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Mubarak macht neue Zugeständnisse

8. Februar 2011

In Ägypten setzen Regierung und Opposition ihr Ringen um einen Ausweg aus der Krise fort. Staatspräsident Mubarak machte weitere Zugeständnisse, mit denen ein friedlicher Machtwechsel möglich werden könnte.

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Porträt Husni Mubarak(Foto: AP)
Mubarak will Zeit gewinnenBild: AP

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hat einen Ausschuss für Verfassungsreformen einberufen. Vizepräsident Omar Suleiman erklärte am Dienstag (08.02.2011), der Ausschuss solle die Voraussetzungen für eine Präsidentschaftskandidatur lockern und die Zahl der Amtszeiten des Präsidenten begrenzen. Mubarak habe außerdem ein weiteres Komitee einberufen, das die Umsetzung der Reformen überwachen soll. Es sind die ersten konkreten Schritte des langjährigen autokratischen Präsidenten zur Umsetzung der Reformen, die während der Proteste der vergangenen zwei Wochen zugesagt wurden. Zugleich versprach Suleiman im Staatsfernsehen, dass die Regierung nicht gegen die Demonstranten vorgehen werde.

Großkundgebung geplant

Ägyptischer Vater mit Sohn auf Schulter auf Tahir-Platz in Kairo (Foto: AP)
Die Demonstranten halten an ihrer Forderung fest: Mubarak soll sofort gehenBild: AP

Auf dem Tahrir-Platz in Kairo haben sich am Vormittag wieder tausende Menschen versammelt. Viele Demonstranten hatten die Nacht in Zelten oder in Decken eingewickelt verbracht. Für den Nachmittag plant die Bewegung "Jugend des 6. April" eine Protestaktion vor dem Gebäude des staatlichen Rundfunks, das nicht weit vom Tahrir-Platz entfernt am Nil-Ufer liegt. Der Protest richte sich "gegen die staatlichen Medien, die Lügen verbreiten, um den Präsidenten zu schützen", erklärte eine Sprecherin der Bewegung. Die Demonstranten auf der Straße halten weiter an ihrer Forderung nach einem raschen Rücktritt Mubaraks fest.

Auch die islamistische Muslimbruderschaft, die am besten organisierte Oppositionskraft, verlangt den Rücktritt des seit fast 30 Jahren herrschenden Staatschefs. Andere Teile der Opposition, darunter eine Gruppe von prominenten Persönlichkeiten um den Milliardär Naguib Sawiris, sprechen sich dafür aus, dass Mubarak bis zu den nächsten regulären Präsidentschaftswahlen im September im Amt bleibt. Vor einer Woche hatte der 82-jährige Staatschef angekündigt, bei diesen Wahlen nicht mehr antreten zu wollen.

Westerwelle lehnt Einmischung des Auslands ab

Porträt Guido Westerwelle (Foto: AP)
Außenminister Westerwelle mahnt: keine EinmischungBild: AP

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach sich erneut dagegen aus, dass das Ausland die Regierungsbildung in Ägypten beeinflusst. Es sei in diesen Stunden und Tagen sehr wichtig, dass nicht der Eindruck entstehe, dass die demokratische Bewegung "eine Angelegenheit des Westens oder des Auslandes" sei, sagte Westerwelle. Sie sei eine ägyptische Angelegenheit, die vom Freiheitswillen der Ägypterinnen und Ägypter getragen werde. Dies sei auch "eine Voraussetzung für den Erfolg der Demokratie".

Europa und die USA hätten sich klar zum demokratischen Wandel bekannt und stünden an der Seite der Demokratie. Zu jedem Zeitpunkt müsse jedoch klar sein: "Wer das ägyptische Volk führt, ist Sache des ägyptischen Volkes." Werde ein anderer Eindruck erweckt, würde das die demokratische Bewegung sehr leicht schwächen. "Am Ende hätten vor allem religiöse Fundamentalisten eine Chance, oder es gäbe ein Zurück zu autokratischen Strukturen. Genau das ist es, was wir verhindern wollen." Weiter lehnte Westerwelle es erneut ab, sich an Spekulationen über einen möglichen Aufenthalt des ägyptischen Präsidenten Mubarak in Deutschland zu beteiligen. Es lägen nach wie vor keine offiziellen oder inoffiziellen Anfragen vor.

US-Regierung: Demokratischer Prozess braucht Zeit

Nach tagelangem Zögern bezog die US-Regierung erstmals deutlicher Position und sprach sich gegen einen sofortigen Rückzug Mubaraks aus. Die Umsetzung dieser zentralen Forderung der Demonstranten könne einen Rückschlag für den demokratischen Prozess bedeuten. Außenministeriumssprecher P. J. Crowley sagte am Montag in Washington, Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen seien ein schwieriges Unterfangen. Bis Ägypten freie und faire Wahlen abhalten könne, müsse noch viel getan werden. Zugleich mahnte er, dass die Gespräche zwischen Regierung und Opposition umfassender werden müssten. Es gebe immer noch Gruppen, die bei den Verhandlungen nicht vertreten seien. Crowley erklärte, Neuwahlen innerhalb der nächsten acht Monate seien machbar.

Porträt von Louise Arbour (Foto: dpa)
Louise Arbour kritisiert auch die Haltung des Westens in der VergangenheitBild: picture-alliance/ dpa

Louise Arbour: Nichts überstürzen

Derweil sprach sich die Präsidentin der Denkfabrik International Crisis Group und ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, gegen einen frühen Abgang des ägyptischen Präsidenten aus. "Selbst die, die freie und faire Wahlen fordern, wissen, dass sie nicht zu früh stattfinden sollten", sagte Arbour im Deutschlandradio Kultur. Nötig seien zunächst Verfassungsänderungen, damit wirklich alle politischen Kräfte an Wahlen teilnehmen könnten. Die USA und die EU forderte Arbour auf, den Übergang zur Demokratie zu begleiten. Sie dürften aber nicht glauben, ein innerägyptischer Prozess könne von außen gesteuert werden.

Arbour warf dem Westen vor, er habe vor allem im vergangenen Jahrzehnt eine "äußerst übertriebene Angst" gehabt, dass alle Formen von religiös-konservativen islamischen Bewegungen zwangsläufig extremistisch seien. Die ägyptischen Muslimbrüder hätten aber trotz aller Repressionen erklärt, der Gewalt abzuschwören und eine Rolle im demokratischen Prozess spielen zu wollen. Es sei allerdings "wichtig, dass sie das laut und deutlich wiederholen".

Autorin: Annamaria Sigrist (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Reinhard Kleber