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Menschenrechtler: Indiens Polizisten foltern

19. Dezember 2016

Die Rechtsverstöße sind das eine. Aber dass sie ohne Folgen bleiben - das ist der eigentliche Skandal, sagt Human Rights Watch. Die Organisation sieht nur einen einzigen Weg, die Polizeibeamten zu bessern.

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Indien Symbolbild Polizeigewalt
Polizisten in Bangalore, der drittgrößten Stadt Indiens (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/M. Kiran

Wer das Oscar-prämierte Drama "Slumdog Millionär" gesehen hat, wird die Bilder kaum je vergessen. Der Film beginnt mit einer Folterszene - auf einem Polizeirevier. In der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt ist dies nicht nur Fiktion, sondern Alltag. In Indien verloren nach Recherchen von Human Rights Watch (HRW) in den vergangenen Jahren hunderte Menschen in Polizeigewahrsam ihr Leben.

Folter und Misshandlung seien an der Tagesordnung, erklärt die Menschenrechtsorganisation in einem Bericht. Allein zwischen 2010 und 2015 seien rund 590 Verdächtige in Gewahrsam zu Tode gekommen. Doch keiner der involvierten Beamten sei dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Zudem ignoriere die Polizei systematisch Regeln zum Schutz der Festgenommenen, die laut Gesetz binnen 24 Stunden einem Haftrichter vorgeführt werden müssen.

Vergewaltigungen, Waterboarding, Aufhängen

 "Die Polizei in Indien wird erst lernen, dass das Schlagen von Verdächtigen zur Erpressung von Geständnissen inakzeptabel ist, wenn Beamte wegen Folter verurteilt werden", erklärte die Südasien-Leiterin von Human Rights Watch, Meenakshi Ganguly. "Unsere Nachforschungen zeigen, dass diejenigen Polizisten, die bei Todesfällen in Gefangenschaft ermitteln, mehr darum besorgt sind, ihre Kollegen zu decken, als die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen."

Zu den Verhörmethoden gehören dem Bericht zufolge Prügel, Vergewaltigungen und das sogenannte Waterboarding, bei dem der Festgenommene glaubt, er ertrinke. Aber auch Stiefeltritte und das Aufhängen von Gefangenen an der Decke seien an der Tagesordnung. Besonders ausführlich widmet sich die HRW-Studie 71 der dokumentierten Todesfälle, wofür die Wissenschaftler zahlreiche Interviews mit Familienangehörigen, Zeugen, Rechtsexperten und Polizisten führten.

Jahrelang in Untersuchungshaft

Indien hat um die 450.000 Gefangene. Die Haftanstalten sind notorisch überfüllt und in verheerendem Zustand. Das Justizsystem ist hoffnungslos überlastet. Manche Gefangene verbringen Jahre in Untersuchungshaft, während ihr Fall untersucht wird. Wenn es schiefgeht, nimmt die Polizei derweil das "Recht" selbst in die Hand.

jj/se (dpa, afp, epd)