1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mammut-Prozess über 800 Schicksale

29. November 2012

Die Verbrechen der Diktatur sind unvorstellbar, ihre Aufarbeitung dauert qualvoll lange: Fast dreißig Jahre nach dem Ende der argentinischen Junta hat der bisher größte Prozess gegen verantwortliche Militärs begonnen.

https://p.dw.com/p/16sGv
Die "Mütter der Plaza de Mayo" kämpfen seit Jahrzehnten dafür, die Schicksale der "Verschwundenen" aufzuklären (Foto: AP)
Bild: AP

Vor dem fünften Bundesgericht in der Hauptstadt Buenos Aires müssen sich 68 Angeklagte wegen Entführung, Folter und dem Verschwindenlassen von Menschen verantworten. Verhandelt werden die Verbrechen an 798 Opfern der argentinischen Militärdiktatur, unter ihnen die französische Nonne Léonie Duquet und die 17-jährige Schwedin Dagmar Hagelin.

Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich Aktivisten und forderten Gerechtigkeit für die Opfer der Junta. Der Menschenrechtsanwalt Rodolfo Yanzón sagte, dass dies "der größte Prozess um Verbrechen gegen die Menschlichkeit war, ist und sein wird".

798 Opfer, 68 Angeklagte, 900 Zeugen

Im Juni 2005 hatte der Oberste Gerichtshof die Aufhebung der Amnestiegesetze bestätigt und damit den Weg für die juristische Aufarbeitung der Diktaturverbrechen frei gemacht. Seitdem wurde nach Angaben von Menschenrechtlern gegen rund 2000 Beschuldigte ermittelt. 302 davon verbüßen inzwischen Haftstrafen. Insgesamt befinden sich 759 Verdächtige in Untersuchungshaft.

Die "Mütter der Plaza de Mayo" kämpfen seit Jahrzehnten dafür, die Schicksale der "Verschwundenen" aufzuklären (Foto: epa)
Die "Mütter der Plaza de Mayo" kämpfen seit Jahrzehnten dafür, die Schicksale der "Verschwundenen" aufzuklärenBild: picture-alliance/dpa

Während der nun begonnenen Verhandlung gegen die 68 Angeklagten sollen rund 900 Zeugen gehört werden, die Verhandlungsdauer ist auf zwei Jahre angesetzt. Zum ersten Mal müssen sich auch acht Piloten der sogenannten "Todesflüge" verantworten. Dabei wurden Gefangene aus Flugzeugen oder Hubschraubern in den Río de la Plata oder ins offene Meer geworfen.

Bis zu 30.000 Opfer – und viele ungeklärte Schicksale

Die Taten gingen von der Marine-Mechanikerschule in Buenos Aires aus, die in ein geheimes Folterlager verwandelt worden war. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass dort mehr als 5.000 Menschen gefoltert wurden, die später zu den verschwundenen Opfern der Diktatur zählten. Das Gebäude ist heute eine Gedenkstätte.

Das Militär hatte am 24. März 1976 die Macht übernommen. Während der bis 1983 dauernden Diktatur wurden nach einem offiziellen Bericht über 10.000 Menschen entführt und ermordet. Menschenrechtsorganisationen sprechen von 30.000 Opfern. Darunter sind viele "Verschwundene", deren Schicksal unklar ist.

rb/sti (afp, epd)