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Mikroelektronik wird grün

13. Mai 2009

Bisher wird in der Informations- und Kommunikationsbranche sehr viel Energie verbraucht. Das will man in Dresden ändern und plant große Forschungsprojekte, die nebenbei natürlich auch den Standort sichern sollen.

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elektronisches Lesegerät von Plastic Logic (Foto: Plastic Logic)
Dieses elektronische Lesegerät soll energieeffizienter und autark werdenBild: Plastic Logic
Tageszeitungen hängen in Düsseldorf an einem Zeitungsstand (Foto: dpa)
Produktion und Vertrieb von Zeitungen frisst kaum mehr Strom als das InternetBild: picture-alliance/ dpa

11 Milliarden Kilowatt Strom wird pro Jahr benötigt, um Papier zu produzieren, Zeitungen zu drucken und zu vertreiben. Das ist so viel Energie wie alle privaten Haushalte in den fünf größten Städten Deutschlands verbrauchen oder so viel wie ein großes Kernkraftwerk herstellen kann. Wer nun meint: Kein Problem, künftig werden Zeitungen durch Online-Medien abgelöst und dann sinkt der Energieverbrauch, der täuscht sich. Denn schon jetzt verbrauchen die Computer so viel, dass es kaum einen Unterschied macht, wo man nun seine Nachrichten liest - im Internet oder auf Papier.

Bislang wenig geachtet, rückt nun - in Zeiten des Klimawandels - der Energieverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mehr in den Blickpunkt. Und das zu Recht: Zwar stoßen im Vergleich zur IKT alle Autos auf der Welt viermal so viel CO2 aus, aber der Informationsfluss schwillt an und mit ihm die Zahl der stromfressenden Geräte. Und diese Geräte haben eines gemeinsam: Sie enthalten Mikroelektronik.

Cool Silicon für mehr Energieeffizienz

Wafer-Produktion in Dresden (Foto: AP)
Sachsen ist der Standort in Europa für MikroelektronikBild: AP

In Dresden, dem europäischen Zentrum der Mikroelektronik, will man sich nun dieses Problems annehmen. Mehr als 60 Unternehmen haben sich mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen unter dem Namen "Cool Silicon" zusammengetan, um energieeffiziente Lösungen zu finden. "Cool Silicon" wurde im September 2008 im Spitzencluster-Wettbewerb der Bundesregierung ausgewählt und bekommt in den nächsten fünf Jahren 40 Millionen Euro für wirtschaftsnahe Forschung. Weiteres Geld wurde vom Land Sachsen und den Unternehmen zugesagt - insgesamt 150 Millionen Euro. Diese Woche wurde der Startschuss gegeben für die Forschung und Entwicklung von mikroelektronischen Anwendungen, die weniger Energie verbrauchen.

Kaum ein anderer Standort in Europa sei so geeignet für dieses Forschungsvorhaben wie Sachsen, meint Sachsens Wissenschaftsministerin Eva Maria Stange. Durch Cool Silicon "steigen die Chancen enorm, auf dem Gebiet der Mikro- und Nanotechnologie sowie der Energietechnologe weiter an die internationale Spitze der Entwicklung vorzurücken." Auch von Wolf-Dieter Lukas aus dem Bundesforschungsministerium heißt es: "Wir erwarten vom Spitzencluster einen weiteren Innovationsschub zur Stärkung des Halbleiterstandortes Dresden." Energieeffiziente Elektronik sei ein zentrales Zukunftsthema.

Chipindustrie braucht Innovationen

Fabrikgebäude des Chipherstellers Qimonda, (Foto: dpa)
Der insolvente Chipproduzent Qimonda sucht InvestorBild: picture-alliance/ dpa

Ein Zukunftsthema kann die gebeutelte Mikroelektronikbranche in Sachsen auch gut gebrauchen. Die Bedeutung des größten europäischen Standortes für die Chipproduktion ist am sinken. Qimonda, einer der drei großen Produzenten, hat im Frühjahr Insolvenz angemeldet und sucht immer noch verzweifelt nach einem Retter in letzter Sekunde. Auch die beiden anderen großen Chipproduzenten, Infineon und AMD, leiden unter sinkenden Umsätzen und wachsenden Verlusten. Daneben gibt es zwar noch zahlreiche mittlere und kleine Unternehmen, aber ein großer Teil der ca. 40.000 Arbeitsplätze im Dresdner "Silicon Valley" und viele Forschungseinrichtungen hängen eben doch direkt oder indirekt an den drei Großen.

Zu schaffen macht der sächsischen Mikroelektronikbranche nicht nur die Wirtschaftskrise, auch die hoch subventionierte Konkurrenz aus Asien und Amerika erschwert das Überleben. Deutschland kann derzeit im Subventionswettlauf nicht mithalten, weil EU-Recht die Höhe der finanziellen Unterstützung deckelt. Solange sich das nicht ändert, liegt der Ausweg also darin, in besonderen Bereichen wie der Energieeffizienz voranzupreschen. Und das scheint sehr vielversprechend. Weltweit gäbe es bislang keine solche umfassende Initiative von Unternehmen und Forschung, sagt Gerhard Fettweis von der TU Dresden, der "Cool Silicon" ins Leben gerufen hat.

e-Reader - von der Sonne betrieben

e-Reader von Plastic Logic, Dresden (Foto: Plastic Logic)
Der e-Reader von Plastic Logic kommt 2010 auf den MarktBild: Plastic Logic

Rote Zahlen hin oder her - AMD, Infineon und Qimonda gehören zu dem Spitzencluster und erhoffen sich durch die Forschung neue Produktentwicklungen, die das Geschäft wieder beleben. Beispiel: das elektronische Lesegerät, der e-Reader. Eine erste Variante wird von der Firma PlasticLogic 2010 auf den Markt gebracht. Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, soll das Gerät im nächsten Schritt energieeffizienter und vor allem energieautark werden.

Infineon wird beispielsweise daran arbeiten, dass das Gerät weniger Energie verbraucht, nämlich nur dann, wenn der Leser "umblättert" oder neue Daten über Mobilfunk herunterlädt. Ein anderes Teilprojekt ist, den e-Reader unabhängig von externen Stromquellen zu machen. Nämlich mit Hilfe der Sonne. Dafür soll eine durchsichtige Solarzelle entwickelt werden, die dahin kommt, wo das meiste Licht drauffällt: auf das Display. Der Leser würde dann durch die Solarzelle hindurch seine Nachrichten lesen können. Und - so hoffen die Mitglieder von "Cool Silicon" - auch bald wieder Erfolgsmeldungen vom Standort in Dresden.

Autor: Insa Wrede

Redaktion: Zhang Danhong