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Meteorit sorgt für wissenschaftliche Sensation

17. Juli 2020

Erst lag er im Garten, dann in einem alten Kleiderschrank. Jetzt kratzte der Besitzer an dem vermeintlichen Stein - und brachte eine Lawine ins Rollen. Experten sind von der Entdeckung völlig begeistert.

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Deutschland  Steinmeteorit von Blaubeuren
Dieter Heinlein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) präsentiert den MeteoritenBild: picture-alliance/dpa/F. Kästle

Als Hansjörg Bayer in seinem Garten Erde aushebt, weil er ein Rohr legen will, hat er plötzlich ein Problem. Es ist kein Ereignis, wenn man beim Graben auf einen Stein stößt. Und es ist nicht der Rede wert, wenn einmal ein dicker Brocken dabei ist - dieser hier misst exakt 28 mal 25 mal 20 Zentimeter.
Ungewöhnlich ist lediglich sein Gewicht: Er wiegt, wie sich später herausstellt, exakt 30,26 Kilo, erstaunlich viel für die Größe. Der Mann tut das, was man in derlei Fällen als "arbeitsökonomisch" bezeichnen kann: Er lässt den Trümmer im Garten verwittern - für mehr als ein Vierteljahrhundert.

Aufprall mit lautem Knall

Irgendwann aber packt ihn der Ordnungssinn; er räumt auf. Das Fundstück liegt bereits auf dem Anhänger, fertig zum Abtransport, als Bayer es sich noch einmal anders überlegt: Er schafft das Teil mit Mühe in den Keller seines Hauses. "Die ganze Haptik und das Gewicht - ich habe damals schon gemerkt, dass der Stein besonders ist."

Deutschland  Steinmeteorit von Blaubeuren
Öfter mal den Garten umgraben: Finder Hansjörg Bayer aus BlaubeurenBild: picture-alliance/dpa/F. Kästle

Wieder vergehen fünf Jahre, bis den Gartenbesitzer die Neugier anstachelt. Er trennt ein winziges Stück von der rätselhaften Substanz ab. Das 20 Gramm leichte Fragment des Brockens landet bei Meteoritenforscher Dieter Heinlein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der tippt beim bloßen Anschauen auf Eisenerz - und glaubt nicht an ein Souvenir aus dem Weltraum. Die Sache "sah überhaupt nicht meteoritenverdächtig aus", erinnert sich der Experte vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin.

Doch dann kommt die Überraschung. Mit einer speziellen Säge durchtrennt Heinlein das Stück. Was sich zeigt, ist eine markante Struktur. Nach Untersuchungen in drei verschiedenen Laboren bestätigt sich der Verdacht: Es ist tatsächlich ein Meteorit - so nennen Wissenschaftler die Überbleibsel von Kometen oder Asteroiden, die beim Eintauchen in die Erdatmosphäre nicht vollständig verglüht sind, sprich: Sie schlagen mit lautem Knall auf dem Boden auf.

Bayers Meteorit lag vielleicht schon Jahrhunderte in der Erde - bis zu jenem Tag im Jahr 1989, als er ihn entdeckte. Aber erst jetzt geht das Stück in die Geschichte ein: als "wissenschaftliche Sensation", wie die sonst so nüchternen DLR-Forscher formulieren. Denn der Trümmer aus dem All ist mit seiner Masse der größte je in Deutschland gefundene Steinmeteorit.

"Benthullen" stürzt vom Sockel

Er löst damit "Benthullen" ab, der das gleichnamige Dorf nahe Oldenburg in Niedersachsen in Fachkreisen berühmt gemacht hatte - einen Meteoriten mit einem Gewicht von 17,25 Kilogramm. Auch der neue Rekordhalter wird nach seinem Fundort benannt: Blaubeuren in der Nähe von Ulm.
Für die Berliner Wissenschaftler war der fußballgroße Brocken auch deshalb erfreulich, weil sie die Besitzer diverser Stücke so häufig enttäuschen müssen. "Nur ganz wenige sind wirklich Meteoriten", sagt Heinlein, der für die jüngste Rarität eigens eine Pressekonferenz anberaumt hat. "Unter 2000 Einsendungen in den letzten 15 Jahren waren drei echte dabei."

jj/kle (dpa, afp)