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Nationale Tragödie

Alexander Freund10. Dezember 2007

Tausende Freiwillige unterstützten die Hilfskräfte im Kampf gegen den Ölschlick, der in Südkorea Umwelt und Tourismus bedroht. Mit dabei sind auch die beiden Kandidaten der Präsidentschaftswahl in zwei Wochen.

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Freiwillige kämpfen gegen das Öl (10.12.2007, Quelle: AP)
Küstenbewohner reinigen den Ölverseuchten StrandBild: AP

Wenn das Land in Not ist, braucht es einen Retter. Einen starken Mann, der die Dinge in die Hand nimmt und sagt, wo es lang geht. Dieser starke Mann will Lee Myung Bak sein. Und so reiste der konservative Favorit bei der Präsidentenwahl in Südkorea am 19. Dezember sofort an die Küste nach Mallipo, zog Blaumann und Gummistiefeln an und beteiligte sich an den Aufräumarbeiten. Einige Zeit später mischte sich dann auch sein linksgerichteter Herausforderer Chung Dong Young unter die Einsatzkräfte. Während die Regierung in Seoul noch zauderte und erst auf Druck hin den betroffenen Fischern und Anwohnern "schnelle" Hilfe versprach, erkannten die beiden Präsidentschaftskandidaten die Gunst der Stunde.

Zwei Präsidentschaftskandidaten in Blaumann und Gummistiefel

Ölverschmierter Vogel (8.12.2007, Quelle: AP)
Erst in Jahren wird sich die Natur wieder erholt haben - wenn überhauptBild: AP

Wenn es drauf ankommt, stehen die Koreaner zusammen. Ohne lange darauf zu spekulieren, was Andere eventuell leisten oder auch nicht, wird Hilfe organisiert. "Palli Palli" – "Schnell, schnell" werden alle Kräfte mobilisiert, wenn es darum geht, eine nationale Tragödie abzuwenden. Und dieses Tankerunglück vom Freitag (7.12.2007) scheint solch eine Tragödie zu werden. Denn die schwerste Ölpest in der Geschichte Südkoreas hat einen der schönsten und beliebtesten Strände des ostasiatischen Landes schwarz gefärbt. Fischer, Besitzer von Restaurants und Hotels in der Region sind verzweifelt. In dem betroffenen Gebiet liegen 181 Fischzuchtbetriebe, in denen 4.000 Menschen arbeiten. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als 20,6 Millionen Touristen das Gebiet. Schlimmer noch sind allerdings die ökologischen Folgen, denn die betroffene Region ist eines der größten Feuchtgebiete Asiens und ein wichtiger Lebensraum für Zugvögel.

Trotz tausender Helfer scheint der Kampf gegen das Öl aussichtslos (10.12.2007, Quelle: AP)
Trotz tausender Helfer scheint der Kampf gegen das Öl aussichtslosBild: AP

Gemeinsam mit den beiden Präsidentschaftskandidaten versuchten tausende Menschen am Wochenende, das nach dem Tankerunglück auf rund 40 Kilometern Länge angespülte Öl abzuschöpfen. Mit Schaufeln, Eimern und sogar Kehrblechen sammelten sie den Schlick auf, um die einst idyllischen Strände zu säubern. Rund 8.800 Menschen, darunter Anwohner, Angehörige der Küstenwacht, Polizisten und Soldaten, waren am Strand von Mallipo an der südkoreanischen Westküste im Einsatz. Viele der freiwilligen Helfer kämpften dabei auch mit Brechreiz und Kopfschmerzen, die von den Öldämpfen verursacht wurden.

Nur ein Bruchteil der Schlacke wurde geborgen

Auf dem Meer versuchten 105 Schiffe, das Wasser vom Öl zu säubern. Am Freitag war der Supertanker "Hebei Spirit" von einem Schleppkahn gerammt worden, doch erst am Sonntag gelang es den Bergungsmannschaften, das letzte der drei Löcher im Rumpf des in Hongkong registrierten Tankers abzudichten. Bis Sonntagabend konnten die Einsatzkräfte nach Angaben der Küstenwacht rund 170 Tonnen Öl bergen. Gut 900 Tonnen der schwarzen Schlacke konnten zusätzlich von speziellen Matten entlang des Strandes aufgesaugt werden. Doch insgesamt liefen rund 10.000 Tonnen Rohöl aus dem Tanker aus. Das war doppelt so viel wie bei der bislang schwersten Ölpest in Südkorea vor zwölf Jahren.

Millionensummen sollen Bevölkerung besänftigen

Ein Schiff der Küstenwache versprüht Spezialflüssigkeit um die Ausbreitung des Öls zu einzudämmen (7.12.2007, Quelle: AP)
Die Ölkatastrophe nimmt gravierende Ausmaße anBild: AP

Zu Wochenbeginn erstreckte sich der Ölteppich auf dem Gelben Meer auf einer Länge von 150 Kilometern. Die Regierung in Seoul erwägt, das Küstengebiet etwa 120 Kilometer südlich der Hauptstadt zur "Sonderkatastrophenzone" zu erklären, bislang gilt nur eine erste Katastrophenstufe. Durch die Ausrufung der "Sonderkatastrophenzone" versucht die Regierung nach alter Manier die Gunst der Bevölkerung zurückzukaufen, denn damit würden Anwohner und Industrie schneller staatliche Hilfsgelder in Millionenhöhe erhalten.

Angesichts der großen Mengen von Ölschlick könnten die Reinigungsarbeiten nach Einschätzung des See- und Fischereiministers Kang Moo Hyun trotzdem "mindestens zwei Monate" dauern. Bis dahin wird Südkorea einen neuen Präsidenten haben und wer das sein wird, entscheidet sich derzeit auch am ölverschmierten Stand von Mallipo.