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Neue Bedingungen für Entschädigungszahlungen an ehemalige polnische Zwangsarbeiter in Deutschland und Österreich

31. Oktober 2002

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Krakau, 28.10.2002, DZIENNIK POLSKI, poln.

Die Personen, die während des Zweiten Weltkrieges auf dem heutigen Gebiet Österreichs als Zwangsarbeiter für das Dritte Reich eingesetzt wurden, können ihre Ansprüche auf Entschädigung bis Ende September 2003 geltend machen. Ursprünglich war zwischen Polen und Österreich vereinbart worden, dass die Frist am 27. November 2002 enden sollte.

Nicht viele Opfer des Dritten Reiches sind darüber informiert, dass sie sich kostenlos in den deutschen und österreichischen Kliniken behandeln lassen können. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für ehemalige Zwangsarbeiter, die unter Gelenkkrankheiten leiden. Österreich und Deutschland haben sich verpflichtet, nicht nur die Behandlungskosten, sondern auch die Reisekosten der Kranken und ihrer Begleitung zu übernehmen:

"Bisher wurden in den deutschen Kliniken mehrere Operationen durchgeführt. Zur Zeit liegen uns 127 weitere Anmeldungen vor, erklärt Professor Jerzy Sulek, der Vorsitzende der Stiftung "Polnisch-Deutsche Versöhnung" und fügt hinzu: "Drei Personen warten bereits auf eine Operation in Österreich. Der Termin wurde für November d. J. angesetzt".

Professor Sulek erinnert gleichzeitig alle berechtigten Personen, die unter Gelenk- und Rheumakrankheiten leiden, daran, dass sie sich bei der Stiftung melden sollen. Dies richtet sich sowohl an die ehemaligen Zwangsarbeiter, die auf dem Gebiet Österreichs als auch in Deutschland gearbeitet hatten.

Die österreichische Stiftung "Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit" hat im Juli 2001 mit der Auszahlung der Entschädigungen begonnen. Von den bereits eingegangenen 100 000 Anträgen stammen etwa 20 000 aus Polen. (...)

Das Recht auf Entschädigung steht nur ehemaligen Zwangsarbeitern zu, die bis zum 16. Februar 2000 lebten und nur den Erben der ehemaligen Zwangsarbeiter, die nach dem 15. Februar 2000 starben.

Die Berechtigten wurden durch die österreichische Entschädigungsstiftung in drei Kategorien eingeteilt. Die höchste Entschädigung in Höhe von 7 630,65 Euro erhalten diejenigen, die als Zwangsarbeiter auf dem heutigen Gebiet Österreichs gearbeitet hatten. Ehemalige Zwangsarbeiter, die als Arbeiter in Fabriken oder im Dienstleistungssektor eingesetzt wurden, erhalten 2 543, 55 Euro als Entschädigung. Ehemaligen Zwangsarbeitern in der Landwirtschaft werden 1 453,46 Euro gezahlt. Kindern, die damals in das Gebiet Österreichs verschleppt wurden, steht dieselbe Entschädigung wie ihren Eltern zu. Frauen, die ihre Kinder in Kinderheimen auf die Welt brachten oder zum Schwangerschaftsabbruch gezwungen wurden, wird eine Zulage in Höhe von 363 Euro bezahlt.

"Der Umtauschkurs für die jeweiligen Berechtigtengruppen wird nach dem Tageskurs des Euro am Tage der Auszahlung festgestellt. Er darf jedoch nicht unter dem Kurs des Euro bei der Polnischen Nationalbank liegen", erklärt Dr. Richard Wotawa, Generalsäkreter der österreichischen Stiftung, der gleichzeitig daran erinnert, dass Österreich die ganze Entschädigungssumme als eine einmalige Auszahlung überweisen wird, wobei die deutsche Stiftung die Zahlungen in zwei Raten vornimmt.

Professor Jerzy Sulek kündigte an, dass die deutsche Stiftung plant, die Zahlung der ersten Rate im ersten Quartal 2003 zu beenden. Nach einigen Wochen Pause wird dann im Juni 2003 die Auszahlung der zweiten Rate vorgenommen werden. "Um dies zu ermöglichen, müssen wir jedoch zuerst die Bedingungen erfüllen, die uns von der deutschen Seite gestellt wurden. Vor allem müssen wir bis zu Auszahlung der zweiten Rate alle Anträge auf Entschädigung bearbeiten (...)", sagt Professor Sulek.

Bisher wurden von den insgesamt 700 000 gestellten Anträgen auf Entschädigung etwa 380 000 von der polnischen Stiftung positiv beschieden. Die Auszahlung werden aber auch ca. 93 000 Erben der ehemaligen Zwangsarbeiter bekommen können: "Ich bin sehr zufrieden darüber, dass es uns gelungen ist, einen Kompromiss mit der deutschen Stiftung zu erzielen, der es erlaubt, ab Herbst d. J. die Auszahlungen an die Erben der ehemaligen Zwangsarbeiter im Rahmen der Schnellverfahren vorzunehmen", sagt Professor Sulek.

Alle Berechtigten, die einen Teil des Geldes aufgrund eines ungünstigen Eurokurses verloren haben, sollen bis Ende Oktober eine Ausgleichzahlung erhalten.

Personen, die das 16. Lebensjahr nicht überschritten haben und auf dem Gebiet Polens als Zwangsarbeiter beschäftigt waren, können lediglich 1 000 Zloty (etwa 250 Euro) als Entschädigung bekommen. Warum so wenig? In allen übrigen Fällen gilt die mit den Deutschen vereinbarte Regel, dass die Zahlungen nur ehemalige Zwangsarbeiter bekommen sollen, die auf dem Gebiet des Dritten Reiches eingesetzt waren. Das Geld für ehemalige Zwangsarbeiter, die auf dem Gebiet Polens beschäftigt waren, stammt nämlich aus den eigenen Mittel der polnischen Stiftung. Es wird geschätzt, dass es sich dabei um 80 000 bis 100 000 Personen handelt. (Sta)