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Mugabe hat noch immer Befreier-Bonus

Rafael Heiling24. Juni 2005

Unnachgiebig geht Simbabwes Miliz gegen Elendsviertel in den Großstädten vor – 100.000 Menschen wurden obdachlos. Unter Diktator Robert Mugabe rutscht das Land in den Abgrund, doch in Afrika regt sich kaum Protest.

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Der Diktator lässt Slums rigoros abreißen - die Nachbarländer sagen nichtsBild: AP

Die simbabwischen Polizisten und Milizen sollen offiziell gegen Schwarzmarkthändler und illegale Siedler vorgehen. Deshalb haben Polizisten und Soldaten in den vergangenen Wochen die Elendsviertel von Harare, Bulawayo und Mutare radikal abgerissen und die Einwohner mit Tränengas und Schlagstöcken aufs Land vertrieben. 30.000 wurden festgenommen. Nach Angaben von Entwicklungshelfern stehen nun mehr als 200.000 Menschen ohne Wohnung da, oft hätten sie nicht mal ihre Habe retten können. Die Oppositionspartei "Bewegung für demokratischen Wandel" (MDC) wertet die Säuberungsaktionen als Angriff auf ihre Anhänger.

Nur zur falschen Zeit?

Die MDC hat ihre Wähler hauptsächlich in den Städten. "Auf dem Land wird es schwieriger für sie, sich zu organisieren, und Mugabe kann sie leichter unter Kontrolle halten", erklärt Dr. Stefan Mair, Afrika-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Simbabwe Vertreibung Elendsviertel Harare
Eine von Polizei und Milizen zerstörte Hütte in RuwaBild: AP

Dagegen sagt Dr. Goswin Baumhögger vom Institut für Afrika-Kunde in Hamburg, die Aktion sei weniger ein Druckmittel gegen die Opposition, sondern im Kampf gegen Kriminalität schon länger geplant gewesen – nur der Zeitpunkt sei völlig falsch: "Die Aktion ist Schwachsinn. Viele von den kleinen Händlern sind darauf angewiesen, in diesen schlechten Zeiten ein paar Früchte verkaufen zu können."

Ruinierte Wirtschaft

Wirtschaftlich ist das südafrikanische Land nicht mehr existenzfähig. Der Grund: eine Mischung aus politischen Fehlern und einer extremen Dürre. Simbabwe verfügt über Goldvorkommen und hat auch von der Landwirtschaft gelebt, speziell vom Tabak-Export. Doch nun liegt der Agrarsektor am Boden, es gibt keine Devisen, um neues Saatgut zu kaufen, die Inflationsrate ist dreistellig. Ungeachtet der Lebensmittelknappheit hat die Regierung den Vertriebenen verboten, Gemüsegärten anzulegen.

EU-Sanktionen und UN-Gesandte

Simbabwe Vertreibung Elendsviertel Harare
Robert Mugabe bezeichnet den Slum-Abriss als Säuberungsaktion, die Opposition wertet sie als Angriff auf ihre AnhängerBild: AP

Die Europäische Union hat im Jahr 2002 Sanktionen gegen Simbabwe verhängt: Mitglieder der Führungsriege dürfen nicht in die EU einreisen, auch ein Waffenembargo gehört dazu. Anna Kajumulo Tibaijuka aus Tansania soll als Sondergesandte der UNO die Vertreibungsaktionen untersuchen; die simbabwische Regierung hat zugestimmt. Davon versprechen sich beide Experten aber keine politischen Konsequenzen.

Der Druckmacher hält still

Mugabe
Der simbabwische Präsident Robert MugabeBild: AP

Bei den afrikanischen Staaten regt sich ohnehin kein Protest gegen Mugabe. "Es gibt Länder, die seinem, Regime sehr kritisch gegenüberstehen", sagt Mair. "Aber die halten sich zurück" – auch Südafrika, das laut Mair als einziges Land Druck auf Mugabe ausüben könnte. Der Diktator habe eben noch den Bonus aus der Zeit, als er Simbabwe (damals Rhodesien) vom weißen Minderheitenregime befreite und 1980 selbst an die Macht kam. Außerdem wolle Südafrikas Präsident Thabo Mbeki nicht, dass das Beispiel Simbabwe in Südafrika Schule mache und er - wie Mugabe - eine Oppositionspartei aus der Gewerkschaftsbewegung bekomme.

Morgan Tsvangirai, Oppositionsfüher der MDC Partei, Simbabwe
Morgan Tsvangirai, Anführer der Oppositionspartei MDCBild: AP

Baumhögger weist dagegen auch darauf hin, die afrikanischen Staaten seien eben näher dran und würden erkennen, dass vielleicht nicht alles so übel sei wie es von Europa gesehen werde. "Da wurden zwar mal Demonstranten festgenommen, aber nur, weil sie ihre Demonstration nicht ordnungsgemäß angemeldet hatten."

Partner nicht nur in Afrika

Robert Mugabe hat nicht nur in Afrika Rückhalt. "Er sucht Freunde, wo er sie kriegen kann", sagt Mair. Zu China bestehe eine alte Beziehung aus den Zeiten des simbabwischen Befreiungskampfes; mit dem Iran sehe Mugabe sich einig im Kampf gegen eine Vorherrschaft des Westens. Auch zu Libyen habe Mugabe noch Verbindungen.

Beide Experten halten einen Aufstand in Simbabwe für unwahrscheinlich. Auf der Oppositionspartei MDC ruhen keine großen Erwartungen: "Es gibt einen Richtungsstreit", sagt Mair. Die einen wollten einen Regimewechsel mit rein rechtsstaatlichen Mitteln, die anderen würden auf den Druck der Straße setzen. Womöglich löst die Zeit das Problem: Mugabe ist bereits 81. Kamuzu Banda (1896-1997) im benachbarten Malawi regierte allerdings noch mit 95.