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Bedauern über Rückzug Steiners

21. Februar 2012

Präsident Karsai dankte dem deutschen Afghanistan-Beauftragten für sein Engagement. Steiner trat vor zwei Wochen zurück und galt als einer der Architekten der Friedensgespräche mit den Taliban.

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Michael Steiner. (Foto: Federico Gambarini dpa/lnw)
Bild: picture-alliance/dpa

Er war immer willkommen, sowohl in Kabul als auch in Islamabad. Seine afghanischen und pakistanischen Gesprächspartner schätzten Michael Steiner  als einen kundigen und geduldigen Fachmann. Rangin Dadfar Spanta, der Sicherheitsberater der islamischen Republik Afghanistans, ist voll des Lobes für den deutschen Berufsdiplomaten, der am Montag (20.02.2012) in Kabul verabschiedet wurde: "Ohne Zweifel hat er eine wichtige Rolle beim Zustandekommen der Friedensgespräche mit den Taliban gespielt. Dabei war er in einem regen Austausch mit der afghanischen Regierung, was von uns sehr begrüßt wurde."

Spanta rechnet es Michael Steiner und der Bundesrepublik Deutschland hoch an, dass sie nie versucht hätten, Kabul bei den Verhandlungen mit den Taliban zu umgehen. Spanta kritisiert indirekt einige Versuche der USA, ohne Beteiligung Afghanistans mit den Unterhändlern der Taliban in Katar Friedensgespräche zu führen: "Kein Friedensabkommen, das nicht auch von Kabul akzeptiert wurde, kann das erwünschte Ergebnis bringen. Nur die afghanische Regierung kann bei den Verhandlungen sicherstellen, dass die Errungenschaften der letzten zehn Jahre, wie zum Beispiel unsere demokratische Verfassung, nicht preisgegeben werden," so der afghanische Sicherheitsberater.

Der afghanische nationale Sicherheitsberater Rangin Dadfar Spanta (Foto: DW)
Rangin Dadfar Spanta, Sicherheitsberater des afghanischen Präsidenten KarsaiBild: DW

Frieden um jeden Preis lehnt Kabul ab. In diesem Punkt fühlt sich die afghanische Regierung besser von Berlin verstanden als von irgendeiner anderen westlichen Regierung. Spanta setzt darauf, dass Michael Koch, der neue Sonderbeauftragte der deutschen Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan, die Arbeit seines Vorgängers in diesem Sinne fortsetzt.

Skepsis in Pakistan

Die pakistanische Seite scheint skeptischer zu sein. Afrasyab Khatak, Senator im pakistanischen Parlament, sieht im Rückzug Steiners von seinem Amt ein Indiz dafür, dass selbst hohe westliche Diplomaten nicht mehr an eine baldige Lösung des Konflikts glauben: "Wenn gute Kenner der jetzigen schwierigen Gemengelage fehlen, so kann dies nur bedauert werden."

Russische Soldaten (Foto: dpa)
Eine Entwicklung wie nach dem Abzug der russischen Soldaten 1989 soll sich nicht wiederholen.Bild: picture alliance/dpa

Deutschland, sagt Khatak, dürfe zum jetzigen Zeitpunkt keine falschen Signale senden. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Westen nicht mehr die nötige Geduld habe, um eine dauerhafte Lösung des Konflikts in der Region herbeizuführen. Der Westen habe Afghanistan nach dem Abzug der russischen Soldaten Ende der achtziger Jahre allein gelassen. "Das Ergebnis war das Erstarken des internationalen Terrorismus. Wenn dieser Fehler wiederholt wird, werden die Folgen viel schlimmer sein."

Khatak erwartet, dass gerade Deutschland als glaubwürdiger Partner in der Region eine noch aktivere Rolle bei der Beilegung des Afghanistan-Konflikts spielt. Eine Forderung, die Deutschland nach der Einschätzung von Jochen Hippler, Südasienexperte an der Universität Duisburg, nicht erfüllen kann. Erstens seien die USA die eigentlich tonangebende Macht am Hindukusch und würden eine Konkurrenz aus Deutschland nicht dulden. Zudem ist der Politologe der Ansicht, dass die Taliban kein ernsthaftes Interesse an Friedensgespräche haben: "Im Moment ist es so, dass die Taliban einen Friedensschluss durch Verhandlungen nicht nötig zu haben glauben. Sie gehen davon aus, dass sie den Krieg gewonnen haben. Es wird also Gespräche mit Teilerfolgen geben, aber sie werden mit Sicherheit nicht zum Frieden führen."

Ob Michael Steiner zu einer ähnlich pessimistischen Einschätzung gelangt ist und deshalb seinen Posten zur Verfügung gestellt hat, weiß man nicht. Er hat sich bislang nicht zu seinem Rücktritt geäußert.

Autor: Ratbil Shamel
Redaktion: Hans Spross