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Politik

Mehr Rechte für Geimpfte? Die Debatte bleibt

8. August 2021

Beim Bund-Länder-Treffen am Dienstag geht es um Deutschlands Corona-Strategie für den Herbst. Debattiert wird heftig. Ein zentrales Thema bleibt die Frage: Wie lässt sich die Impfquote erhöhen?

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Weltspiegel | 31.05.2021 | Coronavirus, Impfungen in Berliner Bar
Niederschwellige Impfangebote sind gefragt - in einer Berliner Bar impfen Ärzte PartygängerBild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance/dpa

Mögliche Einschränkungen für Nicht-Geimpfte, mehr Rechte für Geimpfte, ein neues System zur Bewertung der Corona-Lage und die Zukunft kostenloser Tests: Angesichts steigender Infektionszahlen und eines stagnierenden Impftempos diskutiert die deutsche Politik über den weiteren Kurs. Bei Beratungen am Dienstag von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer könnte es wichtige Weichenstellungen geben.

Sieben-Tage-Inzidenz steigt

Denn die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland steigt weiter an: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) liegt sie aktuell bei 22,6. Beim Tiefststand vor gut einem Monat lag er bei 4,9. Zwar sind mittlerweile mehr als 45 Millionen Menschen vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Allerdings stagniert das Impftempo.

Laut einer Modellrechnung des RKI hat die Impfkampagne geschätzt Tausende Todesfälle verhindert. Derzeit stehe Deutschland am Anfang einer vierten Welle. Um deren Ausmaß so gering wie möglich zu halten, sei es nötig, den Anteil der geimpften Bevölkerung schnellstmöglich zu erhöhen. 

Laschet bleibt bei 3-G-Regel

Im Fokus der politischen Debatte steht die Frage, wie mehr Menschen zum Impfen bewegt werden können - und ob es für Nicht-Geimpfte Einschränkungen geben soll. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet lehnt eine Benachteiligung von Ungeimpften ab, sofern diese einen negativen Corona-Test vorweisen können. "Wer geimpft, genesen oder getestet ist, den darf der Staat nicht von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausnehmen", sagte der CDU/CSU-Kanzlerkandidat der "Bild am Sonntag". Die so genannte 3-G-Regel - geimpft, genesen, getestet - sei "sinnvoll, maßvoll und umsetzbar".

Kabinettssitzung NRW I Armin Laschet
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet lehnt eine Benachteiligung von Ungeimpften abBild: Martin Götz/Land NRW/dpa/picture alliance

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus  sagte der "Welt am Sonntag", es werde zu viel über den angeblichen indirekten Impfzwang geredet und zu wenig über die Rechte von Geimpften. "Ich gehe aber davon aus, dass sich das im Herbst von selbst regeln wird, weil Hoteliers, Clubs, Veranstalter sagen werden: "Sorry, bei mir kommst du nur mit einem Test nicht mehr rein. Ich glaube, der Druck durch den geimpften Teil der Bevölkerung wird enorm zunehmen."

Für Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher gibt es zwei Alternativen, falls zunehmende Infektionen wieder Beschränkungen erforderlich machen sollten: "Ein Lockdown für alle, den ich nicht für vertretbar halte, oder eben Beschränkungen für diejenigen, die keine Impfung haben, obwohl diese seit Langem empfohlen wird." In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" forderte er zudem, Ungeimpfte nur mit negativem PCR-Test Geimpften und Genesenen gleichzustellen. "Antigen-Schnelltests sind nicht zuverlässig genug."

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher will für Ungeimpfte nur noch PCR-Tests gelten lassen (Archiv)Bild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

Bovenschulte will keinen "Druck"

Sein Partei- und Amtskollege aus Bremen, Andreas Bovenschulte, sagte dem "Handelblatt": "Ich glaube, mit Überzeugung kommt man weiter als mit Druck." Ansätze, Nicht-Geimpfte von bestimmten Veranstaltungen oder Besuchen auszuschließen, halte er für "wenig zielführend". So sei es nicht möglich, eine klare Abgrenzung zur Grundversorgung eines Menschen zu treffen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hält Einschränkungen für Ungeimpfte nur bei einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems für vertretbar, wie er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte.

Habeck stellt sich gegen Spahn

Grünen-Chef Robert Habeck sprach sich im ZDF dafür aus, dass Corona-Tests kostenlos bleiben. Mit Blick auf einen gegenteiligen Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sagte er: "Das ist die falsche Maßnahme, die Leute zum Impfen zu motivieren." Das Ministerium hatte ein Ende der Gratis-Schnelltests für Mitte Oktober vorgeschlagen. Nur für Menschen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt wie Schwangere oder Unter-18-Jährige, solle es weiter kostenlose Tests geben. Der Bund übernimmt die Kosten seit März.

Grünen-Bundesvorsitzender Robert Habeck
Grünen-Chef Robert Habeck spricht sich für weiterhin kostenlose Corona-Tests aus (Archiv)Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Viel Zustimmung gibt es zu Forderungen, die Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr zum alleinigen Maßstab für die Corona-Maßnahmen zu machen. Ausschlaggebend müsse auch die Belegung von Krankenhausbetten und Intensivstationen sein, sagte Laschet. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt befand in der "Bild am Sonntag": "Die Inzidenz als alleiniges Maß aller Dinge hat ausgedient." Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warb in der Zeitung für eine "Corona-Ampel".

Städte brauchen "Klarheit" für den Herbst

Der Städtetag forderte eine Impfstrategie für Herbst und Winter, um für eine vierte Corona-Welle besser gewappnet zu sein. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte: "Wir haben eine ganze Reihe neuer Impfaufgaben vor der Brust: Auffrischungsimpfungen für Ältere und Pflegebedürftige, mehr Impfungen für Kinder ab 12 Jahren und noch viel mehr direkte Impfangebote." Die Städte bräuchten Klarheit über den September hinaus, wenn die meisten großen Impfzentren schließen.

nob/haz (dpa, afp)