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Weltverkehrsforum Leipzig

27. Mai 2010

Weltweit wachsende Verkehrsströme und Emissionen - in Leipzig tagt das Weltverkehrsforum. 900 Experten aus mehr als 50 Ländern beraten über die Zukunft von Mobilität und Transportwesen.

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Das Logo des Internationalen Transport Forums (ITF) (Foto: dpa)
Umdenken in der Transportbranche gefordertBild: picture alliance/dpa

Bevölkerungswachstum, zunehmende Verstädterung und steigende Einkommen werden die globale Nachfrage nach Transportangeboten stark steigen lassen und weltweit enormen Druck auf die vorhandenen Verkehrssysteme ausüben. Das ist eine der zentralen Aussagen der Studie "Transport Outlook 2010", die auf dem Weltverkehrsforum der OECD in Leipzig vorgestellt wurde. Die Forscher gehen davon aus, dass die Kapazitäten kaum mit der steigenden Nachfrage werden mithalten können.

Touristen fahren mit Selbstbalance-Rollern, Segways (Foto: dpa)
Mit Segways umweltfreundlich fortbewegenBild: picture-alliance / dpa

Dass das Weltverkehrsforum in Leipzig tagt, ist an vielen Orten der Stadt zu sehen. Zwischen Gewandhaus und Oper sind rund um einen großen Springbrunnen drei lange Hybridbusse geparkt, die von Passanten neugierig bestaunt werden. Das Thema Elektromobilität wird hier aber auch mit sogenannten Segways demonstriert, das sind einachsige Motorroller, auf denen der Fahrer zwischen zwei nebeneinander angeordneten Rädern auf einer Plattform steht und sich an einer Lenkstange festhält. Wer das tut, bewegt sich klimafreundlich, schont die Umwelt. Ganz im Gegensatz zu Auto oder Bus.

Köhler: Prognosen sind beängstigend

Schon jetzt gehen rund 13 Prozent der CO2-Emissionen auf das Konto des Verkehrs. Weltweit wird sich bis zum Jahr 2050 die Zahl der Autos noch verdreifachen und auch der Luftverkehr, gemessen an der Zahl der Passagiere, um das Dreifache zunehmen. Für Bundespräsident Horst Köhler, der auf dem Weltverkehrsforum eine Grundsatzrede hielt, ist das ein erschreckendes Szenario: "Wenn sie die Prognosen für das Verkehrsaufkommen nehmen, dann kann einem Angst und Bange werden", so Köhler, "weil wir ja Wachstum wollen und Wachstum brauchen in den Schwellenländern und den armen Ländern. Aber wir können dieses Wachstum nicht mehr zum Wohle unseres Planeten und der Menschen genießen, wenn wir es nicht entkoppeln von Rohstoff- und Umweltbelastung."

Bundespräsident Horst Köhler auf dem Weltverkehrsforum in Leipzig (Foto: Weltverkehrsforum)
Der Bundespräsident fordert radikales UmdenkenBild: Weltverkehrsforum

Die negativen Folgen des Wachstums sind schon jetzt in den Megacitys dieser Welt zu sehen. Lärm, Müll, ewige Staus, eine einzige Verschwendung von Ressourcen. Köhler fordert ein radikales Umdenken, ein anderes Mobilitätskonzept. Die Menschen müssten sich die Frage stellen, was genau von der mobilen Lebensweise erhaltenswert sei und was nicht und was Mobilität eigentlich koste. Die Kosten der Umweltbelastung durch den Transportsektor gehören für Köhler unbedingt dazu. Es könne nicht sein, dass es für die Industrie billiger sei, Krabben in der Nordsee zu fangen und in Marokko verarbeiten zu lassen oder Ferkel von Deutschland in andere europäische Länder und weit darüber hinaus zu transportieren, um sie Monate später als Schinken nach Deutschland zurückzubringen. Wer Menschen oder Waren befördere, so der Bundespräsident, der müsse dafür bezahlen: "Er zahlt aber wenig bis gar nicht für Luftverschmutzung, Lärmbelästigung, Gesundheitskosten, Umwelt- und Klimaschäden."

Abhängigkeit von fossilen Energieträgern überwinden

Bertrand Piccard ,Schweizer Solar-Flugpionier, bei einem Vortrag auf dem Weltverkehrsforum (Foto: Weltverkehrsforum)
Solar-Flugpionier Piccard: die Wirtschaft ist untätigBild: ITF

Das muss sich ändern, sagt der Bundespräsident und fordert gleichzeitig, alle Verkehrsträger gleichzustellen. Die Steuerbefreiung von Kerosin und Schiffstreibstoff müsse abgeschafft werden. Köhler nennt das Kostenwahrheit. Der dadurch befeuerte Wettbewerb sei zwar nicht bequem, aber er biete Chancen auf Innovationen, wie zum Beispiel leichte Container für die Luftfahrt, hybride Antriebssysteme auch für Lastwagen und Stau vermeidende Leitsysteme. Und: Kostenwahrheit lasse sich durch politische Entscheidungen auch erzwingen. Damit spricht der Bundespräsident einem prominenten Teilnehmer des Weltverkehrsforums aus der Seele. Bertrand Piccard, Schweizer Unternehmer und Abenteurer, der mit einem Solarflugzeug ohne Treibstoff die Welt umrunden will, um zu zeigen, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern überwunden werden kann. "Die Regierungen müssen der Industrie jetzt Limits für die Einsparung von Energie und CO2 vorgeben", sagt Piccard. Die Industrie sei clever genug. Sie könne frei entscheiden, mit welchen technologischen Möglichkeiten das zu erreichen sei.

Einheitliche Messverfahren für Luftbelastung

Es wird nicht einfach sein, Mobilität für alle Menschen auf der Welt und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen, das ist aus allen Diskussionsrunden auf dem Weltverkehrsforum herauszuhören. Noch mangelt es vor allem auch am Willen zur internationalen Zusammenarbeit. Wie wichtig die ist, hat in den vergangenen Wochen der Vulkanausbruch auf Island gezeigt. Die fehlende Abstimmung bei den national erlassenen Flugverboten führte zum Chaos. Deutschland setzt sich nun dafür ein, dass bis September weltweit einheitliche Messverfahren und Grenzwerte für die Luftbelastung durch Asche erarbeitet werden.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Monika Lohmüller