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Merkel setzt auch in Krise auf Demokratie

6. August 2012

Die Bundeskanzlerin lehnt die Forderung des italienischen Regierungschefs Monti nach mehr Eigenständigkeit der Regierungen in der Euro-Krise ab. Auch die Parteien in Berlin weisen den Vorstoß zurück.

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Bundeskanzlerin Merkel besuchte im Urlaub die Salzburger Festspiele; rechts ihr Ehemann Joachim Sauer (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine Schwächung der Parlamente in der Europapolitik strikt ab. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter erklärte im Namen der noch urlaubenden Regierungschefin: "Es ist die Auffassung der Bundeskanzlerin, dass wir in Deutschland mit dem richtigem Maß an Unterstützung durch das Parlament und dem richtigen Maß an der Beteiligung des Parlaments eigentlich immer gut gefahren sind. ... Und nicht zuletzt haben wir ja auch in letzter Zeit einige Hinweise durch das Bundesverfassungsgericht bekommen, dass das Parlament eher mehr als weniger zu beteiligen ist." Streiter verwies auch auf den Grundsatz, wonach jedes staatliche Handeln "auch demokratisch legitimiert" sein müsse.

Monti warnt vor Zerbrechen der EU

Mario Monti hatte im deutschen Magazin "Der Spiegel" gesagt, bei der Bekämpfung der Eurokrise sollten die europäischen Regierungschefs sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten bewahren.

Vierergipfel zur Euro-Krise im Juni in Rom; von links: Monti, Merkel, der spanische Premier Rajoy und Frankreichs Präsident Hollande (Foto: AP/dadp)
Vierergipfel im Juni in Rom: Monti, Merkel, Spaniens Premier Rajoy und Frankreichs Präsident Hollande (von links)Bild: AP

"Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration."

Der italienische Regierungschef und ehemalige EU-Kommissar äußerte diesen Satz im Zusammenhang mit einer Warnung vor einem Zerbrechen der Europäischen Union. "Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Eurozone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas", sagte der 69-Jährige. Wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, "dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört".

Parteiübergreifende Kritik in Berlin

Schon vor Merkels klaren Worten waren die Äußerungen Montis in Berlin parteiübergreifend auf scharfen Widerspruch gestoßen. Außenminister Guido Westerwelle betonte, die parlamentarische Kontrolle der Europapolitik stehe "außerhalb jeder Diskussion.

Neuer Parteienstreit um Eurokrise

Wir brauchen eine Stärkung, nicht Schwächung der demokratischen Legitimation in Europa". SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf: "Die Akzeptanz für den Euro und seine Rettung wird durch nationale Parlamente gestärkt und nicht geschwächt."

Gewohnt drastisch äußerte sich die bayerische CSU. Ihr Generalsekretär Alexander Dobrindt warf dem italienischen Ministerpräsidenten mangelndes Demokratie-Verständnis vor. "Die Gier nach deutschen Steuergeldern treibt bei Herrn Monti undemokratische Blüten", sagte Dobrindt der Tageszeitung "Die Welt". "Herr Monti braucht offenbar die klare Ansage, dass wir Deutsche nicht bereit sein werden, zur Finanzierung der italienischen Schulden unsere Demokratie abzuschaffen."

wl/kle/SC (dpa,dapd)