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Millionen für den Müll

Klaus Ulrich mit dpa
31. März 2017

Neue Regeln für die Entsorgung von Müll sollen das Recycling in Deutschland stärken. Für die Bürger könnte das teuer werden. Nach jahrelangem Hin und Her hat der Bundestag über ein Verpackungsgesetz abgestimmt.

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Deutschland - Streit um Mülltonnen
Bild: picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Durch verschiedene Maßnahmen wie eine Ausweitung der Pfandpflicht und eine Förderung von Mehrwegverpackungen soll in Deutschland mehr Abfall recycelt werden als bisher. Dieses Ziel verfolgt das neue Verpackungsgesetz, das vom Bundestag verabschiedet wurde. Ob das Maßnahmenbündel tatsächlich zu einem verstärkten Recycling führt, wird von der Opposition allerdings bezweifelt.

Es war 2011, als die Bundesregierung das Ende der Gelben Tonnen und Säcke ins Auge fasste. Bundesweit sollte es Wertstofftonnen geben, in denen neben Verpackungsmüll auch andere Wertstoffe und Plastikabfälle landen dürfen. Gut fünfeinhalb Jahre später gibt es in manchen Kommunen solche Orange Tonnen, in anderen nicht. Und das wird sich auch durch das neue Verpackungsgesetz nicht sofort ändern.

Verbraucher zahlen drauf

Fest steht für Fachleute: Es wird teurer für die Verbraucher, von Kostenerhöhungen um mehrere Hundert Millionen Euro ist die Rede. Die Entsorgung der Gelben Tonnen wird zwar auch künftig nicht mit Gebühren belegt. Stattdessen müssen die steigenden Entsorgungskosten vom Handel und von den Produzenten getragen werden, die die entsprechenden Verpackungen in Umlauf bringen. Diese Kosten holen sich die Unternehmen aber letztlich über höhere Preise von den Konsumenten zurück.

Laut neuem Verpackungsgesetz finden Kunden beim Einkaufen beispielsweise bald Schilder an den Regalen, die anzeigen, wo Mehrwegflaschen stehen. Außerdem müssen sie auf einige Getränke Pfand zahlen, die bisher pfandfrei waren, nämlich Frucht- und Gemüse-Nektare mit Kohlensäure und auf Mischgetränke mit einem Molke-Anteil von mindestens 50 Prozent. An den Mülltonnen im Hof ändert sich nichts.

Streit um die Wertstofftonne

Es hängt weiterhin vom Wohnort ab, ob man eine Gelbe Tonne oder Gelbe Säcke für Verpackungsmüll hat oder eine Orange Tonne für alle Wertstoffe - je nachdem, ob Kommunen und private Unternehmen sich darauf verständigen oder nicht. Das halten Umweltschützer für den größten Fehler des Gesetzes.

Ein Streit zwischen Kommunen und Privatunternehmen, der sogenannten dualen Systeme, die Sammlung und Verwertung von Verpackungsmüll organisieren, behindert den flächendeckenden Einsatz der Orange Tonnen für Wertstoff-Abfälle. Die Wertstoff-Sammlung ist inzwischen ein gutes Geschäft, die dualen Systeme machen nach Angaben des Verbands der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) etwa eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr. Nach BDE-Angaben haben etwa zwölf bis 15 Millionen Deutsche schon jetzt eine Wertstofftonne. Da viele Städte und Gemeinden ihre Pläne in Erwartung eines Gesetzes aufgeschoben hatten, dürften es bald noch mehr werden.

Recyclingquoten erhöhen

Denn die Recyclingquoten sollen erhöht werden. Das müssen die dualen Systeme leisten. BDE-Präsident Peter Kurth rechnet mit einem "ordentlichen Schub", die Quoten seien "ebenso wichtig wie ambitioniert und für die Branche machbar". Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert dagegen, dass Recyclingquoten in der Vergangenheit leicht manipulierbar gewesen seien und sich erst zeigen müsse, ob etwa 63 Prozent für Kunststoff machbar seien. "Besser wäre es gewesen, den Produzenten vorzuschreiben, dass sie eine gewisse Quote von recyceltem Material verwenden müssen und recycelfähiges Material herstellen sollen", sagt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp.

Am 1. Januar 2019 soll das Verpackungsgesetz in Kraft treten - wenn alles glatt geht. Die große Koalition steht hinter dem Gesetz, die Opposition nicht. "Auch in Zukunft werden die Verbraucher nicht verstehen, warum man nicht auch Produkte aus Metall oder Plastik wie ein Quietsche-Entchen oder eine Bratpfanne zu den Verpackungen werfen darf", bemängelt Britta Haßelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen. Der Bundesrat muss zwar nicht zustimmen, er könnte aber ein Vermittlungsverfahren beantragen - so kurz vor Ende der Legislaturperiode wäre das heikel. Zwar gab es im Bundesrat Kritik am Gesetzentwurf, aber voraussichtlich wird es keinen Einspruch geben.