1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Phantom-Aktien" zu Lasten der Steuerzahler

22. November 2018

Ein neuer Steuerbetrug bei Aktiengeschäften hat das Finanzministerium aufgeschreckt. Zwar wurde das Schlupfloch hastig gestopft, doch der Schaden ist noch nicht abzusehen. Die FDP will den Ressortchef befragen.

https://p.dw.com/p/38h6V
USA, New York: FED erhöht den Leitzins
Händler an der New Yorker Wall StreetBild: picture-alliance/newscom/J. Angelillo

Der Betrugsskandal mit "Phantom-Aktien" zu Lasten der Steuerzahler bringt Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Erklärungsnot. "Wir verlangen, dass der Minister im Finanzausschuss des Bundestages umfassend darlegt, wie der Kenntnisstand seines Hauses ist", sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, der Deutschen Presse-Agentur. Eigentlich sei jetzt ein unabhängiger Sonderermittler nötig, denn schon längst habe es ein klares, betrugssicheres System für die Rückerstattung von Kapitalertragssteuern geben müssen.

Nach Recherchen des Westdeutschen Rundfunks (WDR) und der "Süddeutschen Zeitung" geht die Staatsanwaltschaft Köln einer bislang unbekannten Masche nach, mit der Banker und Aktienhändler Millionen deutscher Steuergelder ergaunert haben könnten. Konkret geht es um Geschäfte mit sogenannten American Depositary Receipts (ADR). Dies sind Papiere, die von Banken ausgestellt und in den USA stellvertretend für ausländische Aktien gehandelt werden.

Nie gezahlte Steuern erstatten lassen

Normalerweise muss jedem ADR-Papier eine echte Aktie zugrunde liegen. Großbanken und Aktienhändlern wird nun aber vorgeworfen, in den USA Millionen von ADR-Papieren herausgegeben zu haben, die nicht mit einer echten Aktie hinterlegt waren. Für den neuen Skandal wurde der Begriff "Cum-Fake" geprägt - da auf Basis von nicht existenten Aktien offenbar Steuererstattungen erzielt werden konnten.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, der Finanzexperte Fabio de Masi, sagte der dpa: "Die Enthüllungen rund um American Depositary Receipts sind eine Blamage für den Bundesfinanzminister und Kassenwart Olaf Scholz." "Cum-Fake" zeige ein eklatantes Staatsversagen "und organisierte Kriminalität von deutschen Banken bei der Erstattung von Kapitalertragssteuern". Das Bundeszentralamt für Steuern und die Finanzaufsicht BaFin müssten Erstattungen rund um den Dividendenstichtag systematisch analysieren und dafür eine starke Task Force schaffen.

Das Ministerium hat per Erlass vorsorglich ein digitalisiertes Erstattungsverfahren gestoppt, das es potentiellen Kriminellen besonders leicht gemacht haben könnte, in die Staatskasse zu greifen. Bereits durch die "Cum-Ex"-Affäre wurden Milliarden an Steuergeldern über Schlupflöcher von Großbanken gezielt abgegriffen.

rb/kle (dpa, WDR, sz.de)