zeichen zu setzen.

Seini Oumarou (Foto: DW)
Der Drittplatzierte: Seini OumarouBild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

K.o.-Sieg des Amtsinhabers schürt Zweifel und Gerüchte

Trotzdem ist es für Politikwissenschaftler Adji eine starke Allianz. "Alte Verbündete", nennt er sie. "Sie haben schon zusammen regiert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein solches Bündnis funktionierten kann." Dabei hält man sich im Niger längst nicht immer und lange an solche Prognosen. Noch vor fünf Jahren taten sich Mahamadou Issoufou und Hama Amadou gegen den jetzigen Drittplatzierten Seini Oumarou zusammen. Letzterer verlor die Stichwahl. Jetzt müssen die einstigen Kontrahenten zeigen, wie gut sie im Oppositionslager zusammenarbeiten.

Um das zu vermeiden, hatten die Anhänger des Präsidenten gerne von einem K.o.-Sieg im ersten Wahlgang gesprochen, was im Land für Gerüchte, Skepsis und Zweifel gesorgt hatte. Misstrauisch waren besonders die Anhänger von Kandidat Hama Amadou, der seit Monaten in Haft ist und des Kinderhandels beschuldigt wird. Seine Gefolgsleute sehen in dieser Anschuldigung jedoch eine politische Intrige.

Hama Amadou (Foto: AFP)
Im Gefängnis wegen Vorwürfen des Kinderhandels: Oppositionspolitiker Hama AmadouBild: Getty Images/AFP/Seyllou

Kritik am Wahlergebnis

Einer seiner Unterstützer sagte am Donnerstagabend hinter vorgehaltener Hand: Laut internen Berechnungen dürften auf Issoufou maximal 38 Prozent der Stimmen entfallen. Das ist auch eine Kritik an der unabhängigen, nationalen Wahlkommission, der Ceni. Ihr sind in den vergangenen Tagen auch organisatorische Defizite vorgeworfen worden. So kam das Wahlmaterial vielerorts nicht rechtzeitig an.

Positiv gestimmt sind jedoch Issoufous Anhänger. "Nach unserer Einschätzung war der Verlauf transparent. Zu diesem Ergebnis sind auch die Beobachter gekommen. Aus unserer Sicht gibt es deshalb überhaupt keinen Grund, die Resultate in irgendeiner Weise anzuzweifeln", sagt Assoumana Malam Issa, der zum Wahlkampfteam des Präsidenten gehört. Keinesfalls wolle man sich wie "andere Parteien" verhalten.

Das Volk befreit seinen Präsidenten

Die Anhänger Hama Amadous sehen in der bevorstehenden Stichwahl einen bedeutenden Etappensieg. Was passiert, sollte Amadou am 20. März tatsächlich zum Präsidenten gewählt werden, dazu hat sich in Niamey bisher noch niemand offiziell geäußert. Für Souleymane Lompo, der zu Amadous Wahlkampfteam gehört, ist die Antwort allerdings schon klar: "Dann kommt er endlich aus dem Gefängnis frei und wir können sagen: Das Volk von Niger hat seinen Präsidenten aus dem Gefängnis geholt."

Wahllokal im Niger (Foto: DW)
66,75% der Bevölkerung beteiligten sich an der WahlBild: DW/K. Gänsler