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Neue Versuche zur Rettung des Gesundheitswesens in China

Shi Ming17. Januar 2006

Nach dem Willen von Chinas reformfreudigem Gesundheitsminister Gao Qiang sollen im ganzen Land "Billigkrankenhäuser" entstehen, in denen auch Arme behandelt werden. Der Vorschlag stößt auf Skepsis.

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Im Notfall behandelt die Zahnärztin auf der StraßeBild: dpa

Bereits seit einiger Zeit versucht das politische Peking, ähnliche Schritte in den Ballungszentren umzusetzen. So genannte Billigapotheken entstehen in Peking und Shanghai, billige Rehabilitationszentren an Urlaubsorten. Doch Chinas Reformer können mit ihren eher sozialistisch anmutenden Schritten keine Erfolge aufweisen. Die Preise der Medikamente steigen und steigen. Viele Chinesen glauben, es handele sich bei den Regierungsvorschlägen nur um Augenwischerei. Auch Experten wie Wang Shaoguang, Professor an der Chinese University Hongkong, sehen den Vorschlag des Gesundheitsministers skeptisch: "Was man unter Billigkrankenhäusern in China versteht, weiß ich noch nicht. Soll das heißen, dass es Krankenhäusern erlaubt ist, sich andere Einkommensquellen zu erschließen, um damit Medikamente und stationäre Behandlungen zu subventionieren? Oder meint man, dass derartige Billigkrankenhäuser staatlich finanziert werden sollen?"

Zweiklassen-System in Krankenhäusern

Klar ist nur eines: Die 1998 eingeleitete Reform des Gesundheitswesen in China ist gescheitert. Das räumt sogar die Regierung in Peking ein. Alle Versuche, den Preisanstieg selbst für die Grundversorgung zu bremsen, sind fehlgeschlagen. Statistiken zeigen, dass Krankenhäuser sich mehr und mehr auf die Behandlung zahlungskräftiger Patienten spezialisieren, während arme Patienten in den Korridoren der Krankenhäuser vor sich hin siechen. Dagegen hat Peking verschiedene politische Maßnahmen eingeleitet. So wurden Krankenhausdirektoren gar Strafen angedroht, wenn sie nicht für eine Verbesserung der Lage sorgten. Doch Erfolge stellten sich nicht ein.

Für Wang Shaoguang liegt der Grund des Scheiterns in der Halbherzigkeit der bisherigen Versuche. "Einerseits verspricht sich die Regierung von den Reformen, dass die Krankenhäuser bei verbreiteten Krankheiten ihre Preise für Medikamente und Therapien unter das Marktniveau drücken. Als Gegenleistung wird ihnen erlaubt, für qualitativ hochwertige Diagnosen und Behandlungen über dem Marktniveau zu kassieren. Genau dieses Dualsystem hat sich aber als Luftnummer erwiesen."

Modell à la Mao Zedong soll helfen

Der Grund liegt auf der Hand: Eine kreative Buchungstechnik innerhalb der Krankenhäuser kann zwar die soziale Bilanz für kurze Zeit frisieren. Sie kann jedoch keineswegs das Marktverhalten der chinesischen Ärzte aushebeln. Für Wang Shaoguang liegt der Ausweg in einem alten Modell, das Modell des genossenschaftlichen Gesundheitswesens à la Mao Zedong. "Die Kosten im Gesundheitswesen werden in China zu rund 60 Prozent von Privatpersonen getragen. Das ist im weltweiten Vergleich entschieden zu hoch", sagt der Professor.

In vielen Ländern könnten mit staatlicher Unterstützung beziehungsweise mit einem genossenschaftlich organisierten System bis zu 70 Prozent der Kosten abgedeckt werden. "Wir in China schaffen gerade mal 40 Prozent." Die großen Lücken müssten durch entschlosseneres und entschiedeneres Regierungshandeln geschlossen werden, etwa durch Investitionen in Gesundheitsgenossenschaften in ländlichen Regionen. "Wenn man bedenkt, dass China vor mehr als zwanzig Jahren in der Lage war, der Landbevölkerung eine spitzenmäßige Gesundheitsversorgung zu bieten, obwohl das Land arm war, dann haben wir heute keinen Grund zu glauben, China würde es diesmal nicht schaffen", so Wang Shaoguang.

Einen Grund scheint der Experte aber dabei gänzlich zu vergessen: Heute ist das Land laut offiziellen Statistiken doppelt so hoch verschuldet wie vor zwanzig Jahren.