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Mein deutsch-äthiopisches Weihnachten

Das Gespräch führte Stephanie A. Hiller11. Dezember 2012

Erlebte Weihnachtsgeschichten: DW-Mitarbeiter aus aller Welt erzählen ihre persönlichen Geschichten zu Weihnachten. Heute von zwei Weihnachtsfeiern und der Begegnung mit Horst Köhler.

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Ein geschmückter Weihnachtsbaum (Photo: Privat: Azeb Tadesse-Hahn)
Bild: Azeb Tadesse-Hahn

Azeb Tadesse-Hahn ist in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba aufgewachsen. Sie lebt seit 1999 in Deutschland wohnt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in Bonn. Die Redakteurin der Amharischen Redaktion erzählt:

Weihnachten mag ich sehr gerne: den Weihnachtsmarkt, die Gerüche, die Mandeln und alles, was zur Weihnachts- und Vorweihnachtszeit dazu gehört. Es ist eine Zeit voller schöner Sehnsucht - auf den Heiligen Abend.

Ich bin immer begeistert, wenn ich sehe wie sich die Leute auf Weihnachten freuen. Und dann steht Weihnachten vor der Tür und alle sind begeistert. Doch wie groß die Vorfreude auch gewesen ist - es ist so schnell auch wieder vorbei! Vor Weihnachten ist überall viel los und dann sind die Straßen und Geschäfte auf einmal leer! Alles ist ruhig. Das ist auch etwas, was ich mit Weihnachten verbinde und bewundere: die Stille.

Was ich auch bemerkt habe ist, dass die Menschen sich untereinander nur Gutes und Schönes wünschen. Vielleicht sagen sie es nicht ausdrücklich und direkt, aber an der Körpersprache kann man es erkennen. Es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, dass die Menschen sich in dieser Zeit nahe sind.

Deutsches und Äthiopisches Weihnachten

Ich bin in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba aufgewachsen und dort in eine bekannte katholische Schule gegangen. Die Verwaltung der Schule und einige von den Lehrern waren Nonnen aus England und Indien.

Wir haben damals in der Schule Schnee aus Watte gemacht, die Fenster mit (Watte-)Schnee und Sternen geschmückt und auch Weihnachtsmann gespielt: mit angeklebtem Wattebart! Natürlich kommt der Nikolaus in Deutschland zu uns. Unsere Kinder gehen in deutsche Schulen und kennen es nicht anders. Am Vorabend putzen die Kinder die Schuhe, und in der Nacht muss der Nikolaus dann kommen. Wir erzählen ihnen aber auch von Weihnachten in Äthiopien.

Wir feiern sowohl deutsche Weihnachten im Dezember als auch äthiopische Weihnachten im Januar. Unsere beiden Töchter basteln meinem Mann und mir jedes Jahr zu Weihnachten wunderschöne Karten und für die Feierlichkeiten backen wir unser traditionelles Injerabrot und kochen etwas Äthiopisches. Außerdem zelebrieren wir unsere berühmte Kaffeezeremonie. Geschenke gibt es dann nicht noch einmal, denn die gibt es schon zum deutschen Weihnachtsfest. Zwischen den beiden Festen liegen ja nur neun oder zehn Tage.

Für das deutsche Fest, das wir mit unseren deutschen Freunden und Bekannten am ersten oder zweiten Weihnachtstag feiern, bereiten wir einen Gänsebraten zu oder kochen Hühnerfleisch mit Sauerkraut und Kartoffeln oder Klöße.

Im Gottesdienst mit Herrn Köhler

Am Heiligen Abend gehen wir immer zum Gottesdienst in die Lutherkirche in Bonn-Poppelsdorf. Wie ich gehört habe, ist auch jedes Jahr unser früherer Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Frau dort anwesend. Vor zwei Jahren, 2010, als er noch im Amt war, waren wir die einzigen Schwarzen im Gottesdienst, und er kam zu uns, schüttelte uns die Hände und fragte meine Kinder nach ihren Namen. Alles Gute hat er uns gewünscht. Ich war so begeistert! Das war das beste Geschenk, das ich bekommen habe! Und Beza, meine erste Tochter, war damals zehn Jahre alt und in der 6. Klasse im Gymnasium. Sie wäre am liebsten sofort in die Schule gegangen, um von der Begegnung zu erzählen. Aber vor allem wollte sie ihre Hand nicht mehr waschen - vor lauter Begeisterung. Das war bisher mein schönstes Weihnachten!