1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Dünger gegen Wüste

Jutta Schwengsbier16. Juni 2008

Die Wüste wächst - durch Klimaänderung und Kahlschlag, Überweidung oder ungeeignete landwirtschaftliche Anbaumethoden. Afrika ist besonders stark betroffen. Doch oft ist es möglich, mit wenig Aufwand dagegen vorzugehen.

https://p.dw.com/p/EKbV
Nomaden ziehen an einer toten Ziege vorbei (Quelle: DPA)
Rund ein Drittel der Lanndoberfläche auf der Welt ist Wüste oder von Wüstenbildung bedrohtBild: dpa

Wenige Autostunden von Sudans Hauptstadt Khartum gegen Süden, im Länderdreieck zwischen Blauem und Weißem Nil, liegt die Gezira. Sandpfade führen zu Dörfern mit kleinen Lehmhütten.

Die Gezira ist eine der fruchtbarsten Regionen des Sudan, mit rund einer Million Hektar Anbaufläche. Hier entstand in der Kolonialzeit eines der größten Bewässerungssysteme der Welt. Ab 1920 hatten die britischen Besatzer die sehr wasserintensive Baumwollproduktion im Sudan forciert, die zu der Zeit eine entscheidende Rolle in der englischen Industrialisierung spielte.

Erosion durch Wind und Wasser

Dünen (Quelle: Paco Feria/Das Fotoarchiv)
Über 135 Millionen Menschen könnten durch Wüstenbildung aus ihrer Heimat vertrieben werdenBild: Paco Feria/Das Fotoarchiv

"Die Engländer führten in den 1920er Jahren eine Art Kataster ein, und alles Land, das nicht als privates Land deklariert worden ist, fiel automatisch der britischen Krone zu", erläutert die Geologin Mariam Akthar Schuster, die im Sudan lange die Ursachen und Folgen von Landerosion und Wüstenbildung untersucht hat. So sei das Land auf eine sehr diplomatische Art und Weise enteignet worden.

Neben Klimaveränderungen und immer wiederkehrenden Dürren hat im Sudan staatlich organisierter Landraub zu Konflikten und ausgelaugten Böden geführt. Seit 1968 wird im Sudan die großflächige mechanisierte Landwirtschaft vorangetrieben. Dadurch wurden riesige Landflächen der Wind- und Wassererosion ausgeliefert. Reich geworden sind nur einige wenige Großgrundbesitzer. Sie dringen mit Gewalt in immer neue Gebiete vor. Doch es gibt auch positive Beispiele in Afrika.

Trendwende in Nairobi

Beim Flug von Khartum über den Südsudan bis in die kenianische Hauptstadt Nairobi wechselt die Farbe des Bodens zwischen hellen und dunklen Brauntönen der Wüsten und Savannen hin bis zum satten Grün. Nairobi liegt auf einem Hochplateau mit gemäßigtem, mildem Klima. Zwischen Wohnburgen mit hohen Festungsmauern und Wachpersonal für die reicheren Bewohner liegen dicht gedrängte Elendsquartiere mit Holz- und Wellblechhütten. Nairobi – eine aufsteigende afrikanische Metropole, die aus allen Nähten platzt. Mit der Urbanisierung habe für einige Bauern der Region eine Trendwende begonnen, berichtet der Agrarwissenschaftler Mark Winslow.

Höhere Einkommen und besserer Boden

Skyline von Nairobi (Quelle: DW/Maja Dreyer)
Metropole Nairobi: Alles hat sich geändert, als die Stadt zu wachsen begannBild: picture alliance/dpa

Winslow arbeitet für ein multinationales Konsortium, das sich mit dem Zusammenhang von Wüstenbildung, Dürre, Armut und Landwirtschaft beschäftigt. Eines der besten Beispiele sei Machakos in Kenia, südöstlich von Nairobi, erzählt er. "Eine sehr trockene Region, in der das Land völlig ausgelaugt war, weil ohne Dünger und ohne Schutz vor Erosion angebaut wurde".

Alles habe sich geändert, als die Stadt Nairobi zu wachsen begann. Die Leute hätten selbst bemerkt, dass sie viel Gemüse und Früchte verkaufen können. "Sie haben begonnen zu investieren, haben Bäume gepflanzt, haben Terrassen gebaut, um zu verhindern, dass der Boden weiter ausgewaschen wird", berichtet Winslow. Dadurch sei ihr Einkommen angestiegen und die Bodenqualität habe sich deutlich gebessert.

Mit nur wenig Dünger 50 Prozent mehr Ernte

Im Niger geht die Wüste Sahara in die Sahelzone über, in der Landwirtschaft gerade wieder möglich ist. Das Land gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, und seine Bevölkerung ist von regelmäßig wiederkehrenden Dürren und Hungersnöten existenziell bedroht. Mit geeigneten Anbaumethoden könnte das Ernährungsproblem des Niger jedoch gelöst werden, meint Agrarexperte Winslow.

"Wenn sie die geringe Vegetation in den Wüstengebieten sehen, denken sie, das liegt an der Dürre. Das stimmt aber nicht. Es ist wegen der geringen Fruchtbarkeit des Bodens." Es sei, als ob die Pflanzen verhungerten, sagt Winslow. Dünger sei zwar sehr teuer, reiche hier aber in geringen Mengen, um das Problem zu lösen. Die Wurzeln würden besser wachsen und mehr Wasser einfangen. Dadurch könnten die Pflanzen dann auch die Nährstoffe des Bodens besser ausnutzen. "Mit nur wenig Dünger hätten sie eine Initialzündung des Systems und könnten die Ernte um 50 oder mehr Prozent steigern".

Armutsbekämpfung ist der Schlüssel

Viele Straßen in Afrika sind kaum mehr als ein löchriger Rüttelparcours. Durch hohe Transportkosten ist Dünger hier drei Mal so teuer wie in Europa - sofern Dünger überhaupt zur Anbauzeit zu erhalten ist, erläutert Mark Winslow. Statt Millionensummen in Schutzzäune zu investieren, die Elendsflüchtlinge von den reichen Industriestaaten fernhalten sollen, wären Gelder für Wiederaufforstungsprogramme, verbesserte Infrastruktur und Lagerhaltung viel sinnvoller angelegt. Alle Experten sind sich einig: Die wirksamste Bekämpfung der Wüstenbildung ist die Armutsbekämpfung und die Förderung der ländlichen Entwicklung.