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Muss Facebook um seine Einnahmen fürchten?

Arthur Sullivan dk
30. März 2018

"Schnell bewegen , Dinge aufbrechen" - eines von Facebooks Firmenmottos. Auf den Skandal um veruntreute Kundendaten scheint das genau zuzutreffen - aus Usersicht. Was wird aus dem Gechäftsmodell?

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Mark Zuckerberg Facebook
Bild: Imago/Zumapress/J. Arriens

Der jüngste Datenskandal bei Facebook könnte die Firma noch teuer zu stehen kommen. Sensible Daten von rund 50 Millionen Nutzerkonten waren weitergegeben worden, um mit ihrer Hilfe Algorithmen zu erstellen, mit denen Wählerverhalten manipuliert werden konnten. "Das war ein ernsthafter Vertrauensbruch und es tut mir wirklich leid, dass das geschehen ist, entschuldigte sich Facebook Chef und -gründer Mark Zuckerberg.

Der Druck auf Facebook wurde plötzlich so stark, dass Werbetreibende, die bis dahin treu und fest zu Facebook gestanden hatten, damit drohten, sich von der Plattform zurückzuziehen. Sowohl die deutsche Commerzbank als auch die Internet-Software-Firma Mozilla gaben bekannt, ihre Reklame auf Facebook auszusetzen, während ISBA, eine Gruppe, die rund 3000 britische Werbetreibende vertritt, schwerwiegende Bedenken äußerte.

Facebook hat sofort versprochen, von seinen Fehlern lernen zu wollen und kündigte Änderungen an, mit denen Datenschutzeinstellungen transparenter gestaltet werden können. Wird das ausreichen, um die Reklamekunden bei der Stange zu halten? Oder könnten diese Kunden, immerhin die Hauptfinanziers des Facebook-Geschäftsmodells, ihre Sachen woanders bewerben?

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Facebook ist wichtig für Werbetreibende und gleichzeitig ist Reklame wichtig für Facebook. Das Unternehmen hat 2017 rund 32,5 Milliarden Euro an Reklamegeldern eingenommen - das war eine Steigerung von 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Bei geschätzt etwa zwei Milliarden Usern - das wäre mehr als jeder vierte (!) Mensch - ist es kein Wunder, dass ungefähr 70 Millionen Werbetreibende Facebook nutzen. Sie tun das deswegen so gerne, weil Facebook ihnen den Zugang zu höchst ausdifferenzierten potentiellen Kundenkreisen ermöglicht - basierend auf einem unübersehbar großen Fundus von Daten, die Facebook von seinen Kunden erhebt.

Mit scharfen Saucen auf Facebook unterwegs

Jonathan O'Reilly gehört ein Geschäft für scharfe Saucen und er betreibt ein kleines Restaurant im Berliner Stadtteil Neukölln. Weil dessen Speisekarte sich öfter mal ändert, zahlt er wöchentlich 35 Euro dafür, auf Facebook Werbung schalten zu dürfen. Mehr Reklame macht er nicht.

Obwohl er durchaus moralische Bedenken wegen der Datenweitergabe durch Facebook habe, erkennt er den Wert der Facebook Reklame besonders für sein Geschäft: Gerade die Fähigkeit, ganz bestimmte Kunden ganz gezielt ansprechen zu können, spräche eben für Facebook.

Er suche nach Postleitzahlen und dem Alter potentieller Kunden, erzählt er DW und schaue außerdem danach, ob sie sich für Dinge interessieren, die irgendwie mit seinem Geschäft zu tun haben. Das funktioniere ganz prima. Einmal konnte seine Werbung aus irgendeinem Grund nicht ausgespielt werden, und das habe sich sehr deutlich negativ auf das Geschäft an jenem Wochenende ausgewirkt.

Menschen mit Marken verbinden

Jascha Kaykas-Wolf ist Chief Marketing Officer vom Mozilla und muss dafür sorgen, dass seine Firma das Mögliche aus jedem Reklamedollar herauspressen kann. Ungeachtet der Tatsache, dass seine Firma ihre Reklame auf Facebook ausgesetzt hat, sei das Netzwerk, so Jascha Kaykas-Wolf zur DW, eine sehr effektive Reklameplattform:

"Facebook ist für Mozilla in den vergangenen Jahren sehr nützlich gewesen. Es gehört tatsächlich zu den fünf erfolgreichsten Kanälen, mit denen wir zusammenarbeiten." Mozilla gibt jeden zehnten seiner Reklame-Dollars für Werbung bei Facebook aus.

Dr. Oetker, ein deutscher Lebensmittelkonzern, löschte nach Bekanntwerden des Datenlecks seine Facebook-Seite für einen kurzen Zeitraum. Der DW teilte das Unternehmen aber mit, dass es nicht auf die Facebook-Reklame angewiesen sei. Allerdings sei das soziale Netzwerk interessant, wenn es darum gehe, 'content marketing' zu betreiben.

Solange die User bei der Stange bleiben …

Es bleiben also zwei fundamentale Tatsachen, die Facebooks Erfolg als Werbeplattform begründen: Die Zahl der User und die Menge der Daten, die sie von sich preisgeben. Solange sich daran nichts ändert, werden Werbetreibende Facebook nicht den Rücken kehren.

Wenn er sich entschlösse, aus moralischen Gründen nicht mehr auf Facebook zu werben und das Restaurant bliebe am Wochenende leer, überlegt Saucenmacher und Restaurantbetreiber  Jonathan O'Reilly, würde ihn der Chef fragen: "Was geht denn hier schief?" Wenn er dann von den moralischen Vorbehalten erführe, würde der Chef sicher antworten: "Schalte die Werbung wieder frei. Ich muss Geld verdienen!"

Sollten die beiden "Selling-Points", die Facebook für seinen Erfolg als Werbeplattform geltend machen kann, nicht mehr zählen (etwa weil viele User abwanderten oder es eine gesetzliche Regulierung des Datengebrauchs durch Facebook geben sollte), dann würden Werbetreibende ihr Geld genauso schnell von Facebook wieder abziehen, wie sie es vorher eingebracht hatten.