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Gehemmte Partnerschaft mit Mexiko

Jan D. Walter5. Juni 2016

Der Mexiko-Käfer ist das bekannteste Produkt deutsch-mexikanischer Zusammenarbeit, doch bei weitem nicht das einzige. Dennoch könnten die Beziehungen intensiver sein. Dafür soll ein "Duales Jahr" sorgen.

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VW Käfer in aztekischem Muster "The Vochol" im Museum Quai Branly, Frankreich (Foto: picture-alliance/dpa/D. Saulnier)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Saulnier

Ein VW Käfer in aztekischem Muster - plakativer ist die Paarung aus deutscher Technik und mexikanischer Lebensart kaum darzustellen. Doch - auch wenn deutsche Autobauer erheblich zum Deutschlandbild in Mexiko beitragen - so eindimensional sind die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht.

Mit 120 Projekten und mehr als 1000 Einzelveranstaltungen im Rahmen eines "Dualen Jahres" wollen beide Länder die Beziehungen nun intensivieren. Zum Abschluss seiner Amerikareise am Montag eröffnet Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Mexiko-Stadt das "Deutschlandjahr in Mexiko".

Mit 130 Millionen Einwohnern ist Mexiko das größte spanischsprachige Land der Erde, und es gehört seit Jahrzehnten zu Deutschlands wichtigsten Partnern in Amerika. 2007 unterzeichneten Vertreter beider Länder ein "Abkommen über eine vertiefte Zusammenarbeit". Vor allem bei der Gestaltung eines freieren Welthandels, aber auch beim Klimaschutz verfolgen Deutschland und Mexiko ähnliche Ziele.

Wichtiger politischer Partner

Doch für den Politologen Günther Maihold schöpft die Politik das Potenzial bisher zu wenig aus: "Vieles scheitert an der Distanz zwischen politischem Willen und tatsächlicher Umsetzung", schreibt der stellvertretende Direktor der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einem Gastbeitrag im "Tagesspiegel". Zu sehr ließe man sich von anderen Themen ablenken, analysiert Maihold, der von 2011 bis 2015 den Alexander von Humboldt Lehrstuhl in Mexiko-Stadt inne hatte: "Heute sind es die Attraktivität des Pazifischen Raumes für den mexikanischen Außenhandel oder die Probleme Europas, die die Aufmerksamkeit der deutschen Außenpolitik binden."

Deutschland Mexiko Treffen Außenminister Steinmeier & Ruiz Massieu (Foto: DW/E. Usi)
Chefdiplomaten Claudia Ruiz Massieu und Frank-Walter Steinmeier präsentieren im März 2016 in Berlin das "Duale Jahr"Bild: DW/E. Usi

Ein konkreter Schritt könnte nun die Vereinbarung sein, die Bundesentwicklungsminister Gerd Müller und Mexikos Außenministerin Claudia Ruiz Massieu Mitte März trafen: Deutschland soll Mexiko beim Erreichen seiner Klimaziele mit Know-how bei Energieeffizienz und nachhaltiger Energiegewinnung unterstützen. Mexiko hatte 2015 als erstes Schwellenland angekündigt, mit internationaler Unterstützung seinen Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 36 Prozent senken zu wollen.

Starke Wirtschaftsbande

Dass in Mexiko Interesse an deutscher Technik besteht, ist unstrittig: 2015 importierte das Land Waren im Wert von 11,1 Milliarden Euro - zwei Drittel davon waren Automobilteile, Elektro- und Messtechnik sowie chemische Erzeugnisse. Damit ist Deutschland Mexikos fünftgrößter Handelspartner - nach den USA, China, Japan und Süd-Korea.

Bei den Direktinvestitionen liegt Deutschland sogar auf Platz vier. Auch hier gibt die Automobilbranche den Ton an: Nach mehr als 50 Jahren VW-Produktion ziehen andere deutsche Autobauer nach: Audi will ab Herbst 2016 seinen Geländewagen in Chiapas Q5 bauen. Im mexikanischen Joint-Venture von Daimler mit Renault- Nissan sollen 2017 die Bänder anlaufen. Das erste BMW-Werk Mexikos soll 2019 den Betrieb ausnehmen. Rund 40 Prozent der deutschen Direktinvestitionen in Mexiko stammen laut einer Studie der Deutschen Bank aus dem Sektor.

Mittler zwischen Nord und Süd

Doch Mexiko könnte für Deutschland mehr als Werkbank und Absatzmarkt sein. Nicht nur aufgrund seiner geografischen Lage ist das Land als Mittler zwischen Nord und Süd prädestiniert: Wirtschaftlich ist es über das Freihandelsabkommen NAFTA eng an die USA und Kanada gebunden. Kulturell und gesellschaftlich aber gehört es zu Lateinamerika. Beim Weltklimagipfel 2015 habe das Land gezeigt, dass es dieser Rolle gerecht werden kann, meint Experte Maihold: "Mexiko konnte dabei sein Image als Vermittler zwischen den politischen Fronten stärken."

Mexiko: Eltern der vermissten Studenten versammeln sich in Mexiko City (Foto: picture-alliance/EFE/M. Guzman)
Im September 2014 verschwanden 43 Studenten in Iguala. Sie könnten mit deutschen Waffen getötet worden seinBild: picture-alliance/EFE/M. Guzman

So sehr Mexiko international als Fürsprecher von Ordnungspolitik auftritt, so schwer wiegen die internen Probleme des Landes: Korruption und überbordende Bürokratie hemmen in Mexiko nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung. Angesichts des hohen Maßes an Straflosigkeit und der tiefen Verstrickung politischer Akteure in die organisierte Kriminalität sprechen internationale Organisationen dem mexikanischen Staat ab, Herr der Menschenrechtslage zu sein.

Genau hier sollte ein geplantes Sicherheitsabkommen zwischen Deutschland und Mexiko Abhilfe schaffen. Doch nachdem über das - nach wie vor unaufgeklärte - Verschwinden von 43 Studenten in der Stadt Iguala die Rolle deutscher Waffen im mexikanischen Drogenkrieg öffentlich diskutiert wurde, kommt diese Zusammenarbeit nicht voran.

"Gerade an solchen kritischen Punkten muss sich die deutsch-mexikanische Partnerschaft bewähren", mahnt Politologe Maihold - zumindest dann, wenn sie "mehr als eine Schönwetterveranstaltung" sein wolle.