1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neuer Ebola-Fall in Sierra Leone

Friederike Müller-Jung15. Januar 2016

Die gute Nachricht hielt nicht einmal einen Tag: Wenige Stunden, nachdem die WHO die Ebola-Epidemie in Afrika für beendet erklärt hat, gibt es einen neuen Fall. Sind die Länder auf weitere Ausbrüche vorbereitet?

https://p.dw.com/p/1HdsX
Wandbild zu Ebola-Überlebenden in Liberia (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Jallanzo

Der Test ist positiv, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in Sierra Leone und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der oder die Tote aus Sierra Leone hatte Ebola, Einzelheiten zur Person sind noch nicht bekannt. Das Land war neben Liberia und Guinea eines der drei am stärksten von Ebola betroffenen Länder. Im November erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Krankheit dort für besiegt. Bedingung dafür ist, dass 42 Tage lang - doppelt so lange, wie die Krankheit nach der Ansteckung braucht um auszubrechen - keine Neuinfektion auftritt. Im Dezember folgte Guinea - das Land, das zwei Jahre zuvor den ersten Fall gemeldet hatte. Mit Liberia hat die WHO am Donnerstag auch das dritte Land als "Ebola-frei" erklärt. Damit galt die Epidemie in Afrika offiziell als ausgestanden. Zwei Jahre hatte das Virus in Westafrika gewütet, die Bilanz ist erschütternd: 11.300 Tote, viele Kinder sind verwaist und auf sich allein gestellt, die Wirtschaft liegt am Boden.

Geballte Ebola-Kompetenz in Westafrika?

Dass es weitere Fälle von Ebola geben würde, davor hatte die WHO bereits gewarnt: "Darauf müssen wir uns einstellen", sagte Peter Graaf, der Chef der Ebola-Reaktions-Einheit der WHO der DW am Donnerstag. Die drei westafrikanischen Staaten seien dafür aber gut gerüstet: "Nirgendwo auf der Welt gibt es zurzeit mehr Wissen und mehr Kompetenz in Bezug auf Ebola als in Guinea, Sierra Leone und Liberia."

Liberia WHO erklärt Westafrika für Ebola-frei (Foto: Reuters)
Liberia: Keine Angst mehr vor dem VirusBild: Reuters/J. Giahyue

Die Weltgesundheitsorganisation stand stark in der Kritik: Viel zu spät und zu schwerfällig sei die internationale Hilfe angelaufen. "Diese Kritik nehmen wir an", sagte Graaff. Zurzeit würden er und seine Kollegen daran arbeiten, die Organisation für solche Fälle besser zu rüsten und effektiver zu machen. Doch nicht nur die WHO agierte langsam. Die Gesundheitssysteme in den betroffenen Ländern gelten als chronisch unterfinanziert, die Informationen über das Virus, den richtigen Umgang mit Patienten und wichtige Schutzmaßnahmen verbreiteten sich zunächst nur äußerst schleppend.

Graaf zieht deshalb die Lehre, dass dringend in die Gesundheitssysteme der afrikanischen Länder investiert werden müsse. Nur so könne dafür gesorgt werden, dass beim nächsten Mal schneller und besser reagiert werden kann. "Dafür brauchen wir außerdem genug Leute im Gesundheitswesen, die gut ausgebildet sind, ein starkes Frühwarnsystem, das in der Gesellschaft verankert ist, und Kapazitäten in den Laboren." Dann könne man Fälle von Ebola oder anderen Erkrankungen vor Ort schnell erkennen und entsprechen reagieren. Um das sicherzustellen, werde die WHO in diesem Jahr in Liberia, Sierra Leone und Guinea präsent bleiben, so Graaff.

Kommt nach Ebola das Lassa-Fieber?

Weniger optimistisch sieht das Oyewale Tomori. Der Nigerianer ist Virologe und leitet die Nigerianische Wissenschaftsakademie. Auch in Nigeria waren 2014 Ebola-Fälle aufgetreten: 20 Infektionen, acht Menschen starben. "Damals hatten alle Angst und die Regierung hat schnell reagiert. Ebola haben wir in Nigeria im vergangenen Jahr zwar unter Kontrolle gebracht", sagt Tomori. "Aber jetzt haben wir hier Lassa-Fieber, das sich seit November ausbreitet." Über 90 Fälle wurden bislang gemeldet, knapp die Hälfte der Infizierten hat nicht überlebt. "Das zeigt, dass wir nicht darauf vorbereitet sind, eine weitere Epidemie zu bekämpfen. Weder in Nigeria noch in anderen Ländern." Auch für einen weiteren Ebola-Ausbruch sieht Tomori die afrikanischen Staaten nicht gerüstet. "Wir erholen uns ja gerade erst von Ebola und wir haben keine Möglichkeiten, eine weitere Epidemie unter Kontrolle zu bringen."

Oyewale Tomori (Foto:
Ist skeptisch: der nigerianische Virologe Oyewale TomoriBild: Privat

Sierra Leone unter Schock

In Sierra Leone, wo jetzt der neuste Fall bekannt wurde, sind die Menschen schockiert. Eigentlich war nach dem absoluten Ausnahmezustand durch die Ebola-Epidemie der Alltag bereist zurückgekehrt. Wo Menschen noch vor einem halben Jahr Angst hatten, einander die Hände zu geben, feiern junge Leute heute wieder ausgelassen. Kinder gehen zur Schule und die Plastik-Eimer, die zum Händewaschen vor jedem öffentlichen Gebäude standen, sind fast überall verschwunden. Aber die Menschen seien vorsichtiger geworden, sagt Hassa Koroma. Der Sozialarbeiter hat in seinem Land geholfen, Ebola zu bekämpfen, hat selbst Freunde und Familienmitglieder an die Epidemie verloren. "Ebola hat uns auch etwas Gutes gebracht: Wir wissen hier in Sierra Leone jetzt besser Bescheid über Gesundheitsfragen. Das Bewusstsein dafür ist gewachsen", sagt er.

Reicht das, um eine neue Verbreitung zu verhindern? Skeptiker warnen nicht erst heute: "Wir haben noch immer nicht die richtigen Prioritäten gesetzt. Wir müssen das Gesundheitssystem grundsätzlich überarbeiten und verbessern", sagte etwa Patrick E. Turay der DW im vergangenen November, als sein Land für Ebola-frei erklärt wurde. Turay ist medizinischer Leiter des Holy Spirit Hospitals in der Provinzhauptstadt Makeni. Er sagt, es seien vor allem gut ausgebildete Ärzte nötig. Die allerdings für die Provinz zu gewinnen, sei nahezu unmöglich.

Mitarbeit: Murtala Mohamed Kamara, Katrin Gänsler