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Mit "Tintenherz" und "wilden Hühnern" um die Welt

Silke Bartlick17. April 2005

Auf der "Time"-Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt stehen der Dalai Lama, Bill Gates, Kardinal Ratzinger ... und Cornelia Funke. Sie ist eine deutsche Kinderbuchautorin.

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Cornelia FunkeBild: dpa


Für Kinder zu schreiben, ist der wunderbarste Beruf der Welt, sagt Cornelia Funke. Weil Kinder so leicht zwischen die Worte schlüpfen, die man ihnen gibt, sie sich überziehen wie eine Tarnkappe, aus ihnen Türme bauen und Fenster, durch die sie klettern, und Orte betreten, die sie nie zuvor gesehen haben. Man muss ihnen nur einen Faden spinnen, einen Silberfaden aus Wörtern, und schon brechen sie auf, gehen in deiner Vorstellung spazieren, neugierig furchtlos und hungrig darauf, das Fürchten zu lernen.

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Staunen - mit Kind und Mutter

"Ich bin nun bestimmt niemand, der ständig seinen Erinnerungen aus der Kindheit nachhängt. Ich bin unglaublich froh, erwachsen zu sein", sagt die Autorin von sich. "Aber gerade deshalb weiß ich doch trotzdem, wie es sich anfühlt, Kind zu sein!" Mit Ehemann, zwei Kindern und ein paar Ponies lebt sie am Stadtrand von Hamburg. Noch. Denn demnächst wird sie nach Amerika umziehen.

Hineinversetzen ist alles

Cornelia Funke
Cornelia FunkeBild: dpa

Cornelia Funke ist Jahrgang 1958, sie macht Kinderbücher, seit sie 28 ist. Zunächst arbeitet sie als Illustratorin, aber sehr schnell hat sie begonnen, sich zu den Bildern, die sie zeichnete, eigene Geschichten auszudenken. Und so sind in den letzten 17 Jahren mehr als 40 Bücher entstanden, von denen viele preisgekrönt wurden. Sie wurden allein im deutschsprachigen Raum mehr als 3,8 Millionen Mal verkauft. Ganz unterschiedliche Bücher sind das, von kurzen Texten für Erstleser über die Alltagsabenteuer einer Truppe pubertierender Mädchen (die "Wilden Hühner") bis hin zu großen vielschichtigen Romanen, in denen sich Realität und phantastische Welten kunstvoll durchdringen.

Immer treffen diese Bücher Ton und Geschmack der jeweiligen Zielgruppe. "Als Schriftsteller sollte man ja eine Art 'Gestaltschlüpfer' sein", erklärt sie. "Das heißt, mir macht es keine Probleme, wenn ich für Erstleser schreibe, meinen siebenjährigen Sohn im Kopf zu haben." Und die "Wilden Hühner"? "Dann ist es mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel, wen ich im Kopf habe", gibt Funke zu. "Irgendwie habe ich das allergrößte Mitgefühl mit dieser Altersgruppe. Und ich gebe zu, ich muss mich nicht allzu sehr anstrengen."

International preisgekrönt

Cornelia Funke Tintenherz Coverbild
"Tintenherz"

Mit Wärme, Humor und einem Faible für ungewöhnliche Namen erfindet Cornelia Funke ihre phantasievollen Welten, Geschichten in der Tradition der von ihr verehrten englischsprachigen Autoren Dickens und Twain, die immer in einem Happy End münden. Die Probleme unseres Lebens flicht sie so kunstvoll nebensächlich hinein, dass kein junger Leser sich in ihnen verheddern kann. "Ich will oft auf Dinge aufmerksam machen, die ich selber unglaublich wunderbar finde. Zum Beispiel Venedig", denkt sie laut nach. "Oder es schleichen sich auch Sachen ein, die einen selber ständig beschäftigen. Aber zu allererst ist immer die Geschichte da."

Mit dem Roman "Herr der Diebe" gelang Cornelia Funke der internationale Durchbruch und ein sensationeller Erfolg in den USA und Großbritannien. Die Geschichte der Straßenkinder Wespe, Riccio, Mosca, Prosper und Bo, die im winterkalten Venedig in Scipio, dem "Herrn der Diebe" einen geheimnisvollen Anführer gefunden haben, hatte dem britischen Harry Potter-Verleger Barry Cunningham so gut gefallen, dass er die weltweiten englischsprachigen Buchrechte erwarb.

Die Erstauflage von 10.000 Hardcover-Exemplaren war bereits am ersten Tag vergriffen. Und die britische Zeitung "The Guardian" feierte "The Thief Lord" als "deutsches Juwel, vor dem sich englischsprachige Kinderbuchautoren verstecken müssten". 20 Wochen stand das Buch auf US-Bestseller-Listen und wurde mit den beiden wichtigsten Preisen für ausländische Autoren - dem Mildred Batcheider Award und dem BookSens Book of the Year - ausgezeichnet. Einige ihrer Romane werden von Produzenten wie Warner Brothers mit immensem Aufwand und Riesenbudget verfilmt werden.

Über den Tellerrand

Drachenstich Drachenfest Furth im Wald Drache 1953 Im Gegensatz zur Ansicht von 1952 wurde die „Drachenhaut“ verbessert und ein neuer Kopf geformt Deutsches Drachenmuseum www.drachenmuseum.de
Bild: presse

Mittlerweile ist auch Cornelia Funkes Roman "Drachenreiter" in den USA, Kanada und Australien erschienen. Es ist eine phantastisch tiefsinnige, spannende und beglückende Geschichte über die letzten Drachen dieser Welt auf der Suche nach einem sicheren Ort zum Leben. Im Oktober 2004 stand sie auf Platz 1 der "New York Times"- Bestsellerliste. "Ich müsste lügen, würde ich sagen, das mir das nicht gefallen hat. Was wünscht man sich mehr als Geschichtenerzähler, als dass man Geschichten erzählt, die in verschiedensten Kulturkreisen funktionieren?"