1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Demokraten brauchen Donald Trump

Ines Pohl Kommentarbild App
Ines Pohl
3. November 2021

Die Gouverneurswahlen in Virginia zeigen, wie schwer es den Demokraten fällt, ihre Wähler zu motivieren. Im Moment ist der ehemalige Präsident für die Demokraten wichtiger als für seine eigene Partei, meint Ines Pohl.

https://p.dw.com/p/42Y5R
Donald Trump
Joe Biden engagierte sich im Wahlkampf in Virginia, Donald Trump nicht - gewonnen hat trotzdem ein RepublikanerBild: picture-alliance/T.Shen

Schlechter könnte es für Präsident Joe Biden nicht laufen. Seine vollmundigen Wahlversprechen werden nicht nur von den Republikanern blockiert. Selbst in der eigenen Partei gelingt es ihm nicht, die notwendigen Mehrheiten zu organisieren, um seine Haushaltspläne durchzubekommen.

Die Hoffnung, dass der Mann zwar alt ist, aber gerade deshalb die Erfahrung besitzt, um das radikalisierte Land zu befrieden, droht zu sterben. Und das, noch bevor Joe Biden überhaupt ein Jahr im Amt ist.  

Keine Rolle für Trump auf der Wahlkampfbühne 

Nun auch noch die herbe Wahlschlappe in Virginia. Dem Bundesstaat, in dem es Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl gelang, Donald Trump mit zehn Prozentpunkten Abstand zu besiegen, ging an den Republikaner Glenn Youngkin. Einem Geschäftsmann, der sich gerne als Außenseiter gibt und mit der politischen Elite nichts am Hut haben will. Nun sind Wahlniederlagen immer bitter. Aber der Grund, warum diese so besonders alarmierend für die Demokraten ist, hat einen Namen: Donald Trump. 

Ines Pohl Kommentarbild App
Ines Pohl leitet das DW-Studio WashingtonBild: DW/P. Böll

Es ist bemerkenswert, wie es Youngkin gelang, den ehemaligen Präsidenten auf Abstand zu halten, ohne ihn oder seine Anhängerschaft zu brüskieren. Er akzeptierte zwar seine Unterstützung, sorgte aber dafür, dass er sich die Wahlkampfbühne nicht teilen musste. Während der demokratische Amtsinhaber Terry McAuliffe auf Auftritte von Parteigrößen wie Barack Obama oder Joe Biden setzte, stellte Youngkins sicher, dass Trump keinen Fuß in den Bundessaat setzte. Und da dieser weiterhin von Facebook und Twitter blockiert wird, spielte Trump auch auf der virtuelle Wahlkampfbühne kaum eine Rolle. 

Youngkin tat dies freilich mit Kalkül. Und es ging auf. Es gelang ihm, die republikanischen Wählerschichten zurück zu gewinnen, die Trump vergrault hatte: Familien, die in den Vororten leben, Frauen und Geschäftsleute. Es gelang ihm, die Republikaner mit einem klassisch konservativen Programm zu motivieren, dass dabei durchaus rassistische Gesellschaftsentwürfe transportiert. Die strauchelnde Biden-Regierung im nahe gelegenen Washington hat dabei sicherlich nicht geschadet. 

Das Fehlen der einenden Hassfigur 

Ganz anders auf Seiten der Demokraten. Die Enttäuschung über das Versagen des Weißen Hauses lähmt. Die immerwährenden Flügelkämpfe der Partei, die mehr mit sich selbst als dem Regieren beschäftigt zu sein scheint, ermüdet. Was bei diesem Wahlkampf aber vor allem fehlte, war die einende, die Energie gebende Hassfigur Donald Trump. Ohne einen gemeinsamen Feind scheinen die Demokraten plötzlich orientierungslos.  

Virginia hat damit einen Gewinner und zwei Verlierer - die Republikaner auf der einen Seite, die Demokraten und Donald Trump auf der anderen. Wenn die Republikaner sich ihrer demokratischen Wurzeln besinnen und die Gunst der Stunde mutig und klug nutzen, können sie Donald Trump in seine Schranken weisen. Zwar ist Donald Trump noch zu stark, um gegen ihn zu gewinnen. Aber Virginia hat gezeigt, dass es für Republikaner durchaus möglich ist, auch ohne ihn zu gewinnen. Für die Demokraten gilt - zumindest für den Moment - das genaue Gegenteil.

Ines Pohl Kommentarbild App
Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl