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Nach dem Anschlag in Stockholm

13. Dezember 2010

Mitten im Weihnachtstrubel hat sich der Attentäter im Stadtzentrum von Stockholm in die Luft gesprengt. Das löst überall Besorgnis aus - auch in Deutschland. Eine Auswahl an Pressestimmen.

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Tageszeitungen Die Welt und Frankfurter Allgemeine Zeitung und das Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
Bild: picture-alliance/dpa

Die Berliner Zeitung schreibt zu den Anschlägen in Stockholm:

"Die Schweden haben noch einmal Glück gehabt. Das Attentat kostete nur den Täter selbst das Leben. Doch es erinnert daran, dass es keine vor Terror gefeiten Inseln mehr gibt. Auch im anscheinend heilen Skandinavien leben Fantasten, deren verschrobene Ideologie vor der Ermordung schuldloser Mitmenschen nicht zurückschreckt."

Die Süddeutsche Zeitung setzt sich mit dem Anschlag in Stockholm folgendermaßen auseinander:

"Nicht die Nachricht vom missglückten Terroranschlag in Stockholm erschreckt, sondern die Beiläufigkeit, mit der diese Ereignisse inzwischen entgegengenommen werden. Der islamistische Terror ist offenbar zum stillen Teilhaber im Leben auch vieler Europäer geworden. Am Samstag explodieren zwei Bomben, ein Mensch sprengt sich für seine Überzeugung selbst ein Loch in den Bauch. Und am Sonntag wird weiter eingekauft, die Weihnachtsmärkte sind gut besucht, das Leben geht weiter."

Das Hamburger Abendblatt berichtet:

"Das reiche und liberale Schweden hat nicht nur wohlmeinende Immigranten angezogen. Die Bomben von Stockholm sind damit ein Anschlag auf uns alle. Mag sein, dass der Attentäter allein, ohne Verbindung zu Terrorgruppen, gehandelt hat. Eine Beruhigung wäre dies nicht. Das Phänomen des im eigenen Lande aufgewachsenen fanatisierten Einzeltäters gilt inzwischen als besonders gefährlich, denn diese Terroristen verraten sich nicht im Vorfeld ihrer Taten durch Kommunikation mit anderen Mitgliedern eines Netzes."

Die Berliner Morgenpost lernt aus den Anschlägen in Stockholm:

"Aus jedem Anschlag gilt es neue Lehren zu ziehen. Der von Stockholm lehrt zumindest Dreifaches.
Erstens sind Einzeltäter wesentlich schwerer vorab zu enttarnen, weil sie kaum mit anderen kommunizieren. Das kompliziert das Aufspüren. Solche Alleingänger scheinen derzeit gefährlicher als die von al-Qaida und deren Folgegruppen zum Bomben nach West-Europa geschickten Heilige-Krieg-Killer.
Wenn zweitens - wie in Stockholm - der Täter aus der Mitte der Gesellschaft kommt, müssen alle Möglichkeiten aktiviert werden, die islamischen Vereinigungen im Lande von der Notwendigkeit des gemeinsamen Anti-Terror-Kampfes zu überzeugen. Das heißt auch, dass überzeugender als bisher in den Moscheen dieses Landes verkündet und dafür geworben werden muss, dass islamistischer Terror keine Rechtfertigung hat. Weil er im Widerspruch zum Islam steht. Und weil Muslime selbst als potenzielle Opfer in ebenso großer Gefahr leben wie ihre vermeintlich 'ungläubigen' Mitbürger.
Drittens haben die Opponenten innerhalb der Bundesregierung wie die Opposition im Parlament endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass die Terror-Ausbildungscamps keine Abenteuerspielplätze sind, sondern Lehrwerkstätten zum Morden. Wer sich, wie der Attentäter von Stockholm, in einem solchen Lager zum Dschihad-Krieger trimmen lässt, darf das nicht länger juristisch folgenlos tun. Eine solche Ausbildung ist in Deutschland endlich unter Strafe zu stellen. Stockholm gibt neuen Anlass zu Wachsamkeit und weiterem Lernen. Nicht zu Angst."

Die Neue Osnabrücker Zeitung meint:

"Der Anschlag in Stockholm bestätigt, was zu befürchten war: Europäische Metropolen sind selbst dann nicht sicher, wenn sie in vermeintlich friedliebenden Ländern liegen. Einige Karikaturen und wenige Hundert schwedische Soldaten in Afghanistan reichten dem Fanatiker allem Anschein nach, um in der Innenstadt erst ein Auto und dann sich selbst in die Luft zu sprengen. Der Vorfall bestätigt aber ebenfalls, dass es irreal ist zu glauben, mit einem Maximum an Gesetzgebung und Überwachung jedes Terrorrisiko ausschließen zu können. Für Deutschland gilt das auch."

Redaktion: Nicole Scherschun