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GesellschaftGlobal

Facebook wird Meta: falsch bleibt falsch

Kommentarbild Muno Martin
Martin Muno
29. Oktober 2021

Aus Facebook wird Meta: Firmengründer Mark Zuckerberg gab zugleich mit dem neuen Namen hochfliegende Pläne bekannt. Es wäre besser, sich erst einmal um die riesigen Baustellen des Konzerns zu kümmern, meint Martin Muno.

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Facebook heißt jetzt Meta, Mark Zuckerberg bei der virtuellen Konferenz Connect 2021
Mark Zuckerberg präsentiert seine Vision von MetaBild: Meta/picture alliance/dpa

Eines muss man Mark Zuckerberg lassen: Angst sich zu blamieren hat der Mann nicht. Und so kündigte er mit viel Tamtam an, dass Facebook künftig Meta heißen wird. Der Name nimmt Bezug auf den Begriff "Metaverse", einer Vision eines künftigen Internets, in dem die Nutzenden mit Hilfe digitaler Brillen oder Kontaktlinsen immersiv in eine virtuelle, dreidimensionale Welt eintauchen; das sich also im Vergleich zum heutigen Netz verhält wie ein Formel-1-Wagen zu einem VW Käfer.

In dem Video wird dann auch gezeigt, wie sich ein Avatar Zuckerbergs mit Mitarbeitenden und einem putzigen Roboter im Weltraum zum Kartenspielen trifft. Dabei ist Metaverse eigentlich ein alter Hut: Geprägt wurde der Begriff vor fast 30 Jahren in dem Science-Fiction-Roman "Snow Crash" von Neal Stephenson.

2003 gab es eine erste Version für alle: sie hieß Second Life und hatte sogar eine Mercedes-Niederlassung, bis der Hype fünf Jahre später so abrupt endete wie er begann.

DW-Redakteur Martin Muno
DW-Redakteur Martin Muno

Der massenhafte Einsatz von VR (virtuelle Realität) und AR (augmented reality oder erweiterte Realität) gilt seit Jahren als das "neue große Ding", hat sich aber bislang nicht durchgesetzt. Und es kann gut sein, dass das virtuelle Wohnzimmer mit Pazifikblick und NFT (Non-fungible Token) an der Wand noch einige Zeit ein unerfüllter feuchter High-Tech-Traum von Nerds bleiben wird, auch wenn die Rechnerleistungen mittlerweile solch beeindruckende Umgebungen halbwegs ruckelfrei darstellen können.

Facebook steht enorm unter Druck

Und so könnte die Show, die Zuckerberg am Donnerstag bot, als ehrgeizige Vision gelten - wenn Facebook derzeit nicht Probleme am Hals hätte, die sich weder durch einen neuen Namen noch durch virtuelle Realität lösen lassen. Seit Wochen veröffentlichen Medien weltweit unter dem Namen "Facebook Papers" interne Dokumente, die zum Gutteil von der ehemaligen Konzern-Angestellten und jetzigen Whistleblowerin Frances Haugen stammen.

In diesen Dokumenten wird eine Welt offengelegt, die so gar nichts mit Zuckerbergs wohligen Visionen zu tun hat. Sie richten den Blick vielmehr auf eine unbarmherzige Unternehmenskultur, in der Machtstreben und Gewinn über dem Wohl der Nutzerinnen und Mitarbeitern stehen. Sie belegen auch, dass sich die Konzernspitze allzu oft über geäußerte Bedenken seiner Angestellten hinwegsetzt.

Dabei geht es vor allem darum, dass Facebook bei weitem zu wenig tut, um Hassreden und Verschwörungserzählungen einzudämmen. In vielen nicht-englischsprachigen Ländern ist die Kontrolle so lax, dass dort sogar Drogenkartelle Auftragskiller über die Plattform anheuern.

Zudem - das zeigt eine interne Studie - führen die Photoshop-bearbeiteten Bilder, in denen weibliche Schönheitsattribute auf der Facebook-Tochter Instagram offensiv zur Schau gestellt werden, vielfach zu psychischen Störungen heranwachsender Frauen.

Zuckerbergs Versprechen ist verlogen

Diese Vorwürfe und die enorme Marktmacht des Meta-Konzerns mit weltweit allein fast drei Milliarden Facebook-Nutzenden haben Diskussionen über eine Zerschlagung neu befeuert.

Sicherlich ist es Zuckerbergs Kalkül, dass der Gesamtkonzern ein besseres Image erhält, wenn Facebook nur noch ein Teil des Ganzen ist. Hier ist der Konkurrent Google ein Vorbild: Der Suchmaschinenbetreiber hatte seinen Holdingkonzern 2015 in Alphabet umbenannt.

Dennoch ist der Schritt Zuckerbergs zu diesem Zeitpunkt verlogen. Seinem Versprechen, "Menschen miteinander zu verbinden", kann man angesichts der zahlreichen Skandale der Facebook-Firmengeschichte nur mit größtem Misstrauen entgegentreten.

Erst wenn der Facebook-Gründer seine eigenen Baustellen erfolgreich geschlossen haben sollte, dann kann er auch glaubwürdig über die digitale Zukunft sprechen. Und vor diesem Hintergrund ist Zuckerbergs science-fiction-mäßiger Auftritt eher als furchtsames Pfeifen im Walde zu verstehen.

Die Frau, die Big-Tech das Fürchten lehrt

Kommentarbild Muno Martin
Martin Muno Digitaler Immigrant mit Interesse an Machtfragen und Populismus