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Neuer verlängert, Nübel unter Druck

20. Mai 2020

Die Vertragsverlängerung von Kapitän Manuel Neuer beim FC Bayern bis 2023 hat direkte Auswirkungen auf den designierten Nachfolger Alexander Nübel. Der Noch-Schalker muss sich über seine Zukunft Gedanken machen.

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Manuel Neuer - Torwart
Bild: Imago/F. Hoermann

Auch wenn es zwischenzeitlich so aussah, als würde man wegen einiger Unstimmigkeiten nicht mehr zueinander finden: Manuel Neuer bleibt dem FC Bayern München treu. Der Kapitän des deutschen Fußball-Rekordmeisters und der Nationalmannschaft hat seinen 2021 auslaufenden Vertrag um zwei weitere Jahre bis 2023 verlängert. Er sehe mit "großem Optimismus in die Zukunft. Ich fühle mich in Bayern sehr wohl und heimisch", sagte Neuer, der 2011 vom FC Schalke 04 nach München gewechselt war. "Der FC Bayern ist und bleibt eine der europäischen Top-Adressen des Fußballs."

Die Verhandlungen hatten sich über Wochen hingezogen. Wegen zu hoher Gehaltsforderungen und dem Wunsch nach einem langfristigen Kontrakt über vier oder fünf Jahre soll es zwischen Neuer und dem FC Bayern zum Streit und in der Folge fast sogar zur Trennung gekommen sein. Auch das immer wieder Details der vertraulich geführten Vertragsgespräche in den Medien auftauchten, irritierte den Torhüter. Doch jetzt ist offenbar alles wieder im Lot, die Vereinsoberen zeigen sich sehr erfreut über den Deal: "Der FC Bayern ist sehr glücklich und zufrieden", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und ergänzte artig: "Manuel ist der beste Torhüter der Welt."

Was macht Alexander Nübel?

Ein Lob, dass Alexander Nübel, derzeit noch Torhüter des FC Schalke 04, aber im Juli Neuzugang des FC Bayern, gar nicht gerne hören dürfte. Der 23-Jährige hatte gehofft, Neuer im Bayern-Tor möglichst schnell beerben zu können. Doch nun ist Geduld gefragt: Zum einen ist Neuer nun als klare Nummer eins bestätigt. Zum anderen ist auch eine Art Schicht-Modell nicht denkbar, in dem Nübel zum Beispiel im DFB- oder Europapokal antreten könnte, während Neuer in der Bundesliga das Bayern-Tor hütet. Neuer hat klar gesagt, dass er immer spielen will und nicht bereit ist, sein Tor freiwillig zu räumen - auch nicht vorübergehend.

Der 34-Jährige wird bald sein 400. Bundesligaspiel bestreiten (aktuell 398 Einsätze). Bleibt er bis 2023 unverletzt, könnte er sogar die "500-Spiele-Schallmauer" durchbrechen und in der Rangliste der Rekordspieler der Bundesliga weit nach vorne kommen. An Bayern-Trainer Hansi Flick wird es nicht liegen. Er ist ohnehin ein Neuer-Fan. Und dass Nübel angeblich bei dessen Vertragsunterzeichnung eine bestimmte Anzahl von Pflichtspielen fest zugesagt wurde, interessiert den 55-Jährigen nicht: "Wer letztendlich spielt, ist immer Sache des Trainers", sagt Flick. Damit ist wohl klar, wer spielen darf.

Manuel Neuer - Torwart
Vertrauensverhältnis: Torhüter Manuel Neuer (l.) und sein Trainer beim FC Bayern, Hansi Flick (r.)Bild: Imago/S. Simon

Bleibt Nübel daher vielleicht gar nicht in München, wo sich - Stand heute - mit Sven Ulreich und Christian Früchtl zwei weitere Torhüter im Kader befinden? Geht er möglicherweise den Weg, den die Bayern zuvor unter anderem bereits mit Philipp Lahm, Toni Kroos und David Alaba erfolgreich beschritten haben? Soll heißen, eine Ausleihe an einen anderen Bundesligisten, bei dem Nübel regelmäßig spielt und für die Zeit nach Neuer - also voraussichtlich bis 2023 - Erfahrung auf hohem Niveau sammelt?

Abschreckende Beispiele

Aber welche Klubs kämen da infrage? Hertha BSC vielleicht, oder der FC Augsburg? Im Europapokal würde Nübel dort allerdings erst einmal nicht spielen, sehr wahrscheinlich auch in den kommenden Jahren nicht. Bayerns Torwart-Ikone Sepp Maier hat Nübel sogar zu einer Ausleihe zurück zum FC Schalke geraten. Doch da hat Nübel auch jetzt schon seinen Status als Nummer eins eingebüßt. Dann also ins Ausland? Doch wie schwer das sein kann, zeigen - gerade bei Torhütern - gleich mehrere Beispiele: Marc-André ter Stegen und Bernd Leno, die beide in der Bundesliga bei Mönchengladbach und Leverkusen die klare Nummer eins waren, mussten sich bei ihren neuen Klubs, Barcelona und Arsenal, erst einmal hinten anstellen. Sie brauchten jeweils eine Saison, um schließlich doch Nummer eins zu werden. Timo Hildebrand in Valencia und Jens Lehmann beim AC Mailand sind weitere Fälle, in denen es nicht geklappt hat.

Torwart Alexander Nübe
Muss sich Alexander Nübel auch beim FC Bayern an einen Stammplatz auf der Ersatzbank gewöhnen?Bild: Imago/M. Koch

Eine schwere Entscheidung für Nübel und dessen Berater, allerdings ist kaum vorstellbar, dass sich der junge Torwart in München zwei bis drei Jahre lang geduldig auf die Bank setzt und darauf hofft, dass eine Neuer-Verletzung ihn vielleicht doch ins Bayern-Tor spült. Zudem gibt es auch hier abschreckende Beispiele von talentierten Torhütern, die bei vielen anderen Klubs gespielt hätten, in München aber regelrecht versauerten, während der jeweilige Bayern-Stammkeeper ein Spiel nach dem anderen machte: Uwe Gospodarek, Bernd Dreher, Michael Rensing, Thomas Kraft, Pepe Reina, zuletzt Ulreich, auch wenn der - aufgrund einiger Verletzungen bei Neuer - in seinen fünf Jahren als Nummer zwei der Bayern immerhin auf 69 Pflichtspieleinsätze kam.

Wird Nübel der nächste in dieser Reihe der überqualifizierten Bankdrücker? Mit seinen 23 Jahren ist er eigentlich in einem Alter, in dem er regelmäßig spielen muss, um sich von "sehr gut" zur absoluten Top-Klasse weiterzuentwickeln. Manuel Neuer war mit 23 Jahren unangefochtene Nummer eins auf Schalke und spielte mit den Königsblauen regelmäßig im Europapokal. Alexander Nübel, ist davon weit entfernt - nach der Vertragsunterschrift von Manuel Neuer nun sogar noch einen weiteren Schritt.