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Mit Nanotechnik durch den Winter

16. November 2010

Eine von vielen lästigen Beschäftigungen im Winter ist das Eiskratzen: Spaß macht es wohl kaum jemandem, in aller Frühe die Autoscheiben von Eisschichten befreien zu müssen. Doch mit dem Kratzen soll bald Schluss sein.

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Eiskratzen an der Autoscheibe (Bild: fotolia)
Bild: fotolia/LianeM

Es ist Mitte November, und die ersten Vorboten des Winters sind nach Deutschland gekommen: Die Nächte werden kalt. Jetzt dreht man die Heizungen richtig auf, holt die kuscheligen Decken aus dem Schrank und nimmt heiße Suppen und Tees zu sich. So kann man den Winter in den eigenen vier Wänden gut aushalten.

Was aber geschieht eigentlich mit dem Auto draußen vor dem Haus auf der Straße? Es wird in der Regel winterfest gemacht. Das heißt: Es bekommt Winterreifen und Unterbodenschutz, außerdem wird das Scheibenwasser mit Frostschutzmittel versetzt. Dennoch: Morgens ist das Auto eiskalt, von innen und von außen. Dann muss man bei Minusgraden um das Auto herumwandern und die Scheiben erst einmal freikratzen. Im vergangenen Winter war es in ganz Deutschland so kalt, dass die Eisschichten auf den Windschutzscheiben zum Teil mehrere Millimeter dick waren. Und das ging über Wochen so.

Kristalle gegen Eiskristalle

Damit soll jetzt Schluss sein. Das Zauberwort heißt: Nanotechnik. Forscher am Fraunhofer Institut für Schicht- und Oberflächentechnik in Braunschweig (IST) haben ein neues Verfahren entwickelt. Mit dem können sie transparente, leitfähige - und somit heizbare - Schichten herstellen, die außerdem niedrig emittierend sind; das bedeutet: Diese Schichten aus hauchdünnen Nanokristallen sorgen dafür, dass die Scheibe viel langsamer abkühlt als herkömmliches Autoglas. So kann sich kein Kondenswasser bilden. Die Scheibe bleibt trocken - und trockene Scheiben können nicht vereisen.

Eine transparente und heizbare Schicht aus Indiumzinnoxid umgibt dieses Glasrohr von BASF (Foto: Fraunhofer IST)
Eine transparente und heizbare Schicht aus Indiumzinnoxid umgibt dieses Glasrohr von BASFBild: Fraunhofer IST

Weniger als ein Hundertstel Millimeter dick ist die Schicht aus Indiumzinnoxid. Und dabei ist sie extrem stabil, sagt Dr. Bernd Szyszka vom IST. "Temperaturen bis 900 Grad Celsius sind kein Problem, und selbst wenn man sie stark verbiegt – die Schicht bleibt wie sie ist."

Das Indiumzinnoxid ist sehr leitfähig. Zum Einsatz kommt es unter anderem bei LED-Flachbildschirmen oder Bildsensoren. Auch Solarzellen werden damit versehen. Es reflektiert Infrarotstrahlen und wird deshalb auch schon seit längerem als Wärmeschutz für Glasfenster eingesetzt.

Navi und Handy werden gestört

Zehn Jahre lang haben die Wissenschaftler daran getüftelt, diesen Effekt auch für die Autoindustrie nutzbar zu machen. Denn die Prototypen hatten einen für Autofahrer erheblichen Nachteil: Die Folie verhinderte einen reinen Handyempfang im Auto - auch die Navigationssysteme versagten, weil die winzigen Kristalle an der Scheibe das GPS-Signal empfindlich störten.

Auch die neue Folie ist noch nicht perfekt. Doch die Fraunhofer-Forscher sind zuversichtlich, dass die Technik in gut drei Jahren serienreif ist. Und da steht auch schon ein großer deutscher Autobauer in den Startlöchern: Der Volkswagenkonzern beteiligt sich nämlich maßgeblich an den Forschungen und wird als erster seine Autos mit diesen neuen Scheiben versehen. Dann wird es zumindest für die Fahrer von VW, Audi und Skoda in absehbarer Zeit heißen: Das winterliche Eiskratzen ist Geschichte.

Autorin: Silke Wünsch

Redaktion: Dеnnis Stutе