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Milde Urteile für Mörder

29. Juli 2011

Anführer einer Islamistengruppe in Indonesien sind zu mehrmonatiger Haft verurteilt worden. Im Februar 2011 haben sie Mitglieder einer religiösen Minderheit getötet. Die Staatsanwaltschaft forderte zwölf Jahre.

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Tatort Cikeusik auf der Insel Java, Indonesien. Hier starben drei Opfer bei einem Überfall (Foto: AP)
Tatort Cikeusik auf der Insel Java, Indonesien. Hier starben drei Opfer bei einem ÜberfallBild: AP

Über das Urteil, das am Donnerstag (28.07.2011) gesprochen wurde, zeigten sich sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union und zahlreiche Menschenrechtsgruppen enttäuscht. Das Gericht in Serang verurteilte zwölf Angeklagte wegen öffentlicher Unruhestiftung und Sachbeschädigung jeweils zu drei bis sechs Monaten Haft. Damit lag das Urteil weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von zwölf Jahren.

Im Februar 2011 hatte ein Lynch-Mob mit 1500 Islamisten in Cikeusik auf Java eine Ahmadiyya-Gemeinde angegriffen. Die Ahmadiyya sind eine muslimische Minderheit, die von konservativen Muslimen geächtet wird. Bei dem Übergriff starben drei Menschen, fünf weitere Menschen wurden schwer verletzt. Polizisten beobachteten den Vorfall, griffen aber nicht ein. Keiner der Täter wurde später wegen Mordes oder Totschlags angeklagt.

Internationale Kritik

Kritik am Urteil gab es auch von Seiten der Menschenrechtskommission Indonesiens. "Die Angeklagten würden nur als Mitläufer verurteilt", so der Vorsitzende der Nationalen Kommission in Indonesien Ifdhal Kasim, "deshalb sind die Urteile so mild. Das Gericht sieht sogar die Ahmadiyya-Gruppe zum Teil selbst verantwortlich, weil sie diese Gewalttaten angeblich provoziert hatten. Dies ist traurig."

Ein Angeklagter, der sein Opfer mit einem Stein den Schädel zertrümmerte, muss für drei Monate ins Gefängnis. Ein weiterer Täter wurde zu fünf Monaten verurteilt, lediglich wegen illegalen Besitzes einer Machete.

"Es wurden nur Zeugen von der Angreifergruppe oder der Polizei zur Verhandlung zugelassen", kritisiert der Anwalt der Opfer Nurkholis gegenüber DW-WORLD.DE, "Zeugen der Ahmadiyya-Gemeinde wurden nicht geladen. Der Prozess sollte anscheinend so schnell wie möglich abgeschlossen werden, noch vor dem Beginn der muslimischen Fastenzeit."

Wenig Chance auf Revision

In Indonesien leben etwa 200 Millionen Muslime (Foto: AP)
In Indonesien leben etwa 200 Millionen MuslimeBild: AP

Das indonesische Ministerium für religiöse Angelegenheiten glaubt allerdings, dass der Prozess fair und gerecht war. Es gebe zu keiner Zeit Druck oder Einflussnahme von jeglicher Außen, so ein Sprecher der Behörde. Auch sein Ministerium werde sich in die Angelegenheiten der Justiz nicht einmischen.

Ob in diesem Fall Revision zugelassen wird, bleibt zunächst unklar. Da das Strafmaß sehr gering ausgefallen ist, ist die Chance auf Erfolg relativ klein. Die Anwälte der Opfer und die Staatsanwaltschaft versuchen trotzdem, den Fall vor ein höheres Gericht zu bringen.

Die Ahmadiyya sind eine Reformbewegung innerhalb des Islam und bilden eine Minderheit in Indonesien – dem größten muslimischen Land der Welt. Sie werden immer wieder von Islamisten angegriffen. Obwohl die indonesische Verfassung Religionsfreiheit garantiert, wurde den Ahmadiyya 2008 die öffentliche Religionsausübung verboten.

Autor: Chi Viet Giang (afp/epd)
Redaktion: Hao Gui