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Härte und Hilfe

21. August 2007

Brasilien hat die vierthöchste Mordrate der Welt. Staatspräsident Lula da Silva hat nun ein Milliarden-Programm zur Bekämpfung der Kriminalität angekündigt. Es sieht Härte und Hilfe vor.

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Nicht nur mit Waffen gegen GewaltBild: AP

In den nächsten fünf Jahren wolle man 6,7 Milliarden Real (etwa 2,6 Milliarden Euro) unter anderem für 160 neue Gefängnisse, aber auch für Sozialmaßnahmen investieren, sagte Lula am Montagabend (20.8.) im Regierungspalast in Brasilia. In den neuen Gefängnissen soll es spezielle Berufs- und Ausbildungsangebote geben, um den Inhaftierten eine neue Perspektive zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen mehr als 400.000 Jugendliche - darunter auch ehemalige Inhaftierte - über Stipendienprogramme finanzielle Hilfe zur Weiterbildung erhalten. Der Präsident unterzeichnete vor hunderten Menschen mehrere Dekrete zur sofortigen Aufnahme des "Nationalen Programms für Öffentliche Sicherheit" (Pronasci).

Soziales für die Sicherheit

Lula präsentiert Sicherheitsprogramm für Brasilien
Luiz Inacio Lula da Silva bei der Vorstellung des ProgrammsBild: AP

Sein neuer Plan könne keine Wiedergutmachung für die jahrhundertelange Ungerechtigkeit sein, die die Wurzel des Problems sei, erklärte Lula. Doch erstmals werde man in Brasilien Sicherheitsprobleme auch mit Sozialpolitik bekämpfen. Das sei historisch, meinte Lula. Man wolle mit "harter Hand" und "demokratischer Überzeugung" vorgehen.

Justizminister Tarso Genro warnte jedoch vor allzu hohen Erwartungen. Man werde keine "spektakulären oder sofortigen Ergebnisse" erzielen. Menschenrechtsgruppen begrüßten den differenzierten Ansatz des neuen Programms. Der Plan gehe das Problem von mehreren Seiten an, lobte Rubem Cesar Fernandes, Direktor der Organisation Viva Rio. "Die Frage ist nur, ob sie das Programm auch wirklich umsetzen können."

"Stolz auf die Uniform"

Das Programm sieht den amtlichen Angaben zufolge eine deutliche Erhöhung der Polizistenzahl, eine bessere Ausbildung der Beamten sowie soziale Maßnahmen für die Armenbezirke in den Großstädten vor, die von der Gewaltwelle am schwersten betroffen sind. Man wolle die Aktionen zunächst auf die elf Städte mit den größten Kriminalitätsproblemen, darunter vor allem auf Sao Paulo, Rio de Janeiro, Brasilia und Belo Horizonte konzentrieren, hieß es. "Die Polizisten sollen stolz darauf sein, eine Uniform tragen zu dürfen, damit sie gegen das organisierte Verbrechen ankämpfen können", erklärte Lula.

Kritiker werfen Lula vor, seit seiner Wahl vor fünf Jahren zu wenig gegen Kriminalität und Korruption unternommen zu haben. Aber auch die Polizei steht in Brasilien zunehmend am Pranger. Bei einer Razzia gegen Drogenhändler in einem Slumgebiet in Rio waren erst im Juli 19 Menschen unter umstrittenen Umständen getötet worden. Angehörige, Menschenrechtler und die Anwaltskammer versicherten, die meisten Opfer seien unschuldig gewesen. Die Zuckerhut-Metropole ist die von Gewalt am stärksten betroffene Stadt Brasiliens. Die Nichtregierungs-Organisation "Rio de Paz" schätzte jüngst, dass die Kriminalität in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres bereits mehr als 3000 Menschenleben gefordert hat. Brasilien hat die vierthöchste Mordrate auf der Welt. (sams)