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Bildung für nachhaltige Entwicklung

Gaby Reucher30. September 2014

Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist in der Gesellschaft angekommen. 450 Experten aus Bildung und Politik haben das bei der Abschlusskonferenz zur UN-Dekade gefeiert und Ziele für die Zukunft erarbeitet.

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Symbolbild Crossing Cultures Globalisierung
Bild: Fotolia/DragonImages

Kürbiseintopf und Linsensalat, Kartoffelpuffer und Kräuterquark: Alles biologisch angebaut aus der Region und zubereitet für das Mittagessen bei der nationalen Abschlusskonferenz zur UN-Dekade "Bildung für Nachhaltige Entwicklung" in Bonn. Die Veranstalter gehen mit gutem Beispiel voran. "Nachhaltigkeit muss man leben. Das kann jede einzelne Einrichtung tun", sagt Gerhard de Haan, Vorsitzender des deutschen Nationalkomitees der UN-Dekade. Es reicht von der Mülltrennung über die Energieeinsparung bis hin zu umweltschonenden Baumaterialien.

Prof. Gerhard de Haan, Vorsitzender des Nationalkomitees der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung
Prof. Gerhard de HaanBild: Deutsche UNESCO-Kommssion

Nachhaltigkeit im eigenen System, an Schulen und Universitäten nicht nur zu lehren, sondern selbst zu praktizieren - das ist einer der Schwerpunkte, die für die Zeit nach der Dekade in einem Weltaktionsprogramm verankert werden sollen. "Die Dekade war der Auftakt, die Thematik in aller Breite voranzubringen. Das Weltaktionsprogramm greift gezielt Themenfelder heraus, bei denen noch etwas getan werden muss."

Mit gutem Beispiel voran gehen

193 Nationen hatten sich 2002 verpflichtet, von 2005 bis Ende 2014 das Thema Nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen der jeweiligen Bildungssysteme zu verankern. Die Idee: Nur wenn Kinder und Erwachsene lernen, nachhaltig zu handeln, kann es eine gerechte Gesellschaft mit fairem Handel in einer intakten Umwelt geben. Über 1900 Projekte hat die Deutsche UNESCO-Kommission als Beispiele guter Praxis in den letzten zehn Jahren ausgezeichnet: Jugendliche, die ihre Stadt begrünen, Schülerfirmen, die Fahrräder reparieren, Botanische Gärten, die nicht nur Pflanzenkunde betreiben, sondern Zusammenhänge erklären zwischen unserem Schokoladenkonsum und den harten Arbeitsbedingungen auf Kakaoplantagen in Lateinamerika.

Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist akzeptiert

Es ging der UNESCO nicht nur darum, ökologische Projekte zu fördern und den Umweltschutzgedanken in der Bildung zu stärken. Auch die globalen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge sollten erkennbar werden. "Biologisch-ökologische Themen werden zum Beispiel mit Fragen nach Fair-Trade und Biodiversität verbunden", so Gerhard de Haan. Dabei sind weit mehr gute Beispiele und Ideen entstanden, als Walter Hirche, Präsident der deutschen UNESCO-Kommission, je gedacht hätte. "Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist hier in der Gesellschaft angekommen und akzeptiert, aber das Thema ist noch nicht so in den Strukturen etabliert, wie wir uns das gewünscht hätten." Wie man in Zukunft von vielen guten Projekten zu festen Strukturen kommt, war eine der Kernfragen der nationalen Abschlusskonferenz.

Konferenz "UN-Dekade mit Wirkung" Bonn
Graphic Recording zur Konferenz von Gabriele HeinzelBild: DW/G. Reucher

Strukturen für die Zukunft entwickeln

Die Konferenzteilnehmer waren sich in vielen Punkten einig: Bildung für Nachhaltige Entwicklung soll flächendeckend in die Lehrpläne aufgenommen werden. Die Hochschulforschung im Bereich Nachhaltige Entwicklung und Nachhaltige Bildung muss stärker gefördert werden, und auch in der Berufsausbildung wird Nachhaltigkeit noch nicht ausreichend mitgedacht. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka sagte immerhin weitere finanzielle Mittel zu. Ihr Ministerium hatte die Inhalte der Dekade gemeinsam mit der UNESCO national umgesetzt. Doch das Geld soll sinnvoll verwendet werden: "Ich wünsche mir konkrete Vorschläge, die auch eine große Akzeptanz finden." Akzeptanz etwa bei der Wirtschaft, bei Wissenschaftlern, die den Fortschritt voran treiben wollen, oder auch bei den Jugendlichen.

Konferenz zum Abschluss der UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" Johanna Wanka
Bildungsministerin Johanna Wanka erklärt die RegierungsabsichtenBild: DUK/Jo Hempel

Nicht über, sondern mit Jugendlichen reden

Wie man Jugendliche stärker beteiligt, ist ein weiterer Schwerpunkte für das Weltaktionsprogramm, das im November auf der Weltkonferenz im japanischen Nagoya verabschiedet werden soll. Katrin Schramm, die einen Workshop vorbereitet hat, wie Bildung für Nachhaltige Entwicklung aus Sicht der Jugendlichen gelingen kann, hat schon einige Ergebnisse: "Man muss auf jeden Fall mit den Jugendlichen reden und nicht über sie. Das darf nicht so von oben herab vermittelt werden, indem man sagt, was alles nicht funktioniert." Dinge, die man im Alltag leicht umsetzten kann, seien da gefragt. "Man muss nicht immer gleich den Anspruch haben, die ganze Welt zu verbessern." Ann-Christine Niepelt, Studentin der Erziehungswissenschaften, findet, dass zu viel darüber gesprochen wird, wie man Jugendliche erreicht. "Auch Ältere sollten im Alltag Nachhaltigkeit üben. Auch Erwachsene müssen lernen." Eltern, die ihre Kinder mit dem Jeep ein paar hundert Meter zur Schule fahren, sind da kein gutes Beispiel.

Auf das Bewusstsein kommt es an

Der Bewusstseinswandel bewegt auch Bildungsministerin Johanna Wanka: "Wenn Sie ehrlich sind, wie viel hat man erreicht, wie stark ist Bildung für Nachhaltige Entwicklung wirklich im Bewusstsein der Bevölkerung verankert?", fragt sie. "Im theoretischen Wissen, da sind wir in Deutschland oft etwas besser, aber das eigene Handeln und die Werte, die wir daraus ableiten, das ist nicht einfach." Nur 17 Euro geben die Deutschen im Jahr pro Kopf für biologische Lebensmittel aus. "Das Problem ist, dass die gefühlte Nachhaltigkeit weiter reicht als die faktische", bestätigt Gerhard de Haan. Jeder dritte Deutsche sei dagegen, Textilien zu kaufen, die etwa durch Kinderarbeit entstünden, aber die Verkaufsumsätze zeigten das Gegenteil. Es braucht also weiterhin gute Projekte, feste Strukturen, aber einfach auch gute Vorbilder. Eine Cateringfirma etwa, die nur biologisch angebaute Produkte verwendet und diese dann auf Konferenzen serviert.

Konferenz "UN-Dekade mit Wirkung" Bonn
Katrin Schramm ist für mehr Gespräche mit JugendlichenBild: DW/G. Reucher