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Deutsche halten Flüchtlinge für ungebildet

14. September 2016

Die meisten Bundesbürger haben nur geringe Erwartungen an die Bildung und die Arbeitsperspektiven von Flüchtlingen. Tatsächlich aber ist die Einschätzung des Bildungsstandes komplex - und widersprüchlich.

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Syrische Flüchtlinge lernen in Ingolstadt in der zentralen Ausbildungseinrichtung für die Pioniertruppe des Deutschen Heeres den Wiederaufbau von Häusern (Foto: dpa)
Syrische Flüchtlinge lernen in Ingolstadt in der zentralen Ausbildungseinrichtung für die Pioniertruppe des Deutschen Heeres den Wiederaufbau von HäusernBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Rund drei Viertel der Deutschen schätzen den durchschnittlichen Bildungsstand der Flüchtlinge laut einer aktuellen Studie als sehr oder eher niedrig ein. Dementsprechend bezweifelt die Mehrheit, dass die Flüchtlinge dabei helfen, den Fachkräftemangel der deutschen Wirtschaft zu verringern, wie aus dem Bildungsbarometer des Münchner ifo-Instituts hervorgeht.

Dabei unterscheidet sich die Einstufung des Bildungsniveaus der Flüchtlinge je nach eigenem Bildungsstand. Während Befragte mit Abitur optimistischer sind, ist die Einschätzung bei Befragten mit Hauptschulabschluss besonders negativ. Hier sind 82 Prozent der Meinung, dass das Bildungsniveau der Flüchtlinge eher oder sehr niedrig ist.

Große Mehrheit für Sprachkurse

Drei Viertel sind für staatlich finanzierte verpflichtende Sprachkurse. 58 Prozent sind für eine Ausweitung der Schulpflicht bis zum 21. Lebensjahr für alle jungen Erwachsenen, auch Flüchtlinge, die keinen Abschluss oder Arbeitsplatz haben. 26 Prozent sind dagegen. Die staatlichen Bildungsausgaben pro Flüchtling sollten nach Ansicht der Hälfte der Befragten aber eher unverändert bleiben.

Ein zweijähriges Bleiberecht nach Abschluss einer Ausbildung befürwortet jeder Zweite, mehr als jeder Dritte ist dagegen. Gespalten sind die Bürger bei den Fragen einer staatlichen Übernahme von Ausbildungskosten der Betriebe: 45 Prozent sind dafür, 41 Prozent dagegen. Die meisten sind für eine möglichst gleichmäßige regionale Verteilung von Flüchtlingskindern auf die Schulen. Für eine schnelle Integration von Flüchtlingskindern im Grundschulalter in existierende Schulklassen sind 72 Prozent - unter den Lehrern sind es sogar 83 Prozent.

Zusätzliche Mittel

Um Flüchtlingskinder besser zu fördern, befürwortet die große Mehrheit der Befragten eine möglichst gleichmäßige regionale Verteilung auf die Schulen. 61 Prozent sind zudem der Meinung, dass zusätzliche Bundesmittel für Sozialarbeiter, Sprachlehrer und Psychologen an Schulen bereitgestellt werden sollten und knapp 56 Prozent sprechen sich für eine steuerlich finanzierte Kindergartenpflicht für Flüchtlingskinder ab drei Jahren aus.

Für die Erhebung wurden von April bis Anfang Juni diesen Jahres rund 4000 repräsentativ ausgewählte Personen ab 18 Jahren befragt.

Unklarheit über Bildungsniveau

Die Bewertung des Bildungsstands der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge ist komplex. Ende 2015 veröffentlichte das UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR eine Studie mit der Aussage, ein Großteil der syrischen Flüchtlinge sei hoch qualifiziert. Zuvor hatte eine Vergleichsstudie der OECD konstatiert, dass das Bildungsniveau in Syrien dem deutschen deutlich hinterherhinke. Weitere Erhebungen zeigen starke Bildungsunterschiede zwischen Flüchtlingen verschiedener Herkunft.

Nach Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird sich die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt schwierig gestalten. "Es wird lange dauern und viel kosten", sagte BAMF-Chef Weise Anfang August. Rund 70 Prozent seien zwar erwerbsfähig. Dennoch werde ein Großteil von ihnen zunächst in die Grundsicherung fallen, bevor sie in Arbeit gebracht würden. Etwa zehn Prozent der Flüchtlinge seien Akademiker. Rund 40 Prozent hätten keine Berufsausbildung, aber praktische Arbeitserfahrung.

stu/fab (afp, dpa)