1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sexualverhalten der Deutschen

Nele Rößler
24. August 2017

Frauen geben an, im Schnitt mit fünf Männern geschlafen zu haben. Männer dagegen mit zehn Frauen. Das sagt aber mehr über das deutsche Geschlechterverständnis als über unser Sexualverhalten, sagen Forscher.

https://p.dw.com/p/2ilwf
Paar im Bett Symbolbild Liebe Sexualität
Bild: picture-alliance/Beyond

Unter allen deutschen Männern und Frauen lebt jeder zweite in einer Beziehung, vom denen sind die meisten "eher zufrieden". Das ergab eine repräsentative Umfrage mit 2524 Teilnehmern zum Thema "Sexualverhalten in Deutschland". Die Studie haben Psychologen der Technischen Universität Braunschweig durchgeführt, sowie der Universitäten Hildesheim, Jena und Hannover. Die Teilnehmer waren über 14 Jahre alt und antworteten für die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Studie mittels Fragebogen.

40 Prozent der Befragten, die in einer Beziehung sind, geben in der Studie an, eine monogame Partnerschaft zu führen. Zwei Prozent führen eine offene Beziehung. Ein Prozent haben gemeinsame Triolen, also Dreier, vereinbart. Die Mehrheit, nämlich 56 Prozent, haben in ihrer festen Partnerschaft keine Vereinbarung über mögliche Liebschaften mit Dritten getroffen. Die Befragten waren im Schnitt 48,5 Jahre alt. 

Infografik Sexualverhalten Deutschland DEU

Umfragen sollen Informationen über Gesundheitszustand geben

Umfragen dieser Art sind wichtig, um mehr über die medizinische Versorgung der Menschen herauszufinden, sagen die Autoren der Studie. Denn mehr als drei Viertel der Menschen in festen Beziehungen verhüten nie mit Kondomen. Aber 21 aller Männer sind in einer Beziehung schon einmal fremd gegangen. Bei den Frauen sind es 15 Prozent. Ungeschützt war der Sex dabei in fünf Prozent der Fälle einmal, in acht Prozent der Fälle mehrmals. Aber nur jeder Vierte ließ sich nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr außerhalb der Partnerschaft entsprechend medizinisch untersuchen.

Symbolbild Ehebruch
Eine Affäre kann auch für den Partner gesundheitliche Risiken bedeuten.Bild: Fotolia/drubig-photo

Die Autoren warnen, dass diese Menschen hinsichtlich sexuell übertragbarer Krankheiten als Risikopersonen eingestuft werden müssen. Sie fordern deshalb mehr Aufklärungsarbeit sowie Leitlinien für mehr systematische Impfungen gegen Humane Papillom-Viren (HPV), die Gebärmutterhalskrebs verursachen können. "Bedenkt man, dass mehr als 80 Prozent von 18- bis 40-Jährigen in einer anderen Befragung angaben, im Kontakt mit Ärzten noch nie umfassend nach ihrer Sexualität befragt worden zu sein, unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit einer genauen Exploration riskanter Verhaltensweisen", schreiben die Autoren. 

Studie wird kritisiert

Das sieht der Professor für Sexualforschung Arne Dekker vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ähnlich. Er war nicht an der Studie beteiligt und beurteilt sie als "kleine, verdienstvolle Ergänzung, die erstmals repräsentative Angaben zum Sexualleben der Gesamtbevölkerung macht". Aber Rückschlüsse auf die Verbindungen des Sexualverhaltens mit medizinischen Fragen erlaube sie kaum. Dafür seien die Daten nicht kleinteilig genug. Umfassendere Umfragen gebe es indes in anderen europäischen Ländern, sagt Dekker gegenüber der DPA. 

Infografik Sexualverhalten Deutschland Alter DEU

Ergebnisse spiegeln Geschlechterstereotypen

Die befragten Frauen gaben an, in ihrem Leben mit durchschnittlich fünf Männern geschlafen zu haben. Die Männer dagegen mit durchschnittlich zehn Frauen. Woher kommen die Unterschiede?

Beim Antworten schummelten die Befragten vermutlich etwas, meinen die Psychologen, drücken es aber wissenschaflicher aus. "Selbstwertdienliche Verzerrungen und geschlechtsspezifisches Antwortverhalten" könnte zu den unterschiedlichen Angaben beigetragen haben. 

Dekker vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat eine ähnliche Erklärung: "Sie inszenieren damit auch ihre Geschlechterrollen". Manche Männer glauben, es sei attraktiv und gesellschaftlich anerkannt, viele Sexpartner zu haben, bei Frauen sei oft das Gegenteil der Fall.

Dass Männer doppelt so viele Partnerinnen im Bett haben sollen wie Frauen Partner sei aber durchaus "ein großer Unterschied", räumt Dekker ein. "Man würde ja denken, es sollte irgendwie aufgehen." Einer der statistischen Faktoren könnte sein, dass acht Prozent der befragten Männer schon zu Prostituierten gegangen sind.

Fast jede zweite Frau verhütet hormonell

Außerdem schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie, dass etwa jede zweite Frau, die 50 Jahre oder jünger ist, die Pille oder ähnliche orale Verhütungsmittel nimmt. Fünf Prozent verzichten auf Verhütung, weil sie einen Kinderwunsch haben.