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Politik

Merkels Regierungskoalition streitet weiter

Rupert Wiederwald
14. September 2018

Trotz Krisengespräch streitet die Koalition von Kanzlerin Merkel weiter um Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen. Innenminister Seehofer steht hinter ihm, doch bei der CDU beginnt das vorsichtige Abrücken.

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Deutschland Krisenrunde im Kanzleramt
Getrennte Wege: Bundesinnenminister Seehofer und SPD-Chefin Nahles nach dem Krisentreffen im KanzleramtBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Es dauerte nur wenige Stunden: Schon am Morgen nach dem Krisengespräch im Kanzleramt zirkulierten in den Medien die ersten Wortmeldungen von SPD-Politikern, die den Rückzug von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen forderten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil erklärte den obersten deutschen Verfassungsschützer in mehreren Zeitungsinterviews für "untragbar". Der Chef der SPD-Jugendorganisation Jusos, Kevin Kühnert, erklärte stellvertretend für die gesamte SPD-Spitze im Frühstücksprogramm des deutschen Fernsehens, Maaßen sei in seinem Amt nicht mehr zu halten. Im selben Kanal pariert CSU-Generalsekretär Markus Blume, solche Forderungen seien völlig "unangemessen", die SPD versuche eine Koalitionskrise "herbeizureden".

Sehnsucht nach Ruhe

Das Gespräch der Koalitionsspitzen brachte offensichtlich keine Ruhe in die Auseinandersetzung. Dabei wäre Ruhe genau das, wonach sich viele im Berliner Politikbetrieb am meisten sehnen. Am Freitagmorgen stand im Bundestag das Budget von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil auf dem Programm - außer ihm und einigen Abgeordneten fanden nur wenige den Weg in das Plenum. Zum Stand der Koalition wollte sich niemand mehr äußern. Selbst die Regierungssprecher erklärten recht einsilbig, alle Seiten hätten Stillschweigen verabredet.

Die instabile Koalition

Gerade mal ein Jahr ist es her, dass die Deutschen dieses Parlament gewählt haben, erst ein halbes Jahr später war die Bildung der aktuellen Regierungskoalition aus Angela Merkels konservativer CDU-CSU-Union und den Sozialdemokraten unter Dach und Fach. Die aktuelle Koalitionskrise ist bereits der zweite Streit in sechs Monaten, bei dem mindestens einer der Partner mit dem Gedanken spielt, die Koalition platzen zu lassen. Die SPD ärgert sich vor allem über das Lavieren und undurchsichtige Agieren von Innenminister Horst Seehofer, dem der Verfassungsschutz unterstellt ist.

Berlin BfV Hans-Georg Maaßen Innenminister Horst Seehofer
Seehofer will an Maaßen (links) festhaltenBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Nachdem Verfassungsschutz-Chef Maaßen öffentlich der Kanzlerin bei der Bewertung der rechten Gewalt in Chemnitz widersprochen hatte, gab Seehofer Maaßen Rückendeckung. Das änderte sich auch nicht, als Vorwürfe bekannt wurden, Maaßen habe sensible Informationen an die AfD durchgestochen. Die Rufe nach Maaßens Entlassung sind eigentlich Rufe, dass der CSU-Chef und Innenminister Seehofer gehen müsste. Doch die Stimmen, die das offen sagen, kommen vor allem aus der zweiten Reihe. "Das eigentliche Problem ist Herr Seehofer", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel: "Wenn Herr Seehofer Innenminister bleibt, weiß ich nicht, ob die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode halten wird."

Vorsichtiges Abrücken bei der CDU

Solche Stimmen aus der Provinz sind zwar nicht entscheidend, werden aber sehr wohl auch in Berlin gehört. Gerade in Merkels CDU wird sehr genau wahrgenommen, dass der immer wieder aufflammende Streit um Maaßen, Seehofer und die Migrationspolitik am Ende der Union schadet. In aktuellen Umfragen sinkt sie auf 30 Prozent Zustimmung - ein Rekordtief.

Annegret Kramp-Karrenbauer
Kramp-Karrenbauer geht auf Distanz zu MaaßenBild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine der engsten Vertrauten der Bundeskanzlerin. Sie schließt eine Ablösung von Maaßen nicht mehr aus: "Ich glaube, dass es auch für eine Sicherheitsbehörde wichtig ist, dass sie auf das Vertrauen einer gesamten Bundesregierung setzen kann. Das wird der Gegenstand der Betrachtung sicher der nächsten Gespräche sein." Genau dieses Vertrauen hat die SPD mit ihrer ultimativen Forderung bereits am Donnerstag entzogen. Am Dienstag wollen Merkel,
Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles erneut über das Schicksal Maaßens beraten.