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Notwendig, nicht schön

Rolf Wenkel14. Oktober 2008

Das Rettungspaket für die Finanzbranche in Deutschland steht. Dabei wird das ursprünglich angestrebte Ziel des Finanzministers Peer Steinbrück für die höhere Sache geopfert. Das ist richtig, meint Rolf Wenkel.

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Bild: DW

Völlig klar, was Deutschlands volkstümliche Polit-Strategen an den Theken und Stammtischen sagen werden: Die da oben in Berlin schmeißen den Banken mal eben 500 Milliarden Euro hinterher, doch bezahlen müssen wir den Schlamassel, wir, die Steuerzahler.

Rolf Wenkel

500 Milliarden Euro zur "aktuellen Gefahrenabwehr" - die Staatskasse blutet aus, dieser Eindruck wird hängen bleiben. Doch es lohnt sich, mal einen Blick in die Details dieses Rettungspaketes zu werfen. Demnach ist ein Fond zur Stabilisierung des Finanzmarktes als Sondervermögen des Bundes geplant, der bis zu 400 Milliarden Euro an Garantien abgeben kann. Eine Refinanzierung der Banken ist zudem über staatliche Beteiligungen möglich. Der Staat kann zum Beispiel stimmrechtslose Vorzugsaktien, Aktien oder Genussscheine erwerben. Dafür sind 80 Milliarden Euro vorgesehen. Zur Absicherung des Fonds ist schließlich eine Garantiesumme von 20 Milliarden Euro geplant.

Sondervermögen

Was bedeutet das? Erst einmal: Das Wort Sondervermögen des Bundes bedeutet nicht, dass der Staat plötzlich über ein Sondervermögen von 400 Milliarden Euro verfügt. Im Gegenteil, das Wort Sondervermögen bedeutet, dass dieser Posten nicht im ordentlichen Staatshaushalt auftaucht und damit auch nicht haushaltswirksam wird. Eine Luftbuchung, in der erst einmal kein einziger Cent fließt, in der Hoffnung, dass keine deutsche Bank jemals um Mittel aus diesem "Finanzmarktstabilisierungsfonds" betteln wird.

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf haben die Banken auch gar keinen Anspruch auf konkrete Hilfsleistungen. Wann, wo und wie Löcher gestopft werden, bestimmt fortan die Politik. Der Staat wird die Unterstützung zudem an konkrete Auflagen koppeln. So müssen Banken damit rechnen, dass der Bundesfinanzminister ihnen Vorgaben für ihre Geschäftspolitik macht. Auch die Managergehälter können beschränkt werden. Und wenn sich der Bund über den Erwerb von Aktien an den Banken beteiligt, wird er sich später, wenn die akute Kreditklemme der Vergangenheit angehört und die Banken wieder zur Normalität zurückkehren, sein Engagement auf Heller und Pfennig zurückzahlen lassen.

Notwendiges Opfer

Dennoch hat das milliardenschwere Rettungspaket natürlich eine neue Debatte über die Konsolidierung des Bundeshaushaltes entfacht. Das Ziel eines schuldenfreien Haushalts ab dem Jahr 2011 wurde einer höheren Sache geopfert. Doch das war nötig. Denn den Banken, die sich gegenseitig misstrauten, fehlte das Geld zum atmen, die ganze Wirtschaft drohte zum Stillstand zu kommen. Jetzt aber sind die Voraussetzungen für einen Neuanfang gegeben - wobei keineswegs 500 Milliarden Euro auf Kosten der Steuerzahler in den dunklen Kanälen der Banken verschwinden werden.

Steuern sind übrigens hoheitliche Abgaben ohne Anspruch auf Gegenleistung. Besser, sie dienen der Rettung des Bankensystems vor dem Kollaps und retten damit auch Arbeitsplätze, als dass sie für schlecht durchdachte Projekte verschwendet werden, über die das Schwarzbuch der Steuerzahler jedes Jahr aufs Neue Auskunft gibt. Ist der Neuanfang bei den Banken erst einmal geschafft, werden die Aufräumarbeiten noch eine gehörige Zeit in Anspruch nehmen. Und dann werden die Banken eine Menge unangenehmer Fragen beantworten müssen.