Wegen eines Militärputsches musste ein Training der DW Akademie in Mali abgebrochen werden. Trainerin Christine Harjes saß mehrere Tage in der malischen Hauptstadt Bamako fest.
Die Zeichen für eine demokratische Präsidentenwahl standen gut in Mali - Präsident Amadou Toumani Touré hatte gar nicht erst versucht, sich nach zwei Amtszeiten wieder als Kandidat aufstellen zu lassen. Gut fünf Wochen vor der Abstimmung begannen wir unser Training zur Wahlberichterstattung für Radiojournalisten.
Mali glänzt seit Jahren mit einer vielfältigen und freien Presse. Und so traten auch unsere Teilnehmer den verschiedenen Parteienvertretern, die für Interviews zu unserem Training kamen, immer wieder auf die Füße - sie hakten nach, stellten kritische Fragen und ließen sich nicht durch die typische Politiker-Rhetorik aus dem Konzept bringen. Und unsere Teilnehmer hörten auch bei der normalen Bevölkerung genau hin: Sie gingen in Universitäten, zu Handwerkern und sprachen mit jungen Arbeitslosen über ihre Erwartungen an die Wahl.
Das wichtigste Thema für viele Malier aber war die Krise im Norden des Landes: Seit Mitte Januar greifen dort immer wieder Tuareg-Rebellen Militärcamps an. Die Tuareg fordern ihre Unabhängigkeit - viele von ihnen sind nach dem Sturz Gaddafis schwer bewaffnet aus Libyen zurückgekommen. Die Regierungssoldaten im Norden haben ihnen wenig entgegenzusetzen. Nachdem vor wenigen Wochen mit Tessalit eine wichtige Militärbasis im Norden des Landes gefallen war, wurde die Armee immer unzufriedener. Der Konflikt überschattete die Wahlen, schien sie aber nicht zu gefährden.
Tage der Unsicherheit
Dann die böse Überraschung: Wir wollten gerade mit der Produktion von Reportagen unserer Teilnehmer beginnen, als in unserem Trainingshotel Panik ausbrach - Soldaten hatten den Staatssender ORTM eingenommen. Kurze Zeit später hörten wir Schüsse. An arbeiten war nicht mehr zu denken. Wir mussten das Training abbrechen.
Die ganze Nacht hallten Schüsse aus der Umgebung des Staatssenders und des Präsidentenpalastes durch die Straßen von Bamako. Die Militärregierung verhängte eine Ausgangssperre, erst am zweiten Tag nach dem Putsch konnten wir wieder auf die Straße gehen. Da sich die Lage am Ende der Woche beruhigt hatte, beschlossen wir, das Training mit einem letzten Treffen der Teilnehmer abzuschließen.
Die Reportagen, die wir an diesem letzten Tag schnell zusammenbauten, waren mittlerweile von den Ereignissen eingeholt worden: Was erwarten Studenten und Professoren von der Präsidentschaftswahl? Wieso geht der Wahlkampf in Mali schon vor dem offiziellen Beginn der Vorwahlzeit los? All diese Themen waren jetzt nicht mehr relevant. Trotzdem wollten die Teilnehmer das Produkt von mehreren Tagen Arbeit zu Ende bringen. Aber wieder mussten wir den Trainingstag überstürzt abbrechen - Militärs hatten sich in der Nähe des Trainingshotels gesammelt.
Die folgenden Tage waren gezeichnet von Unsicherheit und Chaos: Die malischen Grenzen waren gesperrt, es gab Gerüchte über unzureichende Sprit- und Wasservorräte; die Stromversorgung war nicht mehr gesichert. Eine Woche lang war unklar, wie es weitergehen würde. Am 30. März konnte ich schließlich ausreisen, mein Kollege Martin Vogl blieb in Mali. Er lebt als BBC- und AP-Korrespondent in Bamako und beschloss nach langem Abwägen, nicht auszureisen, um weiter berichten zu können.
Unabhängig davon wie sich die Situation in Mali weiter entwickelt, der Coup ist eine Katastrophe für das Land, das mehr als 20 Jahre relativ demokratisch geführt wurde. Mali wird durch die Machtübernahme durch die Militärs um Jahre in der Entwicklung zurückgeworfen.
Christine Harjes, Trainerin der DW Akademie
Welche Rolle spielt der Konflikt im Norden für die Wahl? Diese Frage stellten unsere Teilnehmer dann auch Maliern auf der Straße für ein Voxpop.