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Merkel warnt Israel vor Stillstand

31. Januar 2011

Tunesien, Ägypten und die Folgen: Kanzlerin Merkel hat in Jerusalem Israel aufgefordert, die Friedensgespräche mit den Palästinensern sofort wiederzubeleben. Ein Stillstand sei nicht akzeptabel, mahnte Merkel.

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Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Netanjahu bei der Kabinettssitzung in Jerusalem (Foto: AP)
Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Netanjahu bei der Kabinettssitzung in JerusalemBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eindringlich an Israel appelliert, so schnell wie möglich zu den Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zurückzukehren. Gerade angesichts der Entwicklungen in Ägypten und Tunesien und der damit verbundenen wachsenden Unsicherheit in der Region sei Stillstand "keine akzeptable Grundlage", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag (31.01.2011) in Jerusalem. Ägypten habe für Israel bisher eine stabilisierende Rolle gespielt. "Deshalb wird es jetzt darauf ankommen, in den nächsten Tagen sehr klug zu handeln", sagte sie mit Blick auf den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak.

Die Kanzlerin plädierte dafür, die wichtigsten Fragen eines künftigen Friedens, wie etwa die Grenzziehung vorrangig zu behandeln. Merkel kritisierte in deutlichen Worten den israelischen Siedlungsbau in den besetzten Gebieten. Der Siedlungsbau sei aus ihrer Sicht nicht mit den Verpflichtungen vereinbar, die der jüdische Staat im Rahmen der Roadmap, dem Fahrplan für einen Friedensprozess, eingegangen sei, sagte Merkel. Die Wiederaufnahme der Bautätigkeit bewertete die Kanzlerin als "sehr starke" Behinderung des Friedensprozesses.

Arbeiter beim Häuserbau für eine jüdische Siedlung im Osten Jerusalems (Foto: AP)
Arbeiter beim Häuserbau für eine jüdische Siedlung im Osten JerusalemsBild: picture-alliance/dpa

Netanjahu habe den Vorwurf zurückgewiesen, Israel sei für den jetzigen Stillstand verantwortlich, verlautete aus deutschen Regierungskreisen. Der Regierungschef habe zugleich dargelegt, welche konkreten Schritte Israel zur Wiederbelebung des Friedensprozesses plane. Am kommenden Samstag will das so genannte Nahost-Quartett am Rande der Sicherheitskonferenz in München zusammentreten, um die Gespräche wieder in Gang zu bringen.

Sorgenfalten bei Netanjahu

Netanjahu sprach von einer dramatischen Situation in Ägypten. Es bestehe die Gefahr, dass radikale Muslime dort die Macht übernehmen könnten. Israel fürchtet vor allem eine Stärkung islamistischer Kräfte in dem Nachbarland, sollte der bislang als Vermittler im Friedensprozess fungierende Präsident Husni Mubarak abtreten. Sowohl Merkel als auch Netanjahu betonten, dass es wichtig für Ägypten sei, Reformen einzuleiten. Das Gespräch zwischen beiden verlief nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen in "sehr sachlicher", ernster Arbeitsatmosphäre.

Die Kabinette beider Länder trafen sich in Jerusalem zu den dritten deutsch-israelischen Regierungskoalitionen. Die Kabinettssitzung diente der Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit. Es wurden etliche Absichtserklärungen und Projekte beschlossen. Beide Länder kooperieren künftig bei Zukunftsthemen wie Forschung, Umwelt, Klimaschutz, Energie und Entwicklungshilfe noch stärker als bisher.

Engere Zusammenarbeit vereinbart

Bundesinnenminister Thomas de Maizière unterzeichnete mit seinem israelischen Kollegen nach den Waldbränden in der Nähe von Haifa mit mehr als 40 Toten im Dezember eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit bei der Katastrophenprävention und zum Bevölkerungsschutz. Entwicklungsminister Dirk Niebel unterschrieb eine Vereinbarung zur Entwicklungszusammenarbeit in den palästinensischen Gebieten und für eine trilaterale Kooperation in der Gegend des Viktoriasees in Kenia.

Zudem sei die Genehmigung für ein Kläranlagenprojekt im Gaza-Streifen durch Israel erreicht worden, in das Deutschland rund 40 Millionen Euro investiert hat, verlautete aus deutschen Regierungskreisen. Mit einem deutsch-israelischen Forum im Juni möchte zudem Bildungsministerin Annette Schavan die Forschungskooperation ausbauen. 70 deutsche Universitäten arbeiten mit 25 Hochschulen in Israel in insgesamt 106 Projekten zusammen.

Merkel bleibt bis Dienstag

Die Außenminister Lieberman und Westerwelle unterzeichnen eine Vereinbarung in Tel Aviv (Foto: AP)
Die Außenminister Lieberman und Westerwelle unterzeichnen eine Vereinbarung in Tel AvivBild: AP

Außenminister Guido Westerwelle war bereits am Sonntag zu Gesprächen nach Israel gereist. Bei einem Treffen mit seinem Kollegen Avigdor Lieberman unterzeichnete er eine Vereinbarung zur Vertiefung des Jugendaustauschs.

Während die deutschen Minister am Montagabend nach Berlin zurückreisen wollten, setzt Merkel am Dienstag ihre Gespräche in Israel fort. In Jerusalem trifft sie Staatspräsident Schimon Peres, Oppositionsführerin Zipi Livni, Wirtschaftsvertreter beider Länder und Freiwillige der Aktion Sühnezeichen. Zudem wird Merkel an der Universität von Tel Aviv die Ehrendoktorwürde entgegennehmen. Zum Abschluss will sie an einer Konferenz des "Institute for National Security Studies" in Tel Aviv teilnehmen.

Autor: Reinhard Kleber (rtr, dpa, afp, dapd)
Redaktion: Sabine Faber

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