1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

München bekommt zweites "Finale dahoam"

Tobias Oelmaier
24. September 2019

Das Endspiel der Champions League findet in drei Jahren in der Arena von München statt. In Bayerns Landeshauptstadt freut man sich auf das Event - weil es Geld bringt, und weil der FC Bayern alte Wunden heilen könnte.

https://p.dw.com/p/3Q6rx
Fußball Stadion  Allianz Arena München
Bild: picture-alliance/imagebroker/M. Lange

An diesen Augenblick erinnern sie sich nicht so gern in München. Zumindest diejenigen, die es mit den "Roten" halten. Es ist der 19. Mai 2012 in der Allianz-Arena, das Finale der Champions League des FC Bayern gegen den FC Chelsea. Die Uhr steht kurz vor Mitternacht, als Bastian Schweinsteiger im Elfmeterschießen anläuft und der Ball, von Chelseas Torwart Petr Cech abgelenkt, an den rechten Pfosten klatscht. Ausgerechnet Schweinsteiger, der Ur-Bayer, der ewig Treue, die verkörperte Leidenschaft, ermöglicht den Londonern den Sieg. Denn Didier Drogba lässt sich auch von den Pfiffen aus dem weiten Rund nicht beirren und verwandelt sicher zum 4:3. Tränen fließen über die Wangen der Bayern-Profis - aus der Traum vom Triumph beim "Finale dahoam", dem Finale zuhause.

Über Monate hatten sie damals auf das große Ziel hingearbeitet, waren in diesem Endspiel die bessere Mannschaft, hatten Chancen über Chancen, aber Chelsea hatte Drogba. Sein Ausgleich fiel aus dem Nichts, zwei Minuten vor Schluss der regulären Spielzeit. In der Verlängerung vergab Arjen Robben einen Strafstoß. Und dann dieses verdammte Elfmeterschießen. Sie wollten Historisches leisten, den Champions-League-Sieg im eigenen Stadion - am Ende waren sie die Deppen. Ausgekontert von einer Mannschaft, die nichts anderes im Sinn hatte, als nicht Fußball zu spielen.

Fussball Bastian Schweinsteiger Championsleague   Finale FC Chelsea - FC Bayern München
Schmerzvolle Erinnerung: Bastian Schweinsteiger nach dem verlorenen Finale 2012Bild: picture alliance/dpa/sampics/S. Matzke

Dass es ein Jahr später dann tatsächlich klappte mit dem Gewinn der Champions League war zwar ein Trost, aber wie schön wäre es gewesen, direkt aus dem eigenen Stadion den Autocorso in Richtung Münchner Innenstadt zu starten.

Rummenigge: "Danke für das Vertrauen"

In knapp drei Jahren könnten die Bayern die nächste Chance auf den Final-Heimsieg bekommen. Denn die Exekutive des Europäischen Fußballverbandes UEFA hat das Endspiel 2022 nach München vergeben. Zum dritten Mal nach 1993, 1997 und eben 2012. Dazu war die bayerische Landeshauptstadt schon 1979 Gastgeber des Endspiels im Europapokal der Landesmeister.

"Ich möchte mich im Namen des FC Bayern bei der UEFA und ihrem Präsidenten Aleksander Ceferin für das Vertrauen bedanken", freute sich Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef der Bayern, über den Zuschlag. "Ich bin überzeugt, dass die Stadt München und der FC Bayern gemeinsam ein Fußballfest organisieren werden, bei dem wir uns der Welt professionell und modern, dabei aber gleichzeitig sympathisch und heimatverbunden präsentieren werden." Auch Rainer Koch, Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), zeigte sich zufrieden. "Diese Entscheidung zeigt, dass der deutsche Fußball, auch ohne Sitz in den internationalen Gremien, bei der UEFA weiterhin höchstes Ansehen genießt", sagte er.

Gutes Investment

8,6 Millionen Euro lässt sich die Stadt München das Ereignis diesmal nach ersten Schätzungen kosten. Das Budget beinhaltet die Ausgaben für Sicherheit und Mobilität, Kommunikation und Marketing, Volunteer- und Rahmenprogramm, heißt es von der Stadt München. Doch das Geld ist gut angelegt. Christina Warta vom Sportreferat der bayerischen Landeshauptstadt schreibt auf DW-Anfrage: "Es ist mit Rückflüssen durch nationale und internationale Besucherinnen und Besucher für Hotellerie, Gastronomie, Handel und Transport zu rechnen. Ebenso wird ein großer Teil des Veranstaltungsbudgets zurück an Münchner Unternehmen fließen, die als Auftragnehmer zur Veranstaltung beitragen."

UEFA Champions League FC Bayern München FC Chelsea Didier Drogba
Didier Drogba, Schütze des entscheidenden Elfmeters, mit dem Pokal, den die Bayern in München behalten wolltenBild: picture-alliance/dpa

Für das letzte "Finale dahoam" im Jahr 2012 geht die Stadt München von 39.500 Übernachtungsgästen mit 104.000 Übernachtungen sowie 139.500 Tagesbesuchern aus. Rund 47,6 Millionen Euro sollen in der Stadt verblieben sein - und das ohne Ausgaben für Eintrittskarten, die Stadionwurst oder Fanartikel. Das Champions-League-Endspiel ist also durchaus ein Wirtschaftsfaktor für die Gastgeberstadt.

Auch die European Championships sollen kommen

Weitere Großereignisse sollen folgen: Nach einem Stadtratsbeschluss gilt das für die beiden Fußball-Europameisterschaften 2020 und 2024, wie auch für die European Championships 2022, bei denen gleich mehrere Sportarten wie Leichtathletik, Rudern, Radsport oder Schwimmen ihre internationalen Meister ermitteln. Dann käme auch das altehrwürdige Olympiastadion 50 Jahre nach den Olympischen Spielen in München wieder zum Einsatz - als Heimstätte der Leichtathleten.

Und wenige Monate zuvor, im Mai 2022, könnte der FC Bayern dann schaffen, was ihm zehn Jahre zuvor verwehrt wurde: den begehrtesten Vereinspokal der Welt zu gewinnen. Aus dem damaligen Team könnten vier Spieler auch dann noch zum Einsatz kommen: der damalige Schütze des 1:0, Thomas Müller, Torwart Manuel Neuer, Jerome Boateng sowie der 2012 im Finale gesperrte David Alaba. Und sicher werden sie auch Bastian Schweinsteiger einladen. Dessen Tränen dürften inzwischen getrocknet sein. Er hat sich mit dem Titel ein Jahr später und dann dem WM-Gewinn getröstet. Trotzdem. Der Stachel vom verlorenen "Finale dahoam" sitzt sicher noch.