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Mehr Pep mit Pep?

Tobias Oelmaier25. März 2014

Pep Guardiola hat schon Einiges geschafft im ersten Jahr als Bayern-Trainer. Dafür gebührt ihm Respekt. Einzig die Spielweise könnte attraktiver sein, analysiert DW-Redakteur Tobias Oelmaier.

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Pep Guardiola jubelt (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Bild: Bongarts/Getty Images

Es war in der Winterpause 2012/2013, als der FC Bayern mit einer bedeutenden Personalie an die Öffentlichkeit ging: Pep Guardiola würde ab Juli 2013 auf die Trainerbank der Münchener wechseln, den beliebten und erfolgreichen Jupp Heynckes beerben. Was zunächst mit Begeisterung - zumindest bei den Bayern-Anhängern - aufgenommen wurde, rief in den folgenden Monaten immer mehr Skepsis hervor. Denn Heynckes und seine Bayern-Profis drehten immer mehr auf. Heraus kam das vielzitierte Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions-League-Triumpf, das hatte zuvor noch keine deutsche Mannschaft geschafft.

Mit dominantem Spiel, technischer Brillanz und gnadenloser Effizienz holten die Bayern 25 Punkte Vorsprung in der Bundesliga heraus, putzten einen FC Barcelona im Halbfinale der Königsklasse mit insgesamt 7:0 Toren von der Platte. Und inmitten des Erfolges thronte souverän, wenn auch bescheiden und unprätentiös, Trainer Jupp Heynckes, der trotz seiner mitunter etwas drögen Art mit zunehmendem Lebensalter auch bei den Fans immer beliebter wurde.

Jupp Heynckes (rechts) und Pep Guardiola (Foto: twitter.com/FCBayern)
Schweres Erbe: Guardiola und Vorgänger HeynckesBild: FC Bayern München

Schwierige Aufgaben als Heynckes-Nachfolger

Keine Frage: Jeder, der diese perfekte Symbiose aus Mannschaft, Clubanhängern und durchaus selbstbewussten Vereinsbossen in Unordnung bringen würde, wäre zum Scheitern verurteilt. Was wollte man da mit einem Spanier, wenn der auch vorher den FC Barcelona zur besten Mannschaft der Welt gemacht hatte? Pep Guardiola also hatte es zweifellos nicht einfach. Aber er stellte sich der Herausforderung.

Schon auf seiner ersten Pressekonferenz in Diensten der Münchener konnte er punkten: Mit charmantem Akzent aber in doch erstaunlich gutem Deutsch parierte er smart die Fragen der Journalisten, bekannte sich jovial zu seinem neuen Arbeitgeber. Dass dieser tatsächlich eine Herzensangelegenheit für Guardiola ist, sollte sich erst in den folgenden Monaten herausstellen, als zum Beispiel durchsickerte, dass er finanziell durchaus lukrativere Angebote aus der Premier League abgelehnt hatte. Oder auch im Umgang mit der Hoeneß-Affäre, den er bald als "Freund" bezeichnete, dessen Rückkehr zum FC Bayern er "noch zu erleben hofft". So etwas wollen die sensiblen Fans hören.

Wie verbessert man ein perfektes Team?

Nichts allerdings ist von größerer Wichtigkeit als der sportlicher Erfolg. Und davon hat Guardiola in den ersten neun Monaten seines Engagements in München jede Menge: UEFA-Supercup, Club-WM und jetzt die Meisterschaft. Dazu steht man im DFB-Pokal-Halbfinale und im Viertelfinale der Champions League, gilt als beste Mannschaft der Welt. Aber wie groß ist sein Anteil daran? Schließlich hat er ja ein funktionierendes Ensemble von seinem Vorgänger übernommen, einzig die Personalie Thiago ist komplett seine Idee gewesen.

Bayerns Trainer Pep Guardiola mit Philipp Lahm (rechts) (Foto: dpa)
Gestenreiche Verständigung: Guardiola und Kapitän LahmBild: picture-alliance/dpa

Er hat einen großen Anteil! Kaum eine Aufgabe ist schwieriger im Spitzensport, vor allem im Profi-Mannschaftssport, als das quasi perfekte Team zu übernehmen und auch noch verbessern zu wollen. Denn Fußballer neigen häufig - wie wir normale Menschen auch - zur Selbstzufriedenheit. Erfolg schürt zudem Begehrlichkeiten. Nicht jeder bekommt die Anerkennung, die ihm nach eigenem Verständnis auch zusteht. Guardiola hat es geschafft, dass die Ribérys und Robbens, die Lahms und Schweinsteigers, an sich arbeiten, "als gebe es kein Morgen" (Zitat Sportdirektor Matthias Sammer). Er hat es geschafft, dass sich alle, auch die Topstars zurücknehmen, es akzeptieren, wenn sie mal nicht in der Startelf stehen. Dabei helfen ihm seine natürliche Autorität, sein ruhiges Auftreten, der Erfolg und offenbar auch seine Gabe, mit den Spielern zu kommunizieren. Und jeder Spieler muss fast auf jeder Position einsetzbar sein: Lahm im Mittelfeld, Götze in der Sturmspitze, Ribéry als Zehner.

80 Prozent Ballbesitz

Einzig die Spielweise des Deutschen Meisters gibt Anlass zu leiser Kritik. Dominant: ja. Erfolgreich: ja. Aber auch langweilig. Selten geht das Team Risiken ein, passt lieber nochmal zurück, und sei es zum defensiv quasi beschäftigungslosen Torwart Neuer, als einfach mal koste-es-was-es-wolle auf des Gegners Tor zuzustürmen. 80 Prozent Ballbesitz bedeuten nicht zwangsläufig auch attraktiven Fußball, eher im Gegenteil. Daran könnte Guardiola noch arbeiten, wenn auch den Taktik-Fuchs, den Fußball-Strategen, in erster Linie die Resultate interessieren. Ein bisschen mehr "Pep" würden sich nicht nur die Bayern-Fans, auch die neutralen Fußballfreunde da wünschen.

Ob Guardiola die Bayern noch besser gemacht hat, wie viele Experten das behaupten, wird sich wohl erst nach dieser Saison im Mai beantworten lassen. Dann, wenn am Ende wieder drei Titel gefeiert werden. Alles andere muss der Spanier als Niederlage begreifen.