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Mein südafrikanisches Sommermärchen

10. Juni 2010

So gut wie ganz Deutschland fiebert der Fußball-WM entgegen. Manche allerdings haben aufgrund ihrer Lebensgeschichte ihre ganz eigene Sicht auf die WM. Dazu gehört auch die DW-Redakteurin Sandra Petersmann.

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Südafrika-Fan Sandra PetersmannBild: DW / Christel Becker-Rau

Yebo! Ich bin total fußballverrückt, Betonung auf total und verrückt, schon solange ich denken kann. Hauptsache der Ball rollt und das Runde fliegt ins Eckige. Dann bin ich selig. Und ich glaube ganz fest an das südafrikanische Sommermärchen! Denn ich war live dabei, als die südafrikanische Mannschaft 1996 zum ersten Mal Gastgeber des Afrika Cups war und das Ding sensationell gewann. Laduma! Im Stadion klang das dann so: La – duuuuuuuuuuuuuuu – maaaaaaaaa! Tooooooooooooooor! Das hörte jeder! Trotz Vuvuzela!

Per Anhalter zum Freibier

Die Apartheid war erst seit wenigen Jahren Geschichte, und wir haben uns beim Endspiel im knallvollen Stadion in Soweto in den Armen gelegen und Rotz und Wasser geheult vor Freude. Als Präsident Nelson Mandela dann den Pokal überreichte, hatte ich Gänsehaut nonstop und jedes noch so kleine Härchen auf meinen Armen stand senkrecht. Anschließend sind wir dann per Anhalter zurück nach Johannesburg gefahren, mit mehreren Autos, immer ein Stücken weiter. Überall auf den Straßen gab es spontane Siegesfeiern, und wir haben nur in lachende Gesichter geguckt und an diesem Abend keinen Cent für Getränke bezahlt.

Ein afrikanischer Traum

Das ist die Magie des runden Leders. Schwarz und Weiß, vereint durch den Fußball, in diesem total sportverrückten Land. Der Triumph damals hat die allgegenwärtigen Altlasten der staatlichen Rassentrennung nicht mit einem Schlag vom Tisch gewischt, aber der Gewinn des Afrika Cups 1996 hat für ein paar Stunden und Tage gezeigt, was alles möglich ist am schönsten Kap der Welt. Ich habe in Südafrika studiert, ich habe drei Jahre in Johannesburg gelebt, und ich bin mir sicher, dass das Land reif ist für einen neuen Fußballtraum: für einen afrikanischen Traum, bei der ersten Fußballweltmeisterschaft auf afrikanischem Boden.

Die südafrikanische Nationalmannschaft (AP Photo/Martin Meissner)
Bafana Bafana - das Herz von Sandra schlägt auch für das südafrikanische TeamBild: AP

Laduma, Bafana Bafana!

Ich fühle mich sehr privilegiert, weil ich zwei Teams im Rennen habe: Jogi’s Jungs und Bafana Bafana, das Gastgeber-Team, von dem kaum einer glaubt, dass es die Vorrunde überstehen kann. Aber ich wette darauf, dass den Männern in gelb und grün Flügel wachsen! Und insgesamt sind ja sechs afrikanische Mannschaften im Turnier, für die man jubeln kann. Hauptsache Afrika. Mindestens eine Mannschaft MUSS ins Viertelfinale! Außerdem gibt es da ja noch den eigentlichen Star dieses Weltturniers, an dem weder Lionel Messi noch Wayne Rooney vorbeidribbeln können.

Magic Madiba, der große Vater der Nation

Dieser Weltstar wird nicht auflaufen. Aber er wird hoffentlich nach dem Schlusspfiff am 11. Juli den Weltpokal überreichen: Nelson Mandela, Freiheitskämpfer, 27 Jahre lang der berühmteste Häftling der Welt, Friedensnobelpreisträger, erster schwarzer Präsident, Versöhner, Mahner, leidenschaftlicher Fußball- und Boxfan. Madiba, der große Vater der Nation!

Nelson Mandela hatte schon 2006 davon geträumt, die Welt im neuen Südafrika zu begrüßen. Aber das Sommermärchen fand damals in Deutschland statt. Umso mehr wünsche ich meinem großen WM-Star, dass sein Sommermärchen jetzt in Erfüllung geht. Wenige Tage vor seinem 92. Geburtstag! Laduma, Madiba!

Autorin: Sandra Petersmann

Redaktion: Wolfgang van Kann