1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel lenkt bei Finanzsteuer ein

Richard A. Fuchs / Sabine Kinkartz11. Juni 2012

Der Finanzminister hält die vereinbarte Steuer auf Finanzgeschäfte erst nach 2013 für machbar. Das empört die Opposition, die prompt mit einer Blockade des EU-Fiskalpakts droht. Doch die Kanzlerin beschwichtigt.

https://p.dw.com/p/15C9U
Bundeskanzlerin Merkel vor der europäischen und der deutschen Fahne (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In der Auseinandersetzung um das deutsche Ja zum EU-Fiskalpakt will Angela Merkel keinen Bruch mit der Opposition riskieren. Selbstverständlich gelte die Vereinbarung zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, stellte die Kanzlerin am Montagabend klar. "Wir brauchen funktionierende Banken, wir brauchen aber auch Gerechtigkeit." Merkel weiß, dass sie eine Einigung mit der Opposition braucht, um noch vor der Sommerpause den dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM und den Pakt für mehr Haushaltsdisziplin (EU-Fiskalpakt) mit einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag verabschieden zu können.

Merkel will bei Vierertreffen für Finanzsteuer werben

Sollte die Einführung einer Börsensteuer im Rahmen der 27 Mitgliedstaaten nicht gelingen, könnte Deutschland notfalls auch mit nur einigen wenigen EU-Ländern vorangehen, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am frühen Nachmittag in Berlin erklärt. Mindestens neun EU-Staaten sind nach den neuen Regeln des Vertrags von Lissabon nötig, um in einer verstärkten Zusammenarbeit Sonderregelungen zu verabreden. Die Kanzlerin wolle bei einem Vierergipfel in Rom am 22. Juni die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Italien und Spanien als "Mitstreiter" gewinnen, sagte Seibert.

Vertrauensbruch zwischen Regierung und Opposition

Das allein ist der Opposition allerdings zu vage und reicht ihr auch nicht aus. SPD und Grüne fordern einen Kabinettsbeschluss zur Finanztransaktionssteuer und wollen gleichzeitig ein kräftiges Wachstumspaket auf europäischer Ebene auf den Weg gebracht sehen. "Wenn das auf dem Tisch liegt, können wir über den Fiskalpakt abstimmen. Solange das nicht der Fall ist, werden wir das sicher nicht tun", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Abend. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin bezweifelt, dass der EU-Fiskalpakt noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. "Wenn das so bleibt, dann wird das mit dem Zeitplan schwierig", sagte er im ZDF. Es fehle eine "klare deutsche Initiative", um die Finanztransaktionssteuer in Brüssel durchzusetzen. Die Grünen sprechen sich dafür aus, den ESM im Sommer durch den Bundestag zu bringen und erst im Herbst das deutsche Gesetz für den EU-Fiskalpakt zu beraten.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Trittin (Foto: dpa)
Grünen-Fraktionschef Trittin: "Wenn das so bleibt, wird es schwierig"Bild: picture-alliance/dpa

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warnte die Opposition davor, die für Deutschland so wichtige Ratifizierung des EU-Fiskalpaktes zu gefährden. "Niemand darf mit einem Nein zum Fiskalpakt spielen", sagte Gröhe in Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich zu Kompromissen mit der Opposition bereit. Die Steuer müsse "so schnell wie möglich" eingeführt werden, sagte er.

Kontroverse entbrennt nach Schäuble-Zitat

Entzündet hatte sich der jüngste Streit zwischen Regierungskoalition und Opposition an Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker hatte eine Finanztransaktionssteuer in der laufenden Legislaturperiode als wenig wahrscheinlich bezeichnet: "Eine europäische Steuer wird so schnell nicht zustande kommen", hatte er am Sonntag in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin gesagt. Es gebe innerhalb der EU "erhebliche Widerstände" gegen eine solche Steuer, fügte er am Montag im Deutschlandfunk hinzu. Ob eine solche Steuer auf europäischer Ebene durchsetzbar sei, liege dementsprechend nicht allein in deutscher Hand.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: dapd)
Auslöser der Kontroverse: Finanzminister SchäubleBild: dapd