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Merkel empfängt chinesischen Regierungschef

28. Juni 2011

Noch nie ist ein chinesischer Ministerpräsident mit einer so großen Regierungsdelegation nach Deutschland gekommen. Erstmals treffen sich die Kabinette beider Länder. Der deutschen Wirtschaft winken Milliardenaufträge.

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Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao und Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dapd)
Ihr Treffen begannen sie mit einem vertraulichen Gespräch in einer Künstler-VillaBild: dapd

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing Wen Jiabao am Montagabend (27.06.2011) zunächst in kleinem Kreis am Berliner Wannsee. In der einstigen Villa des Malers Max Liebermann wollten die beiden Regierungschefs und ihre Außenminister vertraulich miteinander sprechen. Nach Angaben aus Regierungskreisen erörterten die Kanzlerin und Wen internationale Themen wie die Lage in Afghanistan, Nordafrika und im Iran.

Erste Regierungskonsultationen

Airbus A320 der China Southern Airlines Northern Company startet (Archivfoto: Airbus)
Airbus möchte weitere Maschinen des Typs A320 nach China verkaufenBild: Airbus

Die Kabinette der Bundesrepublik und Chinas kommen am Dienstag zu den ersten Regierungskonsultationen beider Länder zusammen. Die Gespräche sollen der deutschen Wirtschaft Milliardenaufträge bringen. Darunter sind nach Informationen aus Industriekreisen Großprojekte von Airbus, Daimler, Volkswagen und BASF. Der europäische Flugzeugbauer Airbus hofft auf einen Auftrag über 62 Maschinen des Modells A320. Das Geschäft sei aber noch nicht endgültig unter Dach und Fach, hieß es.

Die Autobauer Daimler und Volkswagen setzen auf grünes Licht der Pekinger Regierung für neue Milliardeninvestitionen. VW will zusammen mit Joint-Venture-Partnern neue Fabriken und Elektroauto-Projekte anstoßen. Der Daimler-Konzern will in China eine Motorenfabrik sowie ein Forschungszentrum errichten. Der Chemiekonzern BASF bereitet eine strategische Zusammenarbeit mit der Stadtregierung von Chongqing vor.

Thema Menschenrechte

Außenminister Guido Westerwelle hatte vor dem Treffen mit seinem Amtskollegen angekündigt, auch die in China bedrohten Menschenrechte ansprechen zu wollen. Die Beziehungen zwischen Peking und Berlin seien mittlerweile so tief und so tragfähig, dass auch Meinungsunterschiede thematisiert werden könnten, sagte Westerwelle. Auch Merkel werde die Menschenrechtslage in China ansprechen, versicherten ranghohe deutsche Diplomaten. Allerdings werde sie dies voraussichtlich nicht öffentlich machen.

Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geben sich zur Begruessung die Hand (Foto: dapd)
Die Menschenrechte in China will die Kanzlerin nicht öffentlich ansprechenBild: dapd

Zwischen Deutschland und China gibt es einen Menschenrechtsdialog und einen Rechtsstaatsdialog. Das sind Treffen, bei denen deutsche und chinesische Diplomaten über schwierige Themen und über Lösungen etwa für Inhaftierte sprechen. Den Menschenrechtsdialog hatte China vorübergehend gestoppt, als Merkel 2007 den Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, im Kanzleramt empfangen hatte. China, das Tibet seit 1951 besetzt hält, kritisierte dies als "Einmischung in innere Angelegenheiten".

Selbstkritischer Ministerpräsident

Wen ist derzeit auf einer Reise durch Europa. Er besuchte zuerst Ungarn, das noch bis Ende des Monats die EU-Ratspräsidentschaft inne hat. Anschließend reiste er nach Großbritannien. Dort sprach er sich am Montag für mehr Freiheit und Demokratie in seinem Land aus. "Ohne Freiheit gibt es keine wirkliche Demokratie und ohne die Garantie auf wirtschaftliche und politische Rechte gibt es keine wirkliche Freiheit", sagte der Regierungschef. In China gebe es nach wie vor zuviel Korruption und Einkommen seien nicht gerecht verteilt. Solche Unzulänglichkeiten würden die Interessen des chinesischen Volkes verletzen. Um diese Probleme zu lösen, müssten Reformen des politischen Systems entschlossen angegangen werden, sagte Wen, dessen Amtszeit 2013 ausläuft. Er ist seit fast zehn Jahren Regierungschef und gilt unter der Elite Chinas am ehesten als Politiker mit Reformtendenzen.

Autor: Martin Schrader (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Susanne Eickenfonder