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Politik

Schiitische Milizen auf Konfrontationskurs

28. Oktober 2016

Schiitische Milizen im Irak haben eine Offensive an der Grenze zur Türkei angekündigt - gegen IS-Stellungen. Amnesty International warnt vor einem Blutbad. Über eine Million Menschen säßen in Mossul in der Falle.

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Irak Anti-Terror Offensive auf Mossul
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dicenzo

Die Offensive der schiitischen Milizen richte sich gegen Stellungen der Extremistengruppe "Islamischer Staat" (IS) westlich der Großstadt Mossul, kündigte ein Sprecher der vom Iran unterstützen Milizen an. Der Vorstoß sei Teil der Offensive zur Rückeroberung von Mossul, das seit 2014 vom IS beherrscht wird. Im Visir der Milizen sei die Stadt Tal Afar.

Noch am Mittwoch hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu gewarnt, die Türkei werde geeignete Maßnahmen einleiten, sollte Tal Afar angegriffen werden. Die Türkei befürchtet, dass es zu Vertreibungskämpfen zwischen den Religionsgruppen kommt. Außerdem leben dort auch schiitische Turkmenen. Für diesen Völkerstamm fühlt sich die Regierung in Ankara verantwortlich. Bis vor der Besetzung durch sunnitische IS-Kämpfer war Tal Afar mehrheitlich von Schiiten bewohnt.

Irakischer Ort Bartella vom IS befreit. (Foto: Picture-Alliance/dpa/J. Kuhlmann)
Kurdische Milizen erhalten Ausrüstung aus Deutschland - hier im Ort Bartella östlich von MossulBild: Picture-Alliance/dpa/J. Kuhlmann

Einsatz schiitischer Milizen bei Mossul-Offensive umstritten

Die irakische Armee hat am 17. Oktober die Offensive auf Mossul gestartet. An der Seite der irakischen Armee kämpfen kurdische Peschmerga-Einheiten und schiitische Milizen. Die US-geführte Anti-IS-Koalition unterstützt sie durch Luftangriffe. Die schlagkräftigen Schiiten-Milizen sollen auch die Stadt Tal Afar zurückerobern. Die Einbeziehung der Schiiten spaltet allerdings die Anti-IS-Kräfte: Die Kurdenführung im Nordirak lehnt ihre Beteiligung ebenso ab wie die türkische Regierung.

Um die Schlagfertigkeit beibehalten zu können, forderte der Regierungschef der Kurdengebiete im Irak, Neschirwan Barsani, von den internationalen Gebern mehr Waffen für den "Krieg um Mossul". Zur Verteidigung gegen den "schier unendlichen Vorrat an Selbstmordattentätern" auf der Seite der Dschihadistenmiliz benötigten die Kurden mehr "Milan"-Panzerabwehrraketen" und mehr Munition", sagte Barsani der "Bild"-Zeitung.

Die Kurden im Nordirak seien "der deutschen Regierung sehr dankbar für die Ausstattung mit 'Milan'", dadurch seien bereits "viele Leben gerettet" worden, fügte Barsani hinzu. Seit September 2014 haben Bundeswehrsoldaten in Erbil rund 11.000 Kämpfer im Umgang mit deutschen Kriegsgerät ausgebildet.

Menschliche Schutzschilde

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ruft die Kriegsparteien im Irak eindringlich zum Schutz von Zivilisten in den Kämpfen um die Stadt Mossul auf. Viele Menschen gerieten zwischen die Fronten ins Kreuzfeuer oder würden von dem IS als Schutzschilde missbraucht, erklärte die Menschenrechtsorganisation in London. Während die irakische Armee auf Mossul vorrücke, säßen Schätzungen zufolge immer noch rund 1,5 Millionen Menschen in der Region in der Falle. Ein Blutbad müsse unbedingt vermieden werden. 

Der IS hat nach UN-Angaben nahe ihrer irakischen Hochburg Mossul am Mittwoch 232 Menschen getötet. Die Hingerichteten hätten sich geweigert, Anordnungen zu befolgen, erklärte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtskommissars in Genf. Die Extremisten hätten rund 8000 Familien und damit Zehntausende Menschen aus der Umgebung Mossuls entführt und sie in die Stadt gebracht, um sie in der Nähe von militärischen Einrichtungen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Viele von ihnen, die sich dagegen gesträubt hätten, seien auf der Stelle erschossen worden. Die entsprechenden Berichte, die die UN dazu bisher erhalten hätten, seien noch unvollständig, sagte die Sprecherin.

pab/as (afp, rtr)